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Galileo-Testsatellit erfolgreich gestartet

Sonja Lindenberg28. Dezember 2005

Der erste Testsatellit für das europäische Navigationssystem Galileo ist am Mittwoch von Baikonur ins All gestartet. Das Navigationssystem soll die Raumfahrt-Industrie wieder ankurbeln und Jobs schaffen.

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Galileo vor dem StartBild: dpa

Der Weg zu Europas eigenem Navigationssystem ist aber noch lang - denn 29 weitere Satelliten müssen noch in den Orbit. Sie sollen Signale etwa für Navigationssysteme und Mobiltelefone senden. Der jetzt gestartete Satellit soll Frequenzrechte sichern und neue Technologien testen, darunter die präziseste jemals ins All geschickte Atomuhr.

Das gemeinsame Projekt Galileo der EU und der ESA soll von dem rasant wachsenden Weltmarkt für Navigation von Schiffen, Autos und Flugzeugen profitieren. Aufgabe des Testsatelliten ist aber zunächst, die für die Konstellation der weiteren Galileo-Satelliten erforderlichen Messwerte zu liefern. 2010 soll Galileo dann voll funktionsfähig sein.

GPS mit Galileo Sat
Die Entwicklung der Galileo-Dienste soll Arbeitsplätze schaffenBild: AP

Investitionen sollen sich fünffach auszahlen

Die wirtschaftlichen Erwartungen an Galileo sind riesig und sollen der eher schwächelnden Raumfahrtindustrie auf die Beine helfen. Nach Angaben der ESA gehen Prognosen davon aus, dass jeder in Galileo investierte Euro sich mindestens fünffach rechnen wird. Bis zum Jahr 2020 wird mit rund 2,5 Milliarden Galileo-Nutzern gerechnet. Nach EU-Angaben könnten dadurch rund 140.000 Arbeitsplätze allein in Europa geschaffen werden. Neben dem Betrieb des Systems sollen vor allem neue Anwendungen und deren Entwicklung für einen entsprechenden Zuwachs sorgen.

Vom Boom der Navigationssysteme - vor allem für den privaten Gebrauch - könnte auch Galileo profitieren und die Nachfrage soll sogar noch zunehmen. Heute beläuft sich das Geschäft mit der Satellitennavigation Schätzungen zufolge auf gut 50 Milliarden Dollar. Bis 2020 sollen es mehr als 200 Milliarden Dollar sein.

Konkurrenz zu GPS

Schon deshalb will Europa auch ein Stück vom Kuchen abhaben. Europäer brauchen eine gute und wettbewerbsfähige Weltraumpolitik, erklärte auch EU-Kommissar Günter Verheugen anlässlich des ESA-Ministerratstreffen Anfang Dezember in Berlin. Mit dem Galileo-System will man sich vor allem von einem langjährigen US-Monopol befreien: Das vom amerikanischen Militär kontrollierte Global Positioning System (GPS) ist bisher der einzige Navigationsanbieter. Oft wurde dessen Verlässlichkeit angezweifelt. "Das liegt nicht daran, dass es nicht möglich ist, sondern daran, dass das Militär bestimmte Informationen nicht bereitstellen will", sagt Dominique Detain von der europäischen Raumfahrtorganisation ESA. Europäische Kritiker des GPS haben so auch immer wieder darauf hingewiesen, dass das US-Verteidigungsministerium während des Kosovo-Krieges das Signal verschlüsselte und so private Nutzer ausschloss. Galileo, das nur für die zivile Nutzung vorgesehen ist, soll Unternehmer wie Verbraucher nun unabhängiger machen.

Dabei scheuten die Europäer sich lange, Galileo als Konkurrenz für GPS zu präsentieren. Der französische Staatschef Jacques Chirac erklärte zuletzt aber, das europäische System sei "leistungsfähiger" und werde es Europa ermöglichen, bei dieser wichtigen Zukunftstechnik weltweit an der Spitze zu stehen.

Auf den Zentimeter genau

Ein Wanderer mit GPS in den Alpen
Auch in entlegenen Gebieten soll das Galileo-Signal empfangbar seinBild: dpa

Der Grund für Chiracs Zuversicht: Galileo soll GPS in punkto Genauigkeit übertreffen. Bis auf den Zentimeter genau soll die Positionsbestimmung im Extremfall erfolgen können. Eine Genauigkeit von einem Meter soll Standard sein, im Gegensatz zu 10 bis 15 Metern beim GPS. Die Galileo-Satelliten werden dafür den Äquator in einem Winkel von 56 Grad umkreisen. Jeweils neun Satelliten verteilen sich in gleichmäßigen Abständen auf drei verschiedenen Umlaufbahnen, für die sie 14 Stunden benötigen. Pro Umlaufbahn soll es einen Reserve-Satelliten geben.

Nach Berechnungen der ESA soll das ermöglichen, das jedermann überall in der Welt zu jeder Zeit Daten von mindestens vier Satelliten empfangen und so seine Position auf den Meter genau bestimmen kann. Der Winkel zum Äquator garantiert dies - anders als bei GPS - sogar in den für Europa besonders wichtigen nördlichen Breiten bis hin zur Polarregion.

Größtes europäisches Raumfahrtprojekt

Gemessen an den erhofften Erträgen sind die Investitionskosten relativ gering. Die Entwicklung kostete 1,1 Milliarden Euro - die wurden von der Europäischen Union und der Weltraumbehörde ESA gezahlt. Für die Aufbauphase sind weitere 2,2 Milliarden Euro vorgesehen, von denen rund 1,5 Milliarden vom privaten Galileo-Betreiber aufgebracht werden sollen. Die Kosten für den laufenden Betrieb nach dem Jahr der Fertigstellung - also nach 2010 - werden mit 220 Millionen Euro jährlich kalkuliert.

Kostenpflichtige Zusatzdienste

Die Galileo-Satelliten sollen dabei ein kostenloses Basissignal aussenden. Jeder Besitzer eines GPS-Empfängers kann dieses Signal zur Navigation nutzen - es wird nach jüngsten Vereinbarungen mit den USA mit dem GPS kompatibel sein. Der Nutzer merkt also gar nicht von welchem Satelliten er sein Signal erhält.

GPS Navigation in Paris
Mit neuen Zusatzdiensten wie Stauwarnsystemen soll Galileo Geld machenBild: AP

Den größten Gewinn rechnen sich die Betreiber mit kostenpflichtigen Zusatzangeboten aus. Kommt der Geldsegen bisher vor allem aus dem Verkauf von Navigationsgeräten, soll künftig der Umsatzanteil der Serviceleistungen stark anwachsen. Bis 2020 sollen sie mehr als 40 Prozent des Umsatzes im gesamten Navigationssystem-Geschäft ausmachen.

Eine solche Service-Leistung ist beispielsweise ein sehr präzises Signal, das der Luftfahrt zur Verfügung gestellt werden soll. Aber auch im Straßenverkehr sollen Frühwarnsysteme für Staus weitere Absatzmöglichkeiten bieten. Darüber hinaus soll noch ein Signal für Sicherheitsanwendungen und Rettungsdienste gesendet werden und eins für "öffentliche Institutionen". Dies wird verschlüsselt ausgestrahlt und soll dazu dienen, Regierungen und Hilfsorganisationen auch in Krisen eine Navigation zu ermöglichen. Denn dann kann auch das offene Basissignal - wie beim GPS - aus Sicherheitsgründen gedämpft werden.