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Politik

Frauen protestieren wieder gegen Lukaschenko

19. September 2020

Sie lassen sich nicht unterkriegen: Unerschrocken protestieren Frauen in Belarus gegen "Europas letzte Diktatur". Wie vor einer Woche gibt es rabiate Festnahmen, auch eine Symbolfigur wurde abgeführt.

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Belarus Frauen-Demo in Minsk | Festnahmen
Leider wiederholen sich die Bilder: Erneut werden Frauen in Minsk festgenommen, weil sie Demokratie fordernBild: Tut.By/AP Photo/picture-alliance

Trotz Gewaltandrohung durch die Polizei in Belarus (Weißrussland) haben sich Frauen in Minsk zu einem neuen Protestmarsch gegen Staatschef Alexander Lukaschenko versammelt. "Wir vergessen nicht! Wir vergeben nicht!" und "Lukaschenko w Awtosak" - zu Deutsch: "Lukaschenko, in den Gefangenentransporter", skandierten die Demonstrantinnen am Samstag am zentralen Komarowski-Markt. An mehreren Stellen standen Gefangenentransporter bereit. Autofahrer hupten den Frauen solidarisch zu, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur dpa berichtete.

Trotz Unterstützung aus der Bevölkerung kam es zu zahlreichen Festnahmen. Die Nachrichtenagentur meldete, mehrere hundert Menschen seien in Gewahrsam genommen worden. Die Frauen schrien laut und riefen "Posor!" ("Schande!"). Auch die 73 Jahre alte Nina Baginskaja, eine Veteranin der Protestbewegung und eine seit ihrem Kampf gegen die Kommunisten zu Sowjetzeiten bekannte Dissidentin, wurde in einen Transporter gezwungen.

Maskiert und mit brutaler Gewalt

Vor einer Woche waren maskierte Uniformierte ohne Erkennungszeichen das erste Mal mit brutaler Gewalt gegen die Frauen vorgegangen. Es gab damals mehr als 100 Festnahmen. Seit der Präsidentenwahl am 9. August kommt es in Belarus täglich zu Protesten. Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen nach 26 Jahren im Amt zum Wahlsieger erklären lassen. Der 66-Jährige strebt eine sechste Amtszeit an. Die Opposition hält dagegen Swetlana Tichanowskaja für die wahre Siegerin.

Der "Marsch der weiblichen Solidarität" war zunächst ohne Polizeieinsatz durch mehrere Straßen gezogen. "Lang lebe Belarus!", riefen Frauen, während sie die historischen weiß-rot-weißen Fahnen trugen. Die Demonstrantinnen fordern Neuwahlen ohne Lukaschenko, die Freilassung aller politischen Gefangenen und die strafrechtliche Verfolgung der Polizeigewalt.

Tichanowskaja lobte aus ihrem Exil im benachbarten Litauen den Mut der Frauen. "Sie gehen, obwohl ihnen ständig Angst gemacht und Druck auf sie ausgeübt wird", teilte die 38-Jährige mit. Zugleich warf sie dem "Regime" Lukaschenkos einen neuen Tiefpunkt vor, in dem es nun auch Kinder instrumentalisiere. Die Behörden hatten den sechsjährigen Sohn der Minsker Aktivistin Jelena Lasartschik vorübergehend in ein Heim gesteckt, am Samstag aber wieder freigegeben.

Polens Regierungschef nennt es "Barbarei"

Der Fall war auch Thema bei dem neuen Frauen-Protest. Schockiert reagierte der polnische Regierungschef Mateusz Morawiecki. Wieder nutze die Führung in Belarus Kinder als "politische Geiseln".

Die Praxis ist bekannt aus kommunistischen Zeiten der Sowjetunion, als versucht wurde, den politischen Willen von Frauen auf diese Weise zu brechen. "Diese Barbarei muss aufhören", schrieb der polnische Politiker bei Twitter.

haz/kle (dpa, afp)