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Klubtreffen in Camp David

Christina Bergmann, Washington21. Mai 2012

Im US-amerikanischen Camp David beraten die Staats- und Regierungschefs der G8-Staaten über internationale Krisenthemen. Die Eurokrise überschattet das Treffen, hinzu kommt die Frage nach dem Sinn des Zirkels.

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Ein fast leerer Luftballon mit dem Zeichen der Europäischen Union (EU) liegt in einer Pfütze (Foto: picture-alliance/dpa)
Die Eurokrise wird ein beherrschendes Thema des Gipfels seinBild: picture-alliance/dpa

Es wird ein Gipfel mit einigen Besonderheiten. Zum ersten Mal tritt hier der frisch vereidigte französische Präsident Francois Hollande auf internationaler Bühne auf. "Hollande wird in Camp David genauso wie bei seinem Antrittsbesuch in Deutschland unter erheblichen Druck geraten, nichts zu unternehmen, was den ausgehandelten europäischen Fiskalpakt wieder auseinanderfallen lassen könnte", sagt Dr. Stewart M. Patrick, Experte für internationale Politik am Council on Foreign Relations in Washington. Die Forderung des Sozialisten Hollande nach einem Wachstumspakt und die Regierungskrise in Griechenland werden die Gipfelteilnehmer begleiten - und es sind entsprechende Erklärungen zu erwarten.

Dabei ist die Themenliste lang für einen Gipfel, der nicht einmal 24 Stunden dauert. Sie reicht von Nahrungsmittelsicherheit für Afrika über den Atomstreit mit dem Iran, die Abzugspläne für Afghanistan, das weitere Vorgehen gegenüber Syrien und Nordkorea bis zum Klimaschutz. US-Präsident Barack Obama hat die Staats- und Regierungschefs aus Großbritannien, Kanada, Frankreich, Russland, Deutschland, Italien und Japan für Freitagabend (18.05.2012) auf den präsidialen Landsitz Camp David geladen.

Russland als fünftes Rad am Wagen?

Von Russlands wieder gewähltem Präsidenten Wladimir Putin hat Obama allerdings einen Korb bekommen: Putin schickt Regierungschef Dmitri Medwedew, mit dem er das Amt getauscht hat. Eine unglückliche Situation - denn gerade die Russen werden im G8-Club von Experten als das fünfte Rad am Wagen betrachtet. "Ohne Russland repräsentieren die G7 eine gleichgesinnte Gemeinschaft von fortgeschrittenen Demokratien, die an Menschenrechte glauben und im großen und ganzen ähnliche Ansichten bezüglich der globalen Wirtschaftslage hegen", erklärt Politikwissenschaftler Patrick, der von 2002 bis 2005 im US-Außenministerium als Berater tätig war. Russland dagegen bewege sich unter Putin in eine autoritäre Richtung und sei kein verlässlicher Partner in politisch sensiblen Fragen: Iran und Syrien seien die besten Beispiele. Hier sei wenig Fortschritt zu erwarten, meint Patrick.

Obama und Medwedew (Foto: picture-alliance/dpa)
Nach Putins Absage wird Obama mit Medwedew verhandelnBild: picture-alliance/dpa

So stellt sich immer wieder die Frage nach dem Sinn der G8-Treffen. Immerhin: Die acht Staaten repräsentieren 15 Prozent der Weltbevölkerung und zwei Drittel der internationalen Wirtschaftsleistung. Es ist ein loser Staatenzusammenschluss, ohne feste Organisation, Finanzierung oder Regeln. In den 1970er Jahren inmitten der Ölkrise als Forum geschaffen, um Wirtschafts- und Handelsfragen zu koordinieren, stehen mittlerweile politische und wirtschaftliche Fragen gleichermaßen auf der Agenda - wenn auch die G-20 als das schlagkräftigere ökonomische Forum gilt, und der UN-Sicherheitsrat über Sanktionsmechanismen verfügt.

Erweiterte Gästeliste

Bruce Jones, Experte für internationale Politik am Brookings Institut, ist der Ansicht, dass "die G8 durch den arabischen Frühling gerettet wurde, denn hier hat man einen Prozess, wo die westlichen Mächte ein Forum brauchten, um ihre Wirtschafts- und politischen Hilfen zu koordinieren". Jones könnte sich eine zukünftige Erweiterung des G8-Forums vorstellen - entweder dauerhaft durch die aufstrebenden Wirtschaftsmächte oder flexibler je nach den Themen auf der Agenda. Letzteres geschieht bereits jetzt. Beim Vorbereitungstreffen der G8-Außenminister in Washington im April wurde der türkische Minister zugeschaltet, als es um das Vorgehen gegenüber Syrien ging.

US-Außenministerin Hillary Clinton (Foto: picture-alliance/dpa)
Hillary Clinton und ihre Kollegen haben die Vorarbeit für den G8-Gipfel geleistetBild: picture-alliance/dpa

Nach Camp David hat Präsident Obama ebenfalls Gäste eingeladen. Die Staats- und Regierungschefs von Benin, Äthiopien, Ghana und Tansania sollen bei den Diskussionen über Nahrungsmittelsicherheit in Afrika dabei sein. Die Diskussion über dieses Thema ist die Fortsetzung eines Prozesses, der 2009 im italienischen L'Aquila begonnen wurde. Stewart Patrick erinnert daran, dass die "G8-Treffen immer noch diejenigen Länder versammeln, die den Großteil der offiziellen Entwicklungshilfe leisten".

Und schließlich bieten Treffen wie das der G8 den Teilnehmern Gelegenheit, Themen informell und zwanglos auf bilateraler Ebene zu besprechen, sagt Bruce Jones vom Brookings Institut: "Das ist manchmal einfacher, als ein formelles Treffen zwischen zwei Politikern zu einem bestimmten Thema extra zu vereinbaren." Und Abstimmungsbedarf haben die Staats- und Regierungschefs derzeit bei mehr Themen, als ihnen lieb sein kann.