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SPD: Mehr Druck auf nordafrikanische Staaten

18. Januar 2016

Bei der Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus Nordafrika fordern führende SPD-Politiker mehr Druck auf die Herkunftsländer. Wirtschaftsminister Gabriel droht damit, die Entwicklungshilfe zu streichen.

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Bundesjustizminister Heiko Maas (l.) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (Foto: Rainer Jensen/dpa)
Bundesjustizminister Heiko Maas (l.) und Vizekanzler Sigmar GabrielBild: picture-alliance/dpa/R. Jensen

"Es kann nicht sein, dass man die Entwicklungshilfe nimmt, aber die eigenen Bürger nicht, wenn sie bei uns kein Asyl bekommen können", sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel in den "Tagesthemen" der ARD. Deutschland sei gerne bereit, den nordafrikanischen Ländern wirtschaftlich zu helfen, aber nur dann, "wenn die Regierungen dort so fair sind, ihre Bürger zurück einreisen zu lassen". Der Bundeswirtschaftsminister sprach von "Leistung und Gegenleistung".

Ähnlich äußerten sich sein Parteikollege, Bundesjustizminister Heiko Maas, und SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Rande der SPD-Klausurtagung in Nauen. Barley drängte darauf, durch Vereinbarungen mit Algerien und Marokko Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aus diesen Ländern zu erleichtern. Mit Algerien gebe es zwar bereits ein Rücknahmeabkommen, doch "das funktioniert nicht vernünftig" und müsse daher neu verhandelt werden, sagte Barley dem Deutschlandfunk.

Maas: Bestehende Rücknahmeabkommen müssen eingehalten werden

Auch Maas plädierte für härtere Verhandlungen mit Staaten wie Marokko, Tunesien und Algerien, damit diese künftig schneller ihre Staatsbürger zurücknehmen, wenn sie in Deutschland kriminell wurden oder als Asylbewerber abgelehnt werden. "Wir müssen den Druck auf die Staaten erhöhen, bestehende Rückführungsabkommen einzuhalten", sagte Maas der "Rheinischen Post". Ausdrücklich begrüßte Maas den gegen nordafrikanische Tätergruppen in Düsseldorf am Wochenende. "Ich halte es für richtig, sich verstärkt darum zu bemühen, bandenartigen Zusammenschlüssen das Handwerk zu legen", sagte Maas.

Bundesinnenminister Lothar de Maizère (Foto: Getty Images/AFP/T. Schwarz)
Auch Innenminister de Maizère will die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber aus Nordafrika beschleunigenBild: Getty Images/AFP/T. Schwarz

Die Bundesregierung hatte zuletzt beklagt, dass es schwierig sei, abgelehnte Asylbewerber in nordafrikanische Staaten abzuschieben. Die Bundesregierung will nun auf EU-Ebene prüfen lassen, ob die nordafrikanischen Staaten Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer eingestuft werden können, um Abschiebungen dorthin zu erleichtern. Dies erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin.

Zahl der Asylbewerber aus Nordafrika sprunghaft angestiegen

Hintergrund ist der sprunghafte Anstieg von Asylbewerbern aus der Region zum Ende des vergangenen Jahres. So registrierte das Erfassungssystem der Bundesländer im Dezember rund 5.000 Asylbewerber allein aus Marokko und Algerien. Zum Vergleich: Im Juni 2015 stellten nach Angaben es Bundesinnenministeriums nur rund 1.200 Ankommende aus diesen beiden Ländern einen Asylantrag in Deutschland.

Die Chance auf eine Anerkennung ist aber weiterhin sehr gering. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums kündigte eine Weisung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an, die Anträge von Bewerbern aus diesen beiden Staaten vorrangig zu
behandeln. Eine Einstufung als sichere Herkunftsländer würde die Bearbeitung der Asylanträge beschleunigen.

Entwicklugsminister Müller widerspricht Gabriel

Grünen-Chef Cem Özdemir sieht dies anders. Er wies die Forderung zurück, weitere Staaten in Nordafrika zu sicheren Herkunftsländern zu erklären. Es müsse zunächst um "funktionierende Rücknahmeabkommen" mit nordafrikanischen Ländern gehen, so Özdemir in den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. Die Bundesregierung sollte sich nach Ansicht des Grünen-Politikers aber auch stärker mit der Lage in den nordafrikanischen Ländern befassen. Deutschland und die Europäische Union hätten ein enormes Interesse an einer positiven demokratischen und wirtschaftlichen Entwicklung in diesen Staaten. Nötig sei daher eine "Nordafrika-Konferenz, die sich der Realität vor Ort annimmt".

SPD-Chef Sigmar Gabriel (l.) und Generalsekretärin Barley auf der Klausurtagung des SPD-Vorstands (Foto: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger)
SPD-Chef Sigmar Gabriel und Generalsekretärin Katarina Barley auf der Klausurtagung des SPD-VorstandsBild: picture-alliance/dpa/R. Hirschberger

Widerspruch kam auch von Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU). Er wies den Vorschlag Gabriels zur Kürzung von Entwicklungsgeldern bei mangelnder Bereitschaft zur Rücknahme abgelehnter Asylbewerber umgehend zurück. "Entwicklungsgelder zu kürzen halte ich für nicht zielführend, das führt nur zu mehr Flüchtlingen", sagte Müller. "Wer Berufsbildungsprojekte in Tunesien, Äthiopien oder Ägypten stoppt, schafft nicht Perspektiven, sondern Hoffnungslosigkeit." Der Minister erklärte, er wolle bei den Ursachen für Flucht ansetzen und dafür sorgen, "dass sich Menschen nicht auf den Weg zu uns machen müssen".

Barley: Asylverfahren müssen endlich schneller werden

Zumindest indirekte Kritik an der Arbeit des Bundesinnenministeriums übte jedoch auch die mitregierende SPD. Generalsekretärin Barley forderte, dass die Registrierung und Zuordnung der Flüchtlinge zu ihren jeweiligen Herkunftsländern sowie die gesamten Verfahrensabläufe "endlich schneller werden" müssten. "Wir müssen endlich dazu kommen, dass unsere Verwaltungsabläufe so funktionieren, wie sie das tun sollten", Barley im Deutschlandfunk.

Gabriel: Geschwindigkeit der Zuwanderung reduzieren

In der Debatte über eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen forderte Vizekanzler Gabriel zudem, die Geschwindigkeit der Zuwanderung zu reduzieren. "Weil wir sonst eine gute Integration nicht hinkriegen." Vor allem müssten die Außengrenzen der EU besser gesichert werden, "damit wir zu Kontingentübernahmen von Flüchtlingen kommen und wegkommen von der sozusagen sehr chaotischen Form der Zuwanderung", so Gabriel in den "Tagesthemen." Das Thema Flüchtlingspolitik steht auch im Mittelpunkt der aktuellen Klausurtagung des SPD-Vorstands in Nauen.

ww/as (AFP, epd)