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Politik

Wer entscheidet über die Schlacht um Idlib?

Kommentarbild PROVISORISCH | Rainer Hermann, FAZ & Klett-Cotta
Rainer Hermann
1. September 2018

Nicht Syriens Machthaber Assad allein hat das Schicksal von Idlib in der Hand. Ohne die Unterstützung aus Teheran und Moskau könnte er nichts erreichen, meint Rainer Hermann von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Syrien Luftangriffe in Idlib
Schon vor Beginn der geplanten Schlacht um Idlib gibt es heftige Luftangriffe auf die StadtBild: picture-alliance/abaca/A. Rahal

In Idlib will der syrische Machthaber Assad seinen Siegeszug fortsetzen. Zwar kontrolliert das Damaszener Regime erst 58 Prozent des syrischen Territoriums. Die Kurden halten - unterstützt durch die USA - 25 Prozent, und die Rebellen kontrollieren mit Hilfe der Türkei elf Prozent. Der Rest ist weiterhin in der Hand des sogenannten "Islamischen Staates" (IS). Doch das Momentum ist eindeutig auf der Seite des Regimes: Wann immer seine von Iran gesteuerten Milizen im Verbund mit russischen Kampfflugzeugen Gegenden erobert und Rebellen vertrieben haben, wurden diese nach Idlib umgesiedelt.

Auslöser einer neuen Fluchtwelle

Nun ist das Regime entschlossen, auch Idlib zurückzuerobern. Dadurch würde es die letzte Rebellenhochburg beseitigen und den Korridor von Aleppo ans Mittelmeer wiederherstellen. Gegenwärtig wohnen 3,5 Millionen Menschen in der Provinz Idlib, von ihnen sind eine Million Binnenflüchtlinge. Für sie verheißt die bevorstehende Schlacht, die im kleinen bereits begonnen hat, nichts Gutes. Denn Assad wird nicht müde zu betonen, dass das künftige Syrien eine homogene Gesellschaft brauche - was nichts anderes heißt, als dass die sunnitischen Aufständischen gegen seine Herrschaft in diesem Land keinen Platz mehr haben werden. Zudem war gerade Idlib zu Beginn des Bürgerkrieges vor sieben Jahren eines der wichtigsten Zentren für den Aufstand, was Racheaktionen befürchten lässt.

Autor Rainer Hermann
Rainer Hermann ist Redakteur bei der Frankfurter Allgemeinen ZeitungBild: picture-alliance/dpa

Die Türkei, die in Idlib zwölf militärische Posten unterhält, spricht nun auf russisches Drängen hin mit den bewaffneten Aufständischen, dass diese im Gegenzug für ihre Wiedereingliederung in die Gesellschaft die Waffen niederlegen. In anderen Provinzen, etwa Daraa, hat sich das Regime jedoch nicht an die Vereinbarungen gehalten und viele reumütigen Rebellen dennoch verhaftet und getötet. Sollten die Aufständischen nicht auf das vergiftete Angebot eingehen, bliebe ihnen aber nur die Flucht in die benachbarte kurdische Provinz Afrin, die protürkische Milizen besetzt halten, oder gleich in die Türkei, was Ankara auf jeden Fall vermeiden will.

Moskau muss sich entscheiden

Daher setzt die Türkei auf den Einfluss des russischen Präsidenten Putin auf Assad. Putin will die Türkei enger an sich binden und muss der Türkei dafür etwas liefern. Die Türkei will sich nicht aus Syrien zurückziehen und hofft sogar, auf Dauer Kontrollmacht über Teile Nordsyriens zu bleiben. Das geht aber nur mit russischer Hilfe. Und so muss sich Moskau entscheiden, ob es in Idlib Assads neuen Feldzug unterstützt und mit einer neuen Flüchtlingswelle die Türkei destabilisiert oder ob es ein Blutbad verhindert und damit der Türkei hilft.

Eine Rolle spielt dabei der zunehmende Interessengegensatz zwischen Russland und Iran. Russland hat inzwischen die syrische Restarmee weitgehend unter seine Kontrolle gebracht, Iran aber hat großen Einfluss auf die mächtigen syrischen Geheimdienste, denen die kampferprobten Milizen unterstehen. Moskau will nun auch diese unter seine Kontrolle bringen. Gelingt das, hätte Moskau großen Einfluss darauf, ob es in Idlib ein Blutbad geben wird oder nicht.