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Freude bei Chiles Bergleuten

8. September 2010

Die 33 in Chile verschütteten Bergleute haben in ihrer misslichen Lage gleich zweimal Grund zur Freude gehabt. Zum einen hören sie die Bohrer jetzt. Zum anderen konnten sie ein Fußballspiel schauen.

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Bohrer T-130 im Einsatz (Foto: ap)
Bohrer "T-130" ist seit Sonntag, 5. September, im EinsatzBild: AP

"Sie sind glücklich, weil sie merken, dass es vorangeht", erklärt Ingenieur Rene Aguilar die Freude der Eingeschlossenen darüber, dass sie jetzt Bohrgeräusche hören. Zudem gab es am Dienstagnachmittag (07.09.2010) eine erfreuliche Abwechslung für die Bergarbeiter. Über eine Fiberglasleitung konnten sie das Freundschaftsspiel zwischen der chilenischen Fußball-Nationalmannschaft und der Auswahl aus der Ukraine schauen. Besonders spannend dürfte das Spiel für Bergmann Franklin Lobos sein. Anfang der 80er war er selbst ein international spielender Profifußballer gewesen.

Weitere positive Nachricht

Die eingeschlossenen Bergleute könnten früher gerettet werden als zunächst angenommen. Der erste Rettungsschacht werde im besten Fall bereits Anfang November und damit einen Monat früher als geplant fertig. So steht es in einem Papier, das an die Rettungskräfte ausgegeben wurde. Möglich wird eine schnellere Rettung durch einen riesigen Ölbohrer, der ab dem 18. September zum Einsatz kommen soll. "Plan C" wird der Rettungsplan mit Hilfe des Ölbohrers genannt. Das Gerät braucht eine Stellfläche von der Größe eines Fußballplatzes und wird laut chilenischem Fernsehen mit 42 LKW zur der Mine transportiert. Wenn er erstmal aufgebaut ist, kann er deutlich schneller vorankommen als die bisher eingesetzten Bohrer. Allerdings nimmt der Aufbau des Geräts viel Zeit in Anspruch, weswegen er erst Mitte September mit seiner Arbeit beginnen kann. Wenn alles glatt läuft, wird der Rettungsschacht Anfang November fertig. Im ungünstigsten Fall könne es aber auch bis Anfang Dezember dauern.

Plan A und Plan B

Polizisten eskortieren einen Bohrer der mit einem LKW angeliefert wird. (Foto: ap)
Eskorte für den neuen Bohrer "T-130" am Freitag, 03. SeptemberBild: AP

"Plan A" läuft seit gut einer Woche. Seitdem ist der Bohrer "Strata 950" mit der Bohrung eines Rettungsschachts beschäftigt. 700 Meter tief muss er in die Erde getrieben werden. Am Dienstag (07.09.2010) ist er bei einer Tiefe von 113 Metern angelangt. Allerdings hat der Schacht zunächst nur eine Breite von 30 Zentimetern. In einem zweiten Schritt soll der Rettungsschacht dann auf rund 70 Zentimenter verbreitet werden. Bei "Plan B" kommt der Bohrer "T-130" zum Einsatz. Er verbreitert seit Sonntag (05.09.2010) den zwölf Zentimeter breiten Versorgungssschacht auf ebenfalls zunächst 30 Zentimeter. Am Dienstag erreichte er eine Tiefe von 123 Metern. Der chilenische Bergbauminister Laurence Golborne schätzte die Kosten für die Rettungsaktion auf "mehrere Millionen US-Dollar". Die chilenische Presse vermutet Kosten von rund zehn Millionen US-Dollar.

Bluthochdruck und Zahnschmerzen

Derzeit müssen zwei der Bergleute mit Antibiotika behandelt werden. Der eine wird wegen erhöhten Blutdrucks behandelt, worunter er allerdings bereits vor dem Mineneinsturz litt. Der zweite Bergmann klagt über Zahnschmerzen. Wie das chilenische Fernsehen berichtet, konnten Antibiotika und schmerzlindernde Medikamente zu dem Mann hinuntergelassen werden. Eine weitergehende Behandlung ist derzeit allerdings nicht möglich. Den Ärzten bereitet die Situation Sorge, da bis zu einer Befreiung der Männer noch mehrere Monate vergehen können.

Rettungskapsel

Wenn der Rettungsschacht fertig gestellt ist, sollen die 33 Bergleute mit Hilfe einer Rettungskapsel an die Erdoberfläche gebracht werden. Die Kapsel ist ein Metallkäfig, der eine Person transportieren kann. Er ist mit einer Sauerstoffversorgung ausgerüstet und hat eine Gegensprechanlage mit der die Rettungskräfte in Kontakt zu dem Bergmann in der Kapsel treten können. Außerdem sind Licht und eine Videokamera eingebaut. Auch werden Wasser und Lebensmittel in der Kapsel sein. Für den Weg aus 700 Metern Tiefe benötigt die Rettungskapsel rund eine Stunde. Dabei ist nicht ausgeschlossen, dass die Kapsel irgendwo in dem Rettungsschacht stecken bleibt. Marinekommandeur Sergio Sandoval erklärte dem Sender "Canal 24 Horas", dass die Kapsel sicherheitshalber so konzipiert sei, dass auch eine Umkehr möglich sei.

Kontakt zur Außenwelt

Auf einem Fernseher ist ein eingeschlossener Bergmann zu sehen. Vor dem Fernseher sitzt seine Familie und spricht mit ihm über ein Glasfaserkabel. (Foto: ap)
Bergmann Claudio Yanez spricht mit seiner Familie per VideokonferenzBild: AP

Die Bergleute haben sich darüber beklagt, dass nicht alle Briefe ihrer Freunde und Verwandten zu ihnen heruntergelassen werden. Dazu sagte der zuständige Psychologe Alberto Iturra, dass es einfach zu viele Briefe seien. In Anbetracht der schwierigen Situation der Bergleute bezeichnete er ihren Zustand als "ziemlich gut". Am Samstag (04.09.2010) hatten die Eingeschlossenen erstmals die Möglichkeit über ein Glasfaserkabel mit ihren Angehörigen zu sprechen und Bilder zu versenden. Víctor Zamora, der Bruder von einem der Kumpel, sagte allerdings, dass die Stimmung schlecht gewesen sei: "Gesten waren sie wütend. Die Erschöpfung macht ihnen zu schaffen." Zur Unterstützung hatte die chilenische Fußball-Nationalmannschaft handsignierte Trikots geschickt und Papst Benedikt XVI. den Bergleuten von ihm gesegnete Rosenkränze zukommen lassen.

Sprechchöre für "Die 33"

Am Sonntag (05.09.2010) hatten Angehörige der Bergarbeiter mit Gesängen und Sprechchören an den Beginn des Minenunglücks vor einem Monat erinnert. Zu Ehren der Verschütteten hissten sie entsprechend der Nationalitäten 32 chilenische und eine bolivianische Flagge. Bergbauminister Laurence Golborne verlas die Namen der Bergmänner und wurde dabei von den Angehörigen mit Sprech-Chören unterstützt.

Am 5. August war die Kupfer- und Goldmine San José in Copiapó in der Atacama-Wüste rund 800 Kilometer nördlich der Hauptstadt Santiago eingestürzt. Die 33 Bergleute konnten sich nach dem Einsturz in eine Rettungskammer in 700 Metern Tiefe flüchten. Erst zweieinhalb Wochen später wurden sie dort geortet. "Die 33", wie chilenische Medien die Bergleute nennen, werden mittlerweile wie Helden verehrt.

Autor: Marco Müller (dpa, afp)
Redaktion: Oliver Pieper