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Freude auf den Europa-Club

Petra Kohnen8. Dezember 2002

Sicherheit und Wohlstand erwarten sich die Litauer vom EU-Beitritt. Selbstbewusst haben sie auf die neue Partnerschaft hingearbeitet. Trotzdem bleiben noch ein paar Schönheitsfehler aus der Vergangenheit.

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Hauptstadt Vilnius mit WeltkulturerbeBild: transit

Die Republik Litauen hat am 8. Dezember 1995 ihren Beitritt zur Europäischen Union beantragt. Die Verhandlungen mit der EU wurden dann vier Jahre später auf den Weg gebracht. Seit dieser Zeit bemühe sich die litauische Regierung, die Beitrittskriterien zu erfüllen, sagt der sozialdemokratische Ministerpräsident Algirdas Brazauskas. Besonders in den vergangenen zwei Jahren habe sich die litauische Regierung sehr stark auf die Mitgliedschaft in der EU konzentriert. "Ich meine, dass wir in der letzten Zeit sehr große Fortschritte in dieser Hinsicht gemacht haben", so Brazauskas.

Chancen im "Europa-Club"

Der jüngste Bericht der EU-Kommission bestätigt die Fortschritte. Demokratie und Marktwirtschaft funktionierten, heißt es da. Tempo und Umfang der Rechtsangleichung hätten in den letzten Jahren beträchtlich zugenommen. Vor allem die gut ausgebildeten Litauer arbeiten an den Reformprojekten mit. Denn sie sehen in dem "Europa-Club" - wie sie die EU nennen - Chancen für die eigene Nation. "Wir werden in einem Club sein, in dem alle stabilen und reichen Staaten sind", sagt der junge Leiter des Referats Westeuropa im Litauischen Außenministerium, Algirdas Paleckis. Der gemeinsame Markt bringe wirtschaftliche Vorteile. "Eine Mitgliedschaft ist ein Zertifikat für eine stabile ökonomische Lage. Dazu kommen soziale und psychologische Vorteile", so Paleckis weiter.

Die meisten Litauer erwarten sich von ihrem Beitritt in die EU Sicherheit und Wohlstand. Nach den neusten Umfragen sind 25 Prozent der Bevölkerung allerdings nicht mehr davon überzeugt, dass diese Wünsche auch Wirklichkeit werden. Dazu zählten vor allem Arbeitslose, ältere Menschen und
Landwirte, sagt der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK), Vitas Navickas. "Menschen, die auf dem Dorf wohnen, befinden sich jetzt in der schwierigsten Situation. Da gibt es sehr kleine Unternehmen, die im Landwirtschaftsbereich tätig sind."

Last der Vergangenheit



Bauern mit einer Kuh im Stall und weit weniger als einem Hektar Land sind keine Seltenheit. Diese Klein-Landwirte erhalten keinen einzigen Euro an EU-Subventionen. Ihre Höfe, so fürchten sie, könnten bald von den wenigen Großbauern übernommen werden. Gelöst ist dagegen das Problem des maroden Kernkraftwerks Ignalina. Bis 2009 geht es vom Netz - das hat die Regierung versprochen. Probleme bereitet dagegen noch das Programm zur Korruptionsbekämpfung. Nachholbedarf besteht insbesondere im Kampf gegen Geldwäsche. "Wir haben manche negative Erscheinungen aus früheren Zeiten geerbt. Es gibt noch viele Leute, die sich Gedanken darüber machen, wie man den Staat betrügen kann, wie man Steuern hinterziehen kann", sagt Ministerpräsident Brazauskas.

Neue Freiheiten

Nach Ansicht von Violeta Mickeviciute, Redakteurin bei der zweitgrößten Tageszeitung "Respublika", bemühen sich Grenzschutz, Steuerfahnder und Polizei zwar darum, Kriminalität und Korruption zu bekämpfen. Allerdings könne die Regierung noch mehr dagegen tun. "Es gibt Lobbyisten, die die Hand auf den Gesetzen haben", so der Vorwurf der Journalistin. Solch offene Kritik ist heute möglich. Vor der neuen Freiheit wäre sie undenkbar gewesen. Deshalb gelte es, die 1990 wiedergewonnene Unabhängigkeit Litauens als höchstes Gut zu sichern, sagt die Rentnerin Gene Petkeviciute. Es gebe keine Alternative zu einem gemeinsamen Europa. "Nur mit Europa hat unsere jüngere Generation eine Zukunft", sagt Petkeviciute.