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Koma-Patient Lambert darf sterben

28. Juni 2019

Seit fünf Jahren beschäftigt der Fall des Koma-Patienten Vincent Lambert die französische Justiz. Nun hat das oberste Gericht des Landes den Weg zum Ende der künstlichen Ernährung Lamberts freigemacht.

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Frankreich Wachkoma-Patient Vincent Lambert
Vincent Lambert mit seiner Mutter im Jahre 2014Bild: picture-alliance/dpa/PHOTOPQR

Das Gericht in Paris, das die Wiederaufnahme der Behandlung des langjährigen Komapatienten Vincent Lambert am 20. Mai anordnete, hatte kein Recht dazu. Das geht aus einem veröffentlichten Urteil des Kassationshofs hervor.

Das Pariser Berufungsgericht habe nicht die Kompetenz gehabt, den Behandlungsstopp rückgängig zu machen, heißt es in der Pressemitteilung. Die Behandlung könne laut den Anwälten von Lamberts Frau "ab jetzt" ausgesetzt werden.

Frankreich Palais des Justice, Kassationshof in Paris
Beschließt endgültiges Urteil: Kassationshof in ParisBild: Getty Images/AFP/C. Archambault

Elf Jahre im Wachkoma

Der 42-jährige Lambert liegt seit einem Motorradunfall 2008 in einer Art Wachkoma. Ein französisches Ärzteteam hatte entschieden, die künstliche Ernährung des früheren Krankenpflegers am 20. Mai zu beenden. Während seine Frau den Schritt befürwortet, wollten seine katholischen Eltern dies verhindern. Sie legten Beschwerde beim UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen ein. Die Eltern fordern, dass die Entscheidung des Ausschusses abgewartet wird. Am 1. Juli wird die Mutter Lamberts, Viviane Lambert, laut der französischen Zeitung "Le Figaro" vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf sprechen.

Bereits mehrere Gerichte befassten sich mit dem Fall Lambert. Im Juni 2014 hatte Frankreichs oberstes Verwaltungsgericht zunächst einen Abbruch der Behandlung angeordnet. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof bestätigte die Entscheidung im Juni 2015. Doch das medizinische Team des Krankenhauses CHU Reims weigerte sich, die Behandlung einzustellen. Daraufhin ordnete der Gerichtshof in Nancy eine weitere Konsultation an. Diese fand unter Leitung des Arztes Vincent Sanchez statt und kam 2018 zu dem Urteil, dass die Behandlung Lamberts beendet werden könne.

Straßburg Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Anhörung
Anhörung vor dem Europäischen Gerichtshof für MenschenrechteBild: Reuters/V. Kessler

Vor der Einstellung der Behandlung am 20. Mai hatten sich bereits Staatspräsident Emmanuel Macron, mehrere französische Bischöfe sowie Papst Franziskus zu Wort gemeldet. Der Papst schrieb via Twitter: "Wir beten für Menschen, die mit schweren Gebrechen leben. Bewahren wir das Leben, die Gabe Gottes, vom Anfang bis zum natürlichen Ende." Man dürfe "der Wegwerfkultur keinen Raum" geben.

Gespaltene Familie

Der Fall spaltet die Familie Lambert: Anders als die Eltern sind Lamberts Frau Rachel und sechs Brüder und Schwestern für ein Ende der lebenserhaltenden Maßnahmen. Sie berufen sich darauf, dass er sich stets gegen eine künstliche Verlängerung seines Lebens ausgesprochen habe.

cgn/fab (afp, dpa, kna)