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Gefährlicher Durchbruch

Daniel Scheschkewitz13. Februar 2007

Der Durchbruch bei den Atomgesprächen mit Nordkorea ist mit Skepsis zu betrachten, meint Daniel Scheschkewitz. Der Poker hat sich bisher für Nordkorea gelohnt. Das Spiel könnte weitergehen.

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Nach jahrelangen Verhandlungen haben die Sechs-Parteien-Gespräche in Peking zu ersten greifbaren Ergebnissen geführt. Im Gegenzug für die Lieferung von einer Million Tonnen Heizöl und einer Million Kilowatt Strom soll sich die kommunistische Führung von Nordkorea zum Verzicht auf ihr Atomprogramm bereit erklärt haben. Doch bei aller Genugtuung über den anscheinenden Fortschritt ist Vorsicht geboten. Es wäre das erste Mal, dass eine Atommacht ihr Faustpfand wieder hergibt.

Lebensverlängernd

Im Herbst hatte das Regime in Pjöngjang einen Atomtest durchgeführt und die internationale Staatengemeinschaft damit nicht nur vor den Kopf gestoßen, sondern auch ein Stück weit erpressbar gemacht. Daran hat auch die rasche Verhängung von Sanktionen und die Verurteilung durch den UN-Sicherheitsrat nichts ändern können. Das zeigt auch das jetzige Verhandlungsergebnis. Der Atompoker hat sich für Kim Jong Il durchaus gelohnt und im Iran wird man die Entwicklung sorgfältig beobachtet haben. Schließlich wird Nordkorea der Verzicht auf seine - nach allem was wir wissen - bescheidene Nuklearmacht mit großzügigen Energielieferungen vergolten. Was für das politische Regime des verarmten Landes einer lebensverlängernde Wirkung haben dürfte.

Pjöngjang hat nun innerhalb eines halben Jahres erreicht, was die US-Regierung 2001 noch kaltschnäuzig verweigert hatte. Damals war der verhandlungsbereite frühere Außenminister Colin Powell von den Hardlinern in Washington zurückgepfiffen worden. Bush brandmarkte Nordkorea als Achsenglied des Bösen. Die Einwilligung Amerikas in die Kompensationslösung, und um nichts anders handelt es sich, wäre ohne den schleichenden Machtverlust den Bush seit den Novemberwahlen erlitten hat, auch kaum vorstellbar. Schließlich haben jetzt die Demokraten im US-Senat das Sagen. Und die hatten schon 1994 unter Präsident Clinton ein Abkommen mit Nordkorea ausgehandelt, das von dem Regime allerdings systematisch unterlaufen wurde.

Es bleiben viele Fragen

Auch jetzt ist durchaus Skepsis angebracht. Zwar haben die Unterhändler der Sechs-Parteien-Gespräche durchaus Sicherheitsgarantien in das Abkommen eingebaut - so soll die Masse der Energiezusagen erst eingelöst werden, wenn Nordkorea seine Plutoniumanlage im Reaktor Yongbyon unschädlich gemacht und den Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde wieder Zutritt zu seinen Atomanlagen gewährt hat. Doch es bleiben viele Fragen. Nirgendwo ist geregelt, was mit den existierenden Nuklearsprengköpfen geschehen soll, von denen Nordkorea bis zu einem Dutzend besitzen könnte. Hier muss nachverhandelt werden, sonst dürfte das Abkommen in Washington auf ernsten Widerstand stoßen.

Schon jetzt laufen Falken wie der frühere UN-Botschafter John Bolton Sturm gegen den Verhandlungskompromiss. Die Risiken dürfen tatsächlich nicht unterschätzt werden. Denn auch wenn Pjönjangs Atomsprengköpfe derzeit kaum jemand konkret bedrohen, weil sie sich nicht auf Raketen montieren lassen, bleibt die viel größere Gefahr der Weiterverbreitung nuklearen Know-hows. Dieser Gefahr könnte am besten begegnet werden, wenn die USA jetzt auch die politischen Beziehungen zu Nordkorea schnellstmöglich normalisierten. Austausch schafft Vertrauen und Vertrauen und sorgt für zu mehr Transparenz. Wenn dies der eingeschlagene Weg sein sollte, kann der vermeintliche Durchbruch von Peking noch zu einem echten diplomatischen Erfolg werden. Bis dato ist der erzielte Kompromiss jedoch bestenfalls ein Etappenerfolg.