Gedenkmarsch für Boris Nemzow
27. Februar 2016Ein Jahr nach der Ermordung des Regierungskritikers Boris Nemzow haben sich Tausende Anhänger der russischen Opposition in Moskau zu einem Gedenkmarsch versammelt. Ein Großaufgebot der Polizei kontrollierte den Beginn der Kundgebung und hat für das Moskauer Zentrum weiträumige Straßensperrungen angekündigt. Für den Marsch hatten die Behörden nur eine Route genehmigt, die nicht am Tatort vorbeiführt. Allerdings wollen viele Teilnehmer vor und nach der Kundgebung Blumen auf der Brücke niederlegen, auf der Nemzow erschossen worden war.
In mehr als 50 anderen Städten in Russland und im Ausland waren ebenfalls Gedenkveranstaltungen geplant, darunter in Berlin, München und Köln. Die Bluttat hatte damals international Entsetzen ausgelöst.
Nemzowa: "Putin ist persönlich verantwortlich"
Am ersten Todestag des Kremlkritikers erhob dessen Tochter Zhanna Nemzowa erneut schwere Vorwürfe gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. "Putin mache ich politisch für das Attentat verantwortlich", sagte die 31-Jährige in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "Zum einen, weil der Mord überhaupt passieren konnte, noch dazu an einem der wohl am besten gesicherten Plätze der Welt", erklärte Nemzowa. Zudem habe Putin ihren Vater "mit seiner Propaganda-Maschine" öffentlich massiv unter Druck gesetzt. "Und drittens machte der Präsident die Ermittlungen zur Chefsache", ergänzte die Tochter des Ermordeten. Ähnlich hatte sich Nemzowa bereits zuvor in einem Interview der Deutschen Welle geäußert. Seit Mitte vergangenen Jahres ist die 31-Jährige auch als DW-Mitarbeiterin tätig.
Welche Rolle spielte Kadyrow?
Der ehemalige russische Vizeregierungschef Nemzow war am 27. Februar 2015 in Sichtweite des Kremls auf offener Straße hinterrücks erschossen worden. Obwohl mehrere Verdächtige aus Tschetschenien in Untersuchungshaft sitzen, gelten die Hintergründe als ungeklärt.
"Diese Version soll meines Erachtens aber nur ablenken von Figuren mit wesentlich höherem Rang in Tschetschenien", sagte Nemzowa. Daher fordere sie auch, "dass der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow vor Gericht aussagen muss und dass es eine internationale Kontrolle der Ermittlungen gibt". Kadyrow habe wiederholt Oppositionelle wie ihren Vater öffentlich als Volksverräter beschimpft.
cw/sti (dpa, afpe)