1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gefährliches Erbe

Vitalij Volkov / Ute Schaeffer 19. November 2002

In Kasachstan und Usbekistan lagern immer noch biologische Kampfstoffe aus Sowjetzeiten, die für Terroristen interessant sind. Weil Geld zur sicheren Verwahrung fehlt, schlagen Experten aus diesen Ländern Alarm.

https://p.dw.com/p/2qVc
Anthrax-Sporen sehen hübsch aus, sind aber sehr gefährlichBild: AP

Wenige Tage nach dem blutigen Ende des Geiseldramas in einem Moskauer Theater im Oktober 2002 haben Kasachstans Grenzschützer die Kontrollen an der Grenze zu Russland verstärkt. Die offizielle Begründung: Die mögliche Flucht von Tschetschenen aus Russland nach Kasachstan solle verhindert werden. Doch geht es auch darum, Terroranschläge in den Ländern Zentralasiens zu verhindern. Experten aus der Region warnen vor einem möglichen Einsatz chemischer, bakteriologischer und nuklearer Waffen bei Terrorakten durch islamistische Terrorgruppen. Zum Beispiel die so genannte Islamische Bewegung Usbekistans, die sich in einer Zellenstruktur über die ganze Region verbreitet haben soll.

Öffentlichkeit vorbereiten

"Die Bedrohung durch den Terrorismus auch mit biologischen Waffen nimmt zu. Die Öffentlichkeit muss auf solche Terroranschläge vorbereitet werden", sagt Alim Ajkimbajew, Vize-Direktor des Kasachischen Wissenschaftszentrums für Quarantäne und durch Tiere übertragene Infektionen.

Usbekistan und Kasachstan waren zu Zeiten der Sowjetunion Schwerpunktländer der sowjetischen Biowaffenentwicklung und -produktion. Experten warnen davor, dass die ehemaligen sowjetischen Produktionsstätten in diesen Ländern immer noch nicht ausreichend geschützt sind. Der Zugriff auf bakteriologische Kampfstoffe in diesen alten Anlagen sei immer noch möglich. Nach Angaben von Wladimir Lukow, Mitglied des internationalen Komitees Streitkräfte und Gesellschaft, war das größte Testgelände für diese Stoffe die Insel "Wiedergeburt" im Aralsee. Dort wurden in sowjetischer Zeit Waffen getestet, die Anthrax-, Pest- und Cholera-Erreger enthielten.

Hilfe aus den USA

Im kasachischen Stepnogorsk befand sich eine der größten Produktionsstätten für Bestandteile biologischer Waffen wie Anthrax-Sporen. Offiziellen Angaben zufolge wurde sie stillgelegt und abgebaut, die meisten Anlagen und Zufahrtswege zerstört. Dabei war auch der Westen behilflich. So haben die USA mit ihrem "Reducing Nuclear Risk Program", einem Programm zur Verringerung nuklearer Risiken, Geld bereit gestellt: Der Gebäudeschutz für die Forschungszentren in Kasachstan und Usbekistan und die Erfassung biologisch gefährlicher Stoffe konnten laut Lukow wesentlich verbessert werden. Für die Endlagerung gefährlicher biologischer Stoffe und den Abbau der Testanlagen haben die USA zudem sechs Millionen US-Dollar bereitgestellt, sagt Lukow. Für eine Zerstörung der Waffen reichte das Geld jedoch nicht aus.

Inzwischen bemühen sich die kasachischen Behörden - mit weiterer finanzieller Unterstützung der USA - um die Erhöhung der Sicherheitsstandards: Dazu gehört vor allem eine genaue Überprüfung des Personals - auch im kasachischen Wissenschaftszentrum für Quarantäne und durch Tiere übertragene Infektionen. Denn hier wurde Anfang November 2002 versucht einzubrechen. Der stellvertretende Leiter Ajkimbajew ist über diesen Vorfall besorgt. Denn unmittelbar nach dem Terroranschlag in Moskau versucht Einbrecher, in den Teil des Zentrum einzudringen, wo keine materiellen Werte lagern, sondern Krankheitserreger.

Kein Geld für Sicherheit

Das Beispiel zeigt, dass trotz bisherhiger Bemühungen und der Unterstützung aus den USA der Schutz noch nicht ausreicht. So hätten Kontrollsensoren einen Einbruchsversuch wie im Wissenschaftszentrum womöglich ganz verhindern können Auch ist nach Meinung von Experten ein Computersystem mit eigener Software nötig, um Giftstoffe, ihren Lagerplatz und aktuelle Experimente damit für ganz Zentralasien zu registrieren. Doch dafür fehlt in den ehemaligen Sowjetrepubliken zurzeit das Geld.