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Frieden predigen – Hass ernten

Kirstin Hausen3. September 2008

Die Muslime in Italien haben nur einen Wunsch: Sie möchten einen ruhigen Ort, an dem sie beten können. Doch die Politik der Lega Nord machte das bislang unmöglich. Für die Muslime gibt es dennoch Grund zur Hoffnung.

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Moschee (Khalidi)
Auch die Muslime in Mailand möchten einen Ort zum BetenBild: Omar Khalidi

Eigentlich möchten die Muslime in Italiens Großstädten nur eins: Einen Platz, wo sie beten können. Einer von ihnen ist Khalid, ein junger Marokkaner. Er lebt in Mailand, hat eine Aufenthaltsgenehmigung, eine Wohnung und einen Arbeitsplatz. Nur ein Gebetshaus hat er nicht. Auch wenn Khalid meint, mit seiner Religion niemanden zu stören, sehen das viele Mailänder anders.


Plänen für eine richtige Moschee mit Minarett und Muezzin für die gläubigen Muslimen in der Großstadt erteilen die Mailänder eine klare Absage. „Sie sollen uns erklären, wie das gehen soll ohne zu stören“ fordert eine erboste Bürgerin. „Sie haben ihre Religion, ich habe meine.“ Weiter will sie sich dazu nicht äußern.

Predigen aber nicht praktizieren

Muslime beten (03.10.2001/
Die rechte Mehrheit in Mailand scheint die Integration der Muslime nicht zu wollenBild: picture alliance/dpa

Um die Religion geht es in Italien bei der hitzigen Debatte um den Bau einer Moschee eigentlich gar nicht und auch nicht um die Präsenz des Islams. Denn christliche Kirchenvertreter haben ihrerseits vielfach Verständnis geäußert für den Wunsch der Muslime nach einem Gotteshaus und immer wieder an das christliche Gebot der Nächstenliebe erinnert.

„Verschließt eure Herzen nicht“, mahnt Mailands Erzbischof in einer viel beachteten Predigt, die aber scheinbar wenig bewirkt. In Wahrheit geht es bei dem Thema Islam um Akzeptanz und Toleranz gegenüber Anderen, Dinge also, die von der ausländerfeindlichen Lega Nord als „links und kommunistisch“ gebrandmarkt werden. Auch die Bevölkerung bewertet sie oft genug als Einknicken gegenüber den Forderungen der Immigranten aus islamischen Ländern.

Ein Hort terroristischer Umtriebe

Lega Nord Vorsitzender Bossi (28.01.2008/dpa)
Umberto Bossi ist Vorsitzender der Lega NordBild: picture-alliance/ dpa

Dem Journalisten Marco Bevilacqua ist die aggressive Hetze der Lega Nord-Politiker peinlich, aber sie erstaunt ihn nicht. Schließlich gebe es keine kulturelle Öffnung den Muslimen gegenüber, weder in der Gesellschaft noch in der Politik. Er verweist auf die Entwicklungen rund um das islamische Zentrum in der Viale Jenner in Mailand. Seitdem Innenminister Roberto Maroni von der Lega Nord im Juli das Islamische Zentrum als „Hort terroristischer Umtriebe“ bezeichnete und seine Schließung forderte, haben die 4000 gläubigen Muslime in Mailand keinen festen Ort mehr für ihr Freitagsgebet.

Den Sommer hindurch beteten sie auf dem Bürgersteig, in einem Kulturzentrum, in einer Konzerthalle: Jede Woche woanders und von einem gewaltigem Interesse der Medien begleitet. Die Muslimen hatten gehofft, das Problem sei bis zum Ramadan gelöst, wurden aber enttäuscht. Nun müssen sich die Gläubigen zum Gebet in einem leerstehenden Theater treffen. Aber auch das ist keine endgültige Lösung, sondern nur für die Zeit des Ramadans gedacht.

Profit auf Kosten der Immigranten

Ein Imam in einer Moschee (03.10.2007/dpa)
4000 Muslime müssen in einem leeren Theater betenBild: picture-alliance/ dpa

Der Verdacht drängt sich auf, dass die rechte Mehrheit im Mailänder Stadtrat gar keine dauerhafte Lösung anstrebt. Die Lega Nord, aber auch alle anderen Parteien des rechten Spektrums profitieren von all den Konflikten, die Italien seit Monaten beschäftigen. Sei es der Streit um die Barackensiedlungen der Roma und Sinti, die Diskussion um die völlig überfüllten Auffanglager für Flüchtlinge auf Lampedusa oder die Frage, ob, wie und wo Moscheen gebaut werden dürfen.

Solange diese Probleme nicht gelöst sind, bleiben die Ängste in der Bevölkerung und diese Ängste bringen den rechten Parteien Wählerstimmen. Wenn Konflikte beigelegt werden, geschieht das meist ohne die Politiker. Hamid Karthaoui, Imam in Gallarate nördlich von Mailand, ist eine Lösung des Problems gelungen.

Auch hier waren die muslimischen Einwohner lange auf der Suche nach einem Ort für ihr Gebet. Karthaoui hat sich an den örtlichen Pfarrer gewandt und in Gesprächen mit den Gemeindemitgliedern Vertrauen aufgebaut. Mit dem Ergebnis, dass die Muslime in Gallarate fortan auf einem ungenutzten Grundstück der Kirche beten dürfen.