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Frauenverbot im Stadion - Iran vor WM-Aus?

Andreas Sten-Ziemons mit dpa, entekhab.ir
30. März 2022

Der iranische Fußball-Verband befürchtet den Ausschluss von der WM in Katar, nachdem Frauen der Zutritt zum WM-Qualifikationsspiel gegen den Libanon verweigert wurde und es daraufhin zu Tumulten kam.

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Frauen auf der Tribüne des Asadi-Stadions in Teheran
Seltenes und lange verbotenes Vergnügen: Frauen auf der Tribüne des Asadi-Stadions in TeheranBild: Saeid Zareian/dpa/picture alliance

"Von der FIFA und der AFC [Asiatischer Fußballverband - Anm. d. Red.] hören wir besorgniserregende Nachrichten", twitterte Mehrdad Seradschi, Vorstandsmitglied des iranischen Fußballverbands FFIRI, am Tag nachdem die iranische Nationalmannschaft mit 2:0 gegen den Libanon gewonnen hatte. Doch das Ergebnis war nur Nebensache. Der Iran war bereits zuvor für die WM qualifiziert.

Anders als sonst hatte das letzte Qualifikationsspiel jedoch nicht in der Hauptstadt Teheran stattgefunden, sondern in der religiös geprägten, heiligen Stadt Maschhad im Nordosten Irans. 

Pfefferspray gegen wütende Frauen

Dazu waren im Internet Karten auch für weibliche Fans zur Verfügung gestellt worden, jedoch standen die Frauen mit ihren gültigen Tickets bis zum Spielende vor verschlossenen Toren und wurden nicht hereingelassen. Das führte zu Protesten. Laut Augenzeugen setzte die Polizei daraufhin Pfefferspray gegen die Frauen ein. In den sozialen Medien wurde der Vorfall mit dem Schulverbot für Mädchen durch die islamistischen Taliban in Afghanistan verglichen.

Imam-Reza-Schrein, größte Moschee der Welt in der Stadt Mashhad
Maschhad ist eines der religiösen Zentren des Irans, dort steht die größte Moschee der Welt Bild: alimdi/IMAGO

Beobachter vermuten, dass einflussreiche islamistische Hardliner in Maschhad eigenmächtig und ohne Absprache mit der FFIRI gehandelt haben. Der iranische Verband befürchtet nun, dass die Vorfälle ernste Konsequenzen durch den Weltverband FIFA zur Folge haben könnten - bis hin zum Ausschluss von der WM in Katar. Sollte es dazu kommen, dann - so Seradschi auf Twitter weiter - "sind diejenigen verantwortlich, die in die bitteren Vorfälle in Maschhad involviert waren".

Verband: "Haben Frauen nicht eingeladen"

Sich selbst sah der Verband dabei nicht in der Verantwortung. Die FFIRI verwies gegenüber dem iranischen Nachrichtenportal "entekhab.ir" auf die besonderen und für Frauen ungeeigneten Verhältnisse im Stadion von Maschhad: "Es war nicht möglich, günstige Bedingungen für Frauen beim Betreten des Stadions zu schaffen, einen sicheren Zugang sowie geeignete Tore, erforderliche Einrichtungen und eine gesonderte Zone auf der Tribüne bereitzustellen." Auch der Ticketverkauf für die Männer innerhalb von nur drei Tagen sei aufgrund der kurzen Frist nur mit vielen Problemen abgelaufen.

"Dementsprechend hat keiner der Funktionäre des Fußballverbands fußballinteressierte Frauen eingeladen, Tickets für dieses Spiel in der heiligen Stadt Maschhad zu kaufen." Gleichzeitig verwies die FFIRI darauf, dass man "bereits bei verschiedenen nationalen und internationalen Vereinswettbewerben unsere Bereitschaft und unseren Willen" unter Beweis gestellt habe, "den Besuch von Frauen in den Stadien zu unterstützen".

Human Rights Watch macht Druck auf FIFA

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) forderte den Weltverband FIFA auf, mit Sanktionen gegen den iranischen Verband zu reagieren. "Die iranischen Behörden haben wiederholt bewiesen, dass sie bereit sind, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um ihr diskriminierendes und grausames Verbot von Frauen, die Fußballstadien besuchen, durchzusetzen“, sagte die leitende iranische Forscherin von Human Rights Watch Tara Sepehri Far in einer Erklärung.

"Angesichts der anhaltenden Verstöße durch die iranischen Behörden muss die FIFA ihre eigenen globalen Richtlinien zur Nichtdiskriminierung befolgen und sollte erwägen, Sanktionen für die Nichteinhaltung des Iran zu verhängen", hieß es weiter, schließlich habe "FIFA-Präsident Gianni Infantino hat persönlich versprochen, dass iranische Frauen in die Stadien gehen können".

Generalstaatsanwalt: "Entschuldigung ist nicht genug"

Der Weltverband hatte mit Unverständnis auf die Vorkommnisse in Maschhad reagiert: "Die FIFA hat mit Sorge Berichte gehört, dass Frauen beim Match in Maschad nicht erlaubt waren", teilte die FIFA mit und verwies darauf, dass Frauen seit Oktober 2019 wieder als Zuschauerinnen bei Fußballspielen im Iran zugelassen seien. "Die FIFA erwartet, dass dies so weitergeht, es kann keinen Weg zurück geben." 

Irans Generalstaatsanwalt Mohammad Jafar Montazeri
Generalstaatsanwalt Jafar MontazeriBild: Rouzbeh Fouladi/ZUMA Wire/picture alliance

Kritik gab es auch von höchster juristischer Stelle im Iran: "Wenn die Bedingungen nicht vorhanden waren und es nicht möglich war, die Frauen ins Stadion zu lassen, dann hätten die Behörden von Anfang an ihren Verstand einsetzen müssen und keine Tickets verkaufen dürfen", wird der iranische Generalstaatsanwalt Jafar Montazeri ebenfalls auf "entekhab.ir" zitiert: "Eine Entschuldigung ist nicht genug, sie müssen den Frauen auch ihr Geld zurückgeben."

Im Iran war Frauen über vier Jahrzehnte lang der Besuch von Fußballspielen untersagt. Auf Druck des Weltverbands FIFA durfte in den vergangenen zwei Jahren eine limitierte Anzahl von Frauen zumindest zu zwei WM-Qualifikationsspielen und zum asiatischen Champions-League-Finale ins Teheraner Asadi-Stadion.