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Schwarzer Fußball-Zauber

4. Januar 2010

Ein zerfledderter Ball, ausgelatschte Schuhe, ein kleiner Platz, und es geht los. Die Fußball-Leidenschaft ist überall in Afrika riesig. Doch Fußball ist auf dem Kontinent viel mehr als nur ein schnöder Ballsport.

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Kinder mit einem Fußball (Foto: DW)
Ein Fußball gehört immer dazuBild: DW/ Katrin Gänsler

Ganz besonders zu spüren ist die Fußball-Begeisterung nur ein paar Monate vor Anpfiff der Weltmeisterschaft im Gastgeberland Südafrika. In Kapstadt, Johannesburg und Durban hängen an jeder Straßenecke Plakate, die auf 2010 – so wird das Groß-Ereignis fast liebevoll genannt – aufmerksam machen. Blumenornamente zieren die Parks, und vor allem schwarze Südafrikaner drücken Bafana Bafana, den Jungs, den Jungs – so der Kosename der Nationalmannschaft – schon jetzt kräftig die Daumen.

Ein Plakat mit einem Fußballfeld (Foto: DW)
Nigeria - Fußball-Werbung an jeder EckeBild: DW/ Katrin Gänsler

Doch ob sie überhaupt die Vorrunde gegen Mexiko, Uruguay und Frankreich überstehen? Bartholomäus Grill, Autor eines Buches über Fußball in Afrika mit dem Titel "Laduuuuuma! Wie der Fußball Afrika verzaubert" ist skeptisch. Denn das Südafrika-Team glänzt nicht gerade mit guten Leistungen. Dafür verantwortlich sei auch die South African Football Association (SAFA), "ein hochkorrupter Haufen". SAFA sei für eine verfehlte Entwicklungsstrategie, schlechte Nachwuchsförderung und ein schlechtes Scoutingsystem verantwortlich. "Die Gelder für so etwas fehlen, weil sie veruntreut worden sind."

Fußball ist Opium fürs Volk

Eine südafrikanische Familie vor einem Fernseher (Foto: DW)
Fußball im Uralt-TVBild: DW/ Katrin Gänsler

Doch es sind nicht nur mangelnde finanzielle Ressourcen, die es dem Sport so schwer machen. In vielen Ländern mischen Machthaber kräftig mit. So hat beispielsweise in den 90er Jahren der nigerianische Diktator Sani Abacha direkten Einfluss auf die Super Eagles bis hin zur Mannschaftsaufstellung – so heißt es jedenfalls – genommen. Alle Erfolge des Teams machte er sich zu eigen. "Fußball kann auch als Opium benutzt werden, um das Volk abzulenken, um in einer Diktatur ein Nationalgefühl herzustellen." Nigeria – eigentlich reich an Öl und dennoch ein Land, das vor allem mit Missmanagement und Korruption in Verbindung gebracht wird – ist keine Ausnahme. Auch im Nachbarland Kamerun hat Präsident Paul Biya die Kraft des Fußballs längst für sich entdeckt. "Jedes Mal, wenn Kamerun gewinnt, gibt es drei Tage frei. Man missbraucht den Fußball für eigene Propagandazwecke."

Mit Pavianpfote und Zaubertränken zum Sieg

Ein Kind spielt Fußball mit Flaschendeckeln (foto: DW)
Zur Not kann man auch mit ein paar Flaschendeckeln spielenBild: DW/ Katrin Gänsler

Trotzdem hat der Fußball etwas Schillerndes und Zauberhaftes. Verantwortlich dafür sind die Sangoma und Hexenmeister, ohne die keine Mannschaft ein Spiel bestreitet. In Kostümen aus Hühnerfedern und mit Fetischen ausgestattet sind sie für den Sieg ihres Teams zuständig. "Wenn man nach dem Spiel sagt, es hat nicht funktioniert mit eurer Pavianpfote, dann hatten die anderen einen stärkeren Sangoma", erzählt Grill.

Allerdings können sich die Kicker nicht nur auf ihren Hexenmeister verlassen. Daher wird trainiert, wo es nur geht. Und das sieht ganz anders aus als in Europa. Denn die Spieler geben sich oft als ballverliebte Künstler mit unglaublicher technischer Begabung. Doch bei Turnieren bleibt davon wenig übrig. "Im Spiel selbst ist es viel langsamer und langweilig, weil es zu viel Mittelfeldgeplänkel gibt." Die Zeit von der Annahme bis zur Abgabe der Bälle dauert rund eine Sekunde länger als in der Premier League. Torchancen sind selten, viele Spiele enden unentschieden.

Ein Weltmeister aus Afrika?

Einer afrikanischen Mannschaft drückt Bartholomäus Grill dennoch ganz fest die Daumen: der Elfenbeinküste. Alle Spieler kicken in den besten europäischen Profi-Ligen. "Ein richtig gutes Team", schwärmt er. "Denen traue ich das Halbfinale zu. Mein Traumfinale ist Spanien gegen Elfenbeinküste."

Autorin: Katrin Gänsler
Redaktion: Wolfgang van Kann