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Gipfeltreffen

26. Juni 2010

Mahnende Worte an die Adresse des Irans und Nordkoreas: Mit sicherheitspolitischen Themen ging der G8-Gipfel in Kanada zu Ende - bevor das Thema Wirtschaft im erweiterten Kreis der G20 wieder in den Mittelpunkt rückt.

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Schild mit Willkommen-Aufschrift in Huntsville/Ontario (Foto: AP)
Willkommen in Huntsville. Aber nur wenige kommen hinBild: AP

Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten und Russlands verurteilten Nordkorea für den mutmaßlichen Torpedoangriff auf ein südkoreanisches Kriegsschiff. Bei dem Vorfall waren im März 46 Seeleute ums Leben gekommen. Zum Abschluss ihres Gipfeltreffens rief die Gruppe der G8 zudem den Iran dazu auf, die Menschenrechte zu achten und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu respektieren.

Weiter Streit über Bankenabgabe

Am letzten Tag ihrer Zusammenkunft in Kanada hatten die Vertreter der USA, Russlands, Deutschlands, Frankreichs, Italiens, Japans, Großbritanniens und Kanadas sich mit sicherheitspolitischen Themen befasst. Im Anschluss wollen sie dann am Treffen der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer teilnehmen. In dem erweiterten Kreis der 20 Staaten soll erneut über Haushaltskonsolidierung, Finanzreformen und die von europäischen Ländern verlangte Bankenabgabe gesprochen werden. Bei diesen Themen hatte die Gruppe der G8 bislang keine Einigung erzielt.

Angela Merkel beim G8-Gipfel (Foto: AP)
Angela Merkel bei den G8-BeratungenBild: AP

Eine neue Finanzarchitektur?

In der Abgeschiedenheit der kanadischen Wälder, 220 Kilometer nördlich von Toronto, hatte am Freitagabend der Doppelgipfel der G8- und G20-Staaten begonnen. Die Zwanzig waren vor anderthalb Jahren angetreten mit dem Vorsatz, eine neue Architektur für die Weltfinanzmärkte zu schaffen. Eine Krise, wie sie damals ausgebrochen war, solle sich nicht wiederholen können.

Strategiestreit lenkt ab

G20 Kanada 2010 Logo
Logo des G20-Gipfels von Toronto

Doch der Elan von damals scheint erloschen, zu sehr quält man sich durch die extrem komplizierte Materie. Zumal nun noch ein Streit ausgebrochen ist zwischen Deutschland und den USA über die richtige Strategie: Sparen oder die Konjunktur weiter mit Finanzspritzen ankurbeln?

Für Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die Sache klar. "Wie können wir die Konsolidierung der Haushalte so organisieren, dass wir daraus ein nachhaltiges Wachstum generieren?" Man habe seinerzeit in Washington die richtigen Maßnahmen in der Krise ergriffen. Jetzt werde es darum gehen, "dass wir zeigen, wie wir aus der Krise heraus nachhaltige Strukturen schaffen, damit sich eine solche Krise nicht wiederholt". Fürs Erste ist aber der ganz große Streit ausgeblieben. Es sei, so berichtete die Kanzlerin aus den Gesprächen, nicht kontrovers diskutiert werden

Jeder kann sich sehen lassen

Man kann also davon ausgehen, dass sich in den Schlussdokumenten Formulierungen finden werden, mit denen sich jeder zu Hause sehen lassen kann und keiner Toronto als Verlierer verlassen wird. Denn dass Wachstum wichtig ist, unterschreiben alle, und auch übers Sparen besteht Einigkeit. Nur, wie man es anstellt, dass will man jedem selbst überlassen.

Obama hat etwas mitgebracht

Barack Obama und Nicolas Sarkozy am Konferenztisch(Foto: AP)
US-Präsident Obama und Frankreichs Staatschef SarkozyBild: AP

Neuer Schwung kam von US-Präsident Barack Obama. Er hatte nämlich einen Erfolg im Gepäck: In Washington ist eine umfassende Finanzmarktreform so gut wie unter Dach und Fach. Ein Vermittlungsausschuss von beiden Kammern des Kongresses einigte sich auf einen Gesetzentwurf, über den noch in der kommenden Woche abgestimmt werden soll.

Während ihrer Beratungen widmeten sich die G8 auch der Armutsbekämpfung. Sie legten einen Bericht vor, der Rechenschaft darüber gibt, was aus den Versprechen der vergangenen Jahre geworden ist. Denn das bemängeln Nichtregierungsorganisationen immer wieder: Beispielsweise sei beim Gipfel von Gleneagles vor fünf Jahren versprochen worden, bis 2010 zusätzlich 50 Milliarden Dollar an Entwicklungshilfe zu geben. Bislang ist das nicht erfüllt.

Neue Milliarden für die Armen

Eine Malariakranke wartet mit ihrem Kind auf die Behandlung in der Krankenstation in der Stadt Bindisi in West-Darfur im Sudan (Foto: dpa)
Ihnen soll geholfen werden: Kranke Mutter mit KleinkindBild: picture-alliance/ dpa

Auch die am Freitag von Kanadas Premier Stephen Harper verkündete sogenannte "Muskoka-Initiative", bei der neue Milliarden zum Kampf gegen die Mütter- und Kindersterblichkeit versprochen werden, wird von Beobachtern kritisch gesehen. Marvin Meier vom christlichen Hilfswerk World Vision findet zwar gut, dass die G8 zum Auftakt ihrer Beratungen als erstes über die Armut sprechen, mahnt aber: "Es ist wichtig, dass das Ganze nicht nur bei einer Ankündigung von Taten bleibt, aber die Umsetzung im Unklaren bleibt: Nicht nur die Frage: Bis wann wollen wir etwas machen, sondern auch mit wie viel Geld. Und daran wird es wahrscheinlich wieder haken."

Jörn Kalinski von der Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam mahnte an, auch wirklich frisches Geld zu geben und "nicht altes Geld nur umzuschichten". Und dabei wäre konkrete Hilfe dringend nötig: Jedes Jahr sterben in armen Ländern neun Millionen Kinder unter fünf Jahren an Krankheiten, an denen im reichen Norden kein Kind mehr stirbt. Diese Zahl deutlich zu reduzieren, gehört zu den sogenannten Milleniums-Zielen der Vereinten Nationen.

Toronto wird zur Geisterstadt

Das ansonsten quicklebendige Zentrum der Millionenstadt am Ontario-See ist unterdessen zur Geisterstadt geworden. Ein kilometerlanger Zaun versperrt den Zugang zum Finanzdisktrikt und zum angrenzenden Tagungszentrum. Eine Stadtautobahn ist gesperrt. Wer kann, verlässt die Stadt. Und wer bleibt, interessiert sich eher nicht für den Gipfel, sondern für die Fußball-Weltmeisterschaft. Übrigens auch Angela Merkel. Sie will notfalls am Sonntagmorgen eine Arbeitssitzung schwänzen, um sich das Achtelfinale der deutschen Mannschaft gegen England anzuschauen. Womöglich gemeinsam mit Großbritanniens neuem Premier David Cameron.

Autor: Henrik Böhme/Marko Langer

Redaktion: Eleonore Uhlich

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