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Gemeinsam für eine Zukunft der Welterbestätten

Rüdiger Strempel / Jacques Trouvilliez 5. Juli 2015

In Bonn tagt derzeit das UNESCO-Welterbekomitee. Schön und schützenswert - so finden Rüdiger Strempel und Jacques Trouvilliez die neuen Welterbestätten, die als Naturschätze in die Liste aufgenommen wurden.

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Gastkommentar Wattenmeer (Foto: UN)
Bild: JKam/CWSS

Wer UNESCO-Welterbe hört, denkt in der Regel an mittelalterliche Städte, Paläste, Kathedralen, Tempel und andere Baudenkmäler. Aber auf der UNESCO-Liste wurden auch 200 Orte aufgenommen, aufgrund ihrer Bedeutung als Naturerbe.

Zu den Naturerbestätten gehört zum Beispiel das Wattenmeer: ein ausgedehntes Feuchtgebiet, das sich grenzüberschreitend auf 11.000 Quadratkilometern entlang der Küsten Dänemarks, Deutschlands und der Niederlande erstreckt. Es ist Heimat für tausende von Robben und liefert lebenswichtige Ressourcen für Millionen von wandernden Wasservögeln. Für wandernde Vögel ist das Wattenmeer eine Zwischenstation, auf der sie für ihre Reise von den Brutgebieten in der Arktis zu den Überwinterungsgebieten in Afrika Energie tanken können.

Naturerbestätten sind voneinander abhängig

Anders also als die meisten Kulturstätten, die oft für sich alleine stehen, sind Naturerbestätten, die von wandernden Tierarten genutzt werden. Angesichts dieser wechselseitigen Abhängigkeit, sind das Welterbe Wattenmeer und das mauretanische Banc d'Arguin eine Partnerschaft eingegangen, da beide entlang des ostafrikanischen Vogelzugwegs liegen. Obgleich die beiden Gebiete sich tausende von Kilometern voneinander entfernt auf zwei verschiedenen Kontinenten befinden, sind sie doch untrennbar miteinander verbunden, denn sie werden tatsächlich von denselben Vögeln aufgesucht - in unterschiedlichen Phasen der jährlichen Wanderung der Tiere.

Das Wattenmeer hat von der engen Zusammenarbeit zwischen den Behörden der drei Anrainerstaaten profitieren können, wodurch etwa die Seehundpopulationen auf Rekordgröße anwuchsen. Grund zur Selbstzufriedenheit besteht gleichwohl nicht. Manche Arten nehmen in ihrem Bestand immer noch ab und die Gründe dafür sind alles andere als klar. Möglicherweise sind diese Gründe nicht im Wattenmeer selber, sondern anderswo entlang der Zugwege der Vögel zu suchen. Falls dies so ist, verdeutlicht es erneut, wie wichtig es ist, den gesamten Zugweg zu beachten. Wenn schon ein etabliertes, finanziell gut ausgestattetes und gut gemanagtes Gebiet wie das Wattenmeer mit Problemen zu kämpfen hat, bietet dies Anlass zu erheblicher Sorge um die Zukunft weniger begünstigter Gebiete.

Gastkommentar Rüdiger Strempel und Jacques Trouvilliez
Rüdiger Strempel (links) und Jacques TrouvilliezBild: UNEP/CMS

Eine Lösung könnte darin bestehen, den partnerschaftlichen Ansatz weiter auszudehnen, indem die Brutgebiete in der Arktis mit weiter südlich in Afrika gelegenen Überwinterungsgebieten verbunden würden. Ziel wäre die Entwicklung eines koordinierten Monitorings und Managements der gemeinsamen Populationen entlang des Zugweges.

Kronjuwelen von universellem Wert

Die 1.000 auf der UNESCO-Liste befindlichen Stätten sind die Crème de la Crème, Kronjuwelen von universellem Wert. Dies gilt für die Naturerbestätten in gleichem Maße wie für das Kulturerbe. Im Hinblick auf ihre Qualität und weltweite Bedeutung überragen sie gängige Nationalparks, Naturreservate und Schutzgebiete bei weitem.

Doch selbst diese Schätze nehmen Schaden. Und so führt die UNESCO eine Liste des gefährdeten Welterbes, das durch menschliches Handeln oder Naturkatastrophen bedroht ist. Derzeit befinden sich 46 Stätten auf dieser Liste und das Welterbekomitee wird in Bonn die Aufnahme weiterer gefährdeter Stätten diskutieren. Es gab sogar den Vorschlag, das australische Great Barrier Reef auf diese Liste zu setzen. Zuvor fanden schon die Galapagos-Inseln, die erste Naturerbestätte überhaupt, berühmt durch ihre Verbindung mit Darwin und ihre einzigartige Flora und Fauna, Aufnahme in die Liste des gefährdeten Welterbes. Gründe waren das Vordringen invasiver Arten, die zu hohe Zahl an Touristen und andere vom Menschen ausgehende Belastungen. Es ist nun einmal so: Wenn mit Sahne nicht richtig umgegangen wird, wird sie sauer.

Der Status als Welterbe schafft Mehrwert

Die Nordseeküste Dänemarks, Deutschlands und der Niederlande zieht seit langem Urlauber an. Der UNESCO-Welterbe-Status hat die Anziehungskraft noch weiter erhöht und sich als nützlich bei der Vermarktung des Gebietes als Reiseziel erwiesen. Die Anerkennung durch die UNESCO ist auch hilfreich, wenn es darum geht, Mittel einzuwerben. Auch die Zusammenarbeit mit der Tourismusindustrie hat sich als nützlich erwiesen, da diese darauf bedacht ist, ihre Umweltfreundlichkeit unter Beweis zu stellen und dabei mithilft, ein breiteres Publikum für den Naturschutzgedanken zu gewinnen.

Welterbestätten sind um ihres eigenen Wertes willen schützenswert. Sie geben der örtlichen Bevölkerung etwas, worauf sie stolz sein kann. Sie sind ein Zeugnis menschlicher Leistungen und der Schönheit und Vielfalt der Natur. Selbst für die Banausen unter uns können sie auch einen enormen finanziellen Wert haben: Denn sie schaffen Arbeitsplätze und Einkommen, das dankenswerterweise unter dem Gesichtspunkt des Schutzes oft nachhaltig und nicht-konsumtiv erwirtschaftet wird. Und genau so muss es auch sein, wenn die Glaubwürdigkeit des Welterbe-Status erhalten bleiben soll.

Rüdiger Strempel ist Sekretär des Gemeinsamen Wattenmeersekretariats (CWSS) mit Sitz in Wilhelmshaven. Jacques Trouvilliez ist Exekutivsekretär des Abkommens zur Erhaltung afrikanisch-eurasischer wandernder Wasservögel (AEWA), mit Sitz in Bonn.