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Politik

Gemeinsam die europäische Verteidigung stärken

Zehn Abgeordnete aus Deutschland und Frankreich
7. März 2019

Nicht nur wirtschaftlich, sondern auch militärisch gilt: Europa agiert entweder gemeinsam oder es wird zum Spielball Dritter, meinen zehn Abgeordnete der Französischen Nationalversammlung und des Deutschen Bundestages.

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Deutschland Deutsch-Französische Brigade
Bild: picture alliance/dpa/P. Seeger

In welcher Welt möchten wir im Jahre 2040 leben? Die europäischen Staaten befinden sich heute an einer Weggabelung: Wenn wir es nicht schaffen uns im Kollektiv zu organisieren und mit einer gemeinsamen Verteidigungsstrategie auf der internationalen Bühne aufzutreten, werden wir morgen zum Spielball. Und zwar zum Spielball derjenigen Staaten, die bereits heute einen aggressiven außenpolitischen Kurs fahren, um ihre Vormachtstellung auszubauen. Drei Monate vor den Europawahlen müssen nicht nur die Parteien, sondern auch die Bürger Europas das Ausmaß dieser Herausforderung erkennen.

Die internationalen Machtverhältnisse, wie sie sich nach Ende des Kalten Krieges eingespielt hatten, werden gegenwärtig neu geordnet. Zuletzt wurde das vor wenigen Wochen bei der Münchner Sicherheitskonferenz deutlich. Das internationale System wankt durch neue Akteure, die darauf drängen ihre Machtstellung auszubauen, sowie durch die Außenpolitik der amtierenden US-Regierung. Dabei erfordert die Bedrohung Europas durch neue Mittelstreckenraketen Russlands ein geeintes Vorgehen mit dem Ziel, eine Zone gemeinsamer und uneingeschränkter Sicherheit zu bewahren. Europa hat ein zentrales Interesse am Fortbestehen von internationalen Verträgen wie dem INF-Abkommen und dem Atomabkommen mit dem Iran, die zur Stabilität und Stärkung internationaler Rüstungskontrolle beizutragen.

Kooperation ist Pflicht

Internationale Sicherheit ist die Basis, um globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder die digitale Revolution gemeinsam zu bewältigen. Dabei laufen unsere Armeen und Industrien Gefahr technologisch abgehängt zu werden. Kooperation ist deswegen nicht mehr bloß eine Option, sondern Pflicht. Kein EU-Staat allein kann die notwendigen Kapazitäten für seine Verteidigung aufbringen. Zudem entstehen - laut Schätzungen der EU-Kommission - durch fehlende Zusammenarbeit im Verteidigungs- und Sicherheitssektor jährlich vermeidbare Kosten von rund 30 Milliarden Euro in den EU-Staaten an.

Frankreich, Paris: Staatsbesuch Angela Merkel trifft Emmanuel Macron
Die deutsche Bundeskanzlerin und der französische Staatspräsident: Angela Merkel und Emmanuel MacronBild: Getty Images/AFP/L. Marin

Durch Anstöße von Angela Merkel und Emmanuel Macron hat sich Europa bereits für kommende Herausforderungen in Stellung gebracht. Die gemeinsame Verteidigungs- und Sicherheitspolitik wurde durch verschiedene gemeinsame Maßnahmen vertieft: Neben einem Europäischen Verteidigungsfonds (13 Milliarden Euro von 2021 bis 2027), wurde eine ständige strukturierte Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation - PESCO) geschaffen, die mit Hilfe der erhöhten Verteidigungsbudgets eine bessere Koordination der Armeen sowie die gemeinsame Entwicklung von Cyber-Kompetenzen anstrebt.

Konkrete Projekte dieser Zusammenarbeit sind ein gemeinsames Hauptquartier und ein europäisches Ausbildungszentrum für Piloten des taktischen Lufttransports. Außerdem wurde von neun Staaten, darunter Großbritannien, eine Initiative (European Intervention Initiative - EI2) unterzeichnet, die darauf abzielt, eine europäische strategische Kultur und engeres gemeinsames militärisches Handelns zu fördern. Auf beiden Seiten des Rheins muss aber weiterhin klar sein, dass europäische Verteidigungskooperation nicht mit der NATO konkurriert, sondern zum Ziel hat, diese zu stärken.

Tragweite der Verteidigungsfrage erkannt

Frankreich und Deutschland haben die Tragweite der Verteidigungsfrage erkannt. Beide Länder haben begonnen, verstärkt zu investieren und Grundpfeiler für kommende Kooperationen zu schaffen. Aktuelle Beispiele dafür sind die gemeinsame Planung eines zukünftigen Luftkampfsystems sowie die Konstruktion eines neuen Panzermodells. Diese Systeme sollen in Zukunft unsere militärische Sicherheit am Boden sowie in der Luft sichern.

Frankreich - Parade zum Nationalfeiertag
Die nächste Panzer-Generation muss ein europäisches Gemeinschaftsprojekt seinBild: Getty Images/AFP/L. Marin

Das ist jedoch nicht genug: Wir müssen neue Projekte auf den Weg bringen, um die Autonomie, Strategiefähigkeit und letztlich die Existenz Europas zu gewährleisten. Beispielsweise benötigen wir  im Bereich der Raumfahrt ambitionierte Programme, um über unabhängige Sicherheits- und Aufklärungskapazitäten zu verfügen. Und hierfür ist es unverzichtbar, künftige europäische Trägerraketen gemeinsam zu entwickeln.

Partnerschaft bedeutet auch Abhängigkeit

Solche Projekte können nur in gleichberechtigten und nachhaltig angelegten Partnerschaften entstehen, in denen gegenseitige Abhängigkeiten bewusst akzeptiert werden. Hier gilt es den verengten Fokus auf die eigenen, nationalen Industrieanteile im Sinne einer Politik der "juste retour" zu überwinden und in einem europäischen Rahmen zu denken: Es ist zwar legitim, dass Staaten auch Anteile gemäß ihrer jeweiligen Beiträge zu gemeinsamen Programmen fordern. Allerdings darf diese Denkweise nicht zu Lasten wirtschaftlicher Effizienz gehen. Darüber hinaus müssen wir im Geiste des Aachener Vertrages Wege finden, unsere Ansichten über den Rüstungsexport zusammenzuführen.

Mehr denn je haben wir, als Europäer, ein gemeinsames Interesse daran, zusammen Antworten auf die Bedrohungen unseres Kontinents zu finden. Um auf der Weltbühne weiterhin eine starke, richtungsweisende und vor allem einige Rolle zu spielen, müssen wir uns der Herausforderung intensiver Zusammenarbeit stellen.

 

Autoren dieser Gastkolumne sind die Abgeordneten der Französischen Nationalversammlung Jean-Charles Larsonneur, Christophe Arend, Thomas Gassilloud und Sereine Mauborgne (alle LREM) sowie die Mitglieder des Deutschen Bundestages Andreas Jung (CDU), Nils Schmid (SPD), Roderich Kiesewetter (CDU), Michael Georg Link (FDP), Reinhard Brandl (CSU) und Christian Petry (SPD).