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Geburtstag eines Autokraten

6. Juli 2010

Menschenrechtsorganisationen kritisieren seinen politischen Stil, aber die internationale Gemeinschaft kann auf Kasachstan als Verbündeten nicht verzichten. In dieser Woche wurde Präsident Nasarbajew 70 Jahre alt.

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Nursultan Nasarbajew (Foto: dpa)
Seit 20 Jahren Präsident von Kasachstan: NasarbajewBild: dpa - Report

Das größte Geschenk bekam Nursultan Nasarbajew von den Abgeordneten des linientreuen kasachischen Parlaments. Rechtzeitig zum runden Geburtstag (06.07.2010) wurde ihm der Titel "Führer der Nation" verliehen. Das klingt nach Heldenverehrung und spiegelt die Rolle, die Nasarbajew in Kasachstan spielt, gut wieder. Der autokratische Führer, der vor 70 Jahren als Sohn eines Schäfers geboren wurde, behauptet sich schon seit fast 20 Jahren im Präsidentenamt. Aber der Titel "Führer der Nation" birgt auch einen Freibrief, denn sowohl sein Träger als auch dessen gesamte Verwandtschaft sind damit Zeit ihres Lebens vor Strafverfolgung oder Enteignung geschützt.

Rohstoffe sichern seine Macht

Nursultan Nasarbajew und Dmitri Medwedew (Foto: AP)
Mit Russland verbinden Kasachstan strategische und wirtschaftliche InteressenBild: AP

Nicht, dass sich Nasarbajew Sorgen machen müsste. Seine Herrschaft über Kasachstan steht auf sicherem Fundament. Die Beziehungen zum mächtigen Nachbarn Russland sind ausgezeichnet. Dank der großen Rohstoffreserven in Kasachstan geht es dem Land wirtschaftlich gut und innenpolitischen Widerstand hat Nasarbajew schon immer im Keim erstickt.

Der Präsident kontrolliert die Medien im Land und hält die offizielle politische Opposition an der kurzen Leine. Seine Gegner werfen ihm regelmäßig Unterdrückung, Amtsmissbrauch und Korruption vor, allerdings ohne ihn ernsthaft zu gefährden. Jetzt befürchtet die Opposition, dass die Ernennung des Präsidenten zum "Führer der Nation" der erste Schritt zur Abschaffung der Wahlen in Kasachstan ist.

Vorwürfe ohne Konsequenz

Wahlen in Kasachstan (Foto: AP)
Bei Wahlen in Kasachstan hat bisher immer Nasarbajews Partei haushoch gewonnenBild: AP

Zuletzt wurde in Kasachstan im August 2007 gewählt. Die Regierungspartei gewann damals alle verfügbaren Sitze im Parlament, keine der Oppositionsparteien konnte die geltende 7-Prozent-Hürde überwinden. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erklärte damals, die Wahl habe vor allem bei der Stimmenauszählung nicht den internationalen Standards entsprochen. Die Oppositionsparteien im Land sprachen von massiven Manipulationen.

Auch auf anderen Gebieten wird dem zentralasiatischen Staat undemokratisches Gebaren vorgeworfen. So nennt die unabhängige NGO Transparency International Kasachstan eins der korruptesten Länder der Welt. Die Regierungen der westlichen Welt halten sich mit Kritik dagegen auffällig zurück, und dieselbe OSZE, die die Wahlen 2007 kritisiert hat, überlässt Kasachstan in diesem Jahr den Vorsitz. Beim Nukleargipfel im vergangenen April in Washington lobte US-Präsident Barack Obama Nasarbajew sogar als "beispielhaften Staatsmann" in der Nuklearfrage.

Gipfel in Astana geplant

Astana (Foto: Stefano Grazioli)
Mitten in der kasachischen Steppe hat Nasarbajew seine Hauptstadt der Superlative aus dem Boden gestampftBild: Stefano Grazioli

Für Kasachstans 70-jährigen Präsidenten ist die internationale Anerkennung eine Bestätigung seiner Linie. Als Kasachstan zum Jahresanfang den OSZE-Vorsitz übernahm, kündigte er an, die Reform der zerstrittenen Organisation vorantreiben zu wollen. Ein illustrer Gipfel in der von Nasarbajew erschaffenen Hauptstadt Astana soll die OSZE-Mitglieder wieder miteinander versöhnen. Dieses Projekt wird von vielen Diplomaten als vorbereitungsintensiv und unnötig teuer kritisiert. Für Nasarbajew wäre es aber die Krönung seines Prestigestrebens. Denn so könnte er seinem Land und seiner Regierung noch mehr internationales Standing verschaffen.

Schon jetzt kann sich Kasachstans Präsident auf die stillschweigende Unterstützung des Westens verlassen. Die ehemalige Sowjetrepublik mit ihrem autokratischen Herrscher ist eins der wenigen stabilen Länder in der unruhigen Region. Sowohl die Nähe zu Afghanistan, als auch die unermesslichen Reserven an Öl und Gas machen Kasachstan zu einem strategisch wichtigen Partner.

Autorin: Nicola Reyk
Redaktion: Esther Broders