1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Geburtshilfe per SMS

Emily Richmond, Samantha Early4. August 2013

In den ländlichen Gebieten von Osttimor haben schwangere Frauen nur schwer Zugang zur Gesundheitsversorgung. Ein neues Programm will Abhilfe schaffen: Liga Inan verbindet Mütter und Hebammen per Mobiltelefon.

https://p.dw.com/p/19EFh
Hebamme Mana Justa erklärt einer werdenden Mutter die Smartphone-App. (Foto: Emily Richmond)
Ost Timor - Neue Smartphone-App für MütterBild: DW/E. Richmond

Das erste, was beim Besuch des Entbindungsheims "Prinz von Monaco" im ländlichen Same in Osttimor auffällt, ist der Mangel an elektronischen Geräten. Es gibt hier keine Computer, EKG-Monitore oder Klimaanlagen. Doch dann ertönt ein sehr modernes Geräusch: Ein brandneues Smartphone piept - eine SMS ist eingegangen.

Die Nachricht ist für Mana Justa bestimmt, eine Hebamme mit 20 Jahren Erfahrung. "Es ist eine Patientin, die jetzt entbinden will", erklärt Justa. Sie ruft ihren Kollegen die Details der Patientin zu, die den Namen der Frau und ihre Identifikationsnummer in die Datenbank eingeben.

Innerhalb kürzester Zeit hat das Team die ganze Vorgeschichte der Frau auf den Schirm geholt. Sie werden sie nun auf ihrem Mobiltelefon zurückrufen und gemeinsam überlegen, wie die Frau am besten in die Klinik kommt.

Vor einem Jahr wäre die Frau noch auf sich alleine gestellt gewesen.

Hohe Müttersterblichkeitsrate bekämpfen

Seit Osttimor 2002 von Indonesien unabhängig wurde, bemüht sich das Land, das Gesundheitssystem zu verbessern. Die staatliche Gesundheitsversorgung ist kostenlos, aber die Müttersterblichkeitsrate ist weiterhin hoch: In dem Land mit 1,2 Millionen Einwohnern sterben 557 von 100.000 gebärenden Müttern. Zum Vergleich: Deutschland mit einer Einwohnerzahl von rund 80 Millionen hat eine Rate von sieben auf 100.000 Gebärenden. Auch die Kindersterblichkeit ist hoch: In Osttimor sterben 22 von 1000 Neugeborenen bei der Geburt.

Weniger als die Hälfte der Geburten werden von einem Arzt oder einer Hebamme begleitet; 32 Prozent der Geburten finden in einer Klinik statt. Die meisten Frauen - 93 Prozent - haben allerdings mindestens einen Nachsorgetermin wahrgenommen. Frauen haben im Schnitt sechs Kinder.

Familie aus Osttimor in einer Klinik in der Kleinstadt Same. (Foto: Emily Richmond)
Die werdenden Mütter haben durch Liga Inan einen besseren Zugang zu GesundheitsdienstenBild: Emily Richmond

Auch wenn viele der Frauen in ländlichen Gebieten weit abseits von Krankenhäusern leben, haben 69 Prozent von ihnen ein Mobiltelefon. Die meisten von ihnen senden mindestens eine SMS pro Tag, und fast alle von ihnen haben Handyempfang zu Hause oder können innerhalb von fünf Minuten Orte zu Fuß erreichen, in denen sie Empfang haben.

Das Programm der Liga Inan - die Mobilen Mütter - setzt auf Technologie, um werdende Mütter mit Gesundheitsversorgern zusammenzubringen, um damit die Wahrscheinlichkeit für eine gesunde Schwangerschaft und Geburt zu erhöhen. Finanziert wird das Programm von USAID; umgesetzt wird es von der Nichtregierungsorganisation Internationale Gesundheitsallianz und der Softwarefirma Catalpa International in Zusammenarbeit mit Osttimors Gesundheitsministerium.

Einfache Nachrichten, großer Effekt

Im Manufahi-Stadtteil, in dem das Liga-Inan-Programm seinen Anfang nahm, werden schwangere Frauen von Beginn ihrer Schwangerschaft an ins Programm aufgenommen. Sie erhalten zweimal pro Woche eine SMS mit Hinweisen zu ihrem jeweiligen Schwangerschaftsstadium - wie etwa die Erinnerung, Eisentabletten einzunehmen.

Die betreuenden Hebammen können ebenfalls Nachrichten an ausgewählte Patientinnengruppen senden und informieren sie so zum Beispiel über anstehende Impftage in ihrem Dorf. Solche Informationen bekommen Schwangere sonst in einem persönlichen Gespräch mit einem Arzt oder einer Hembamme. Ziel ist, dass sich die werdenden Mütter mit dem Fortgang ihrer Schwangerschaft beschäftigen und wissen, auf welche Probleme sie achten sollten.

Und die Kommunikation ist nicht einseitig: Die schwangeren Frau können jederzeit eine kostenlose SMS schicken und werden dann innerhalb weniger Minuten von einer Hebamme zurückgerufen.

Mana Justa, leitende Hebamme in der Monaco Klinik in Same, Osttimor (Foto: Emily Richmond)
Hebamme Mana Justa bleibt per SMS mit ihren Patientinnen in KontaktBild: Emily Richmond

Die 19-jährige Henera Monica Da Costa, die gerade ihr erstes Kind geboren hat, nahm diesen Service in Anspruch. Zwei Tage vor der Geburt bekam sie sehr hohes Fieber und Husten. Glücklicherweise hatte sie sich an die Informationen erinnert, die sie von Liga Inan bekommen hatte. Sie schickte eine SMS an ihre Hebamme, um sie über ihre Symptome zu informieren.

"Die Hebamme ist sofort zu ihr gefahren und hat gesehen, dass ihr Zustand nicht gut war. Die Hebamme hat dann einen Rettungswagen geschickt, sie wurde hierher ins Krankhaus gebracht. Und heute war die Entbindung", berichtet Hebamme Mana Justa.

Für schwangere Frauen in abgelegenen Gebieten Osttimors wie Da Costa stehen dank des Liga Inan Programms wichtige Ressourcen per Knopfdruck zur Verfügung, zu denen sie sonst keinen Zugang hätten. Das kann für Mutter und Kind den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten.