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Afrikas neue Medien

Daniel Pelz10. Mai 2008

Immer mehr Sender in Afrika fördern Versöhnung und Dialog, statt sich wie früher für Hass-Kampagnen missbrauchen zu lassen. Mit den Radiosendungen wird die Lokalbevölkerung in Friedensinitiativen eingebunden.

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Radio Pindjiguiti in Guinea-Bissau - AP
Kleine Sender, hier Radio Pindjiguiti in Guinea-Bissau, sind Stimmen des FriedensBild: AP

Hass-Radio - der Begriff war ein geflügeltes Wort in den 1990er Jahren. Ein prominentes Beispiel war der ruandische Radiosender "Freies Radio der tausend Hügel". Während des Genozids 1996 riefen die Moderatoren gezielt dazu auf, Tutsi und moderate Hutu zu ermorden. Doch heute fallen immer mehr Sender in Afrika in eine ganz andere Kategorie: Friedens-Radio. Mit ihren Programmen fördern sie Frieden und Versöhnung zwischen verfeinden Staaten oder Volksgruppen. Ein Beispiel ist der Sender Mega FM in Uganda.

Rebell der Lord's Resistence Army
Plötzlich Thema im Radio: die Rebellen der Lord's Resistence Army, die oft Jugendliche sindBild: AP

Wenn Mega FM auf Sendung ist, hört der Norden des Landes zu. Mehr als eineinhalb Millionen Menschen schalten wöchentlich ein. Seit sechs Jahren ist Mega FM der beliebteste Sender der Region. Besonders populär war die Sendung "Dwaco Put", auf Deutsch "Kommt nach Hause". Am Mikrofon saß nicht nur der Moderator, sondern auch Rebellen der "Widerstandsarmee des Herrn", der "Lord's Resistance Army" (LRA).

Ex-Rebellen am Mikrofon

Chefredakteur David Okidi wollte ihnen damit keine Propaganda-Plattform schaffen. "Wir haben die Rebellen ins Studio eingeladen, damit sie erzählen", berichtet Okidi. Schon nach kurzer Zeit sei die Resonanz sehr gut gewesen. "Sie sagen dann: Ich war früher bei den Rebellen, jetzt bin ich wieder zu Hause bei meiner Familie. Man hat mich dort freundlich aufgenommen, und es geht mir gut. Dann rufen sie ihre früheren Kameraden auf, auch die Rebellen zu verlassen." Darauf hörten viele der Rebellen und kamen heim. Vor zwei Jahren hatte die Sendung ihre Mission erfüllt. Chefredakteur Okidi stellte sie erst einmal ein.

Doch auch wenn in Norduganda keine Schüsse mehr fallen, hat seine 25-köpfige Redaktion genug zu tun. Neue Programme sollen den Menschen helfen, zwei neue Herausforderungen zu bewältigen: eine zerrissene Gesellschaft zu einen und ihr Land wiederaufzubauen. Dabei soll sie zum Beispiel die Talkshow "Ter Yat" unterstützen. Dort können Hörer darüber sprechen, wie schwer es ist, sich den Lebensunterhalt zu verdienen.

Kleine Sender können viel bewirken

02.2008 DW-Akademie Afrika WM2006 Radio 05
Die Deutsche Welle bildet in Afrika Radiojournalisten weiter

Mega FM liegt mit seinen Sendungen voll im Trend. Denn immer mehr Politiker, Journalisten und Wissenschaftler erkennen, dass Medien einen wichtigen Beitrag für Frieden und Versöhnung in Krisenregionen leisten können. Der Journalismus-Professor Fackson Banda von der Rhodes Universität in Südafrika lobt vor allem den Beitrag kleiner Sender wie Mega FM. "Es gibt viele Erfolgsgeschichten. Die Community-Medien haben beispielsweise den Journalismus revolutioniert." Sie ermöglichten eine größere Mitsprache der Bevölkerung und eine Dezentralisierung der Macht. "Die Menschen können nun viel einfacher ihre Politiker unter Druck setzen."

Community-Radios wie Mega FM sind auf eine bestimmte Region begrenzt. Sie orientieren sich besonders an lokalen Themen vor Ort. In Kriegs- und Krisengebieten geben sie den Menschen nicht nur eine Stimme, sie fördern auch den Dialog zwischen Konfliktparteien. Community-Radios könnten zudem die Schwierigkeiten von Friedensprozessen erklären, sagt Fackson Banda. "Durch sie können normale Menschen die Komplexität besser verstehen und einsehen, dass Friedensarbeit ein langer Prozess ist, an dem sie aktiv mitwirken müssen."

Die Medien spielten auch eine wichtige Rolle bei der Konsensbildung in der afrikanischen Gesellschaft, betont Banda. "Sie müssen durch ihre Wächterfunktion sicherstellen, dass die politische Energie zum Aufbau einer friedlichen Gesellschaft verwandt wird", erklärt der Medienwissenschaftler.

Krisen-Berichterstattung oft zu teuer


Weiles wenige TV-Geräte gibt, hat das Radio große Bedeutung AP
Weil es wenige TV-Geräte gibt, hat das Radio große BedeutungBild: AP

Doch das gibt es nicht zum Nulltarif. Einerseits entstehen Kosten zum Beispiel für Reporter, Redakteure oder Moderatoren. Auch die technische Ausrüstung wie Sendestudios, Schnittplätze und Aufnahmegeräte ist teuer. In Krisengebieten haben Sender mit zusätzlichen Ausgaben zu kämpfen: Dienstreisen in Regionen ohne vernünftige Infrastruktur sind deutlich teurer als auf anderen Kontinenten.

Dem Sender Mega FM fehlen wichtige Einnahmequellen. "Das Problem ist, dass wir in einer Situation operieren, in der sich die Menschen gerade von einem Konflikt erholen und arm sind", erklärt Chefredakteur David Okili. "Deshalb hat die Werbewirtschaft kein Interesse, bei uns ihre Produkte anzupreisen, denn niemand hat Geld, sie zu kaufen."

Entwicklungshilfe für Friedens-Programme

Dennoch komme man mit dem Etat über die Runden, sagt Okili. Denn Mega FM hat eine andere Einnahmequelle gefunden: Einzelne Sendungen werden von Entwicklungsorganisationen wie der deutschen Konrad-Adenauer-Stiftung gesponsert. Das Geld tut Not. Vor wenigen Wochen verweigerten die Rebellen die Unterschrift unter einen Friedensvertrag. Die Menschen haben nun Angst, der Wiederaufbau könne ins Stocken geraten. Es gibt in Uganda also neuen Bedarf für Mega FM und seine Programme.