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Gefangene der eigenen Politik

Peter Philipp8. Dezember 2002

Es wird wohl einige Zeit dauern, bis das umfangreiche Material gesichtet und überprüft ist. Dann aber steht Washington vor der Entscheidung: Welche Konsequenzen sollen aus dem vorgelegten Material gezogen werden?

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Das Problem ist umso größer als Präsident Bush weiterhin darauf besteht, dass der Irak an verbotenen Massenvernichtungswaffen arbeitet und dass der Irak beteuert, solche Arbeiten bereits vor 1991 eingestellt zu haben. Washington hat bisher keiner Beweise für seine These vorgelegt und in Bagdad bedauert ein Präsidenten-Berater, dass man alle Spuren von damals beseitigt habe. Man könne deswegen jetzt nichts vorführen.

Genau das aber fordern die USA: Der Irak müsse zumindest zeigen, wo und wie er solche Waffenprogramme eingestellt habe. Eine Forderung, die schwerlich zu erfüllen sein wird. Vorausgesetzt, die irakische Darstellung stimmt.

In Bagdad ist man sich offenbar bewusst, wie viel auf dem Spiel steht. Ein falscher Schritt, eine Lüge, der man überführt wird – und Washington wird daraus einen casus belli ableiten. Denn das dürfte längst allen klar sein: George W. Bush ist wild entschlossen, den angedrohten Krieg gegen das Bagdader Regime zu führen. Nur: Seine Handlungsfreiheit ist durch die UN-Resolution 1441 und die Entsendung der Waffeninspektoren plötzlich eingeschränkt: Zwar hat auch der Sicherheitsrat dem Irak bei Nichtbefolgung der beschlossenen Auflagen gravierende Konsequenzen angedroht, aber gleichzeitig hindert dies doch auch Washington am unvermittelten Losschlagen.

Solange der Irak den UN-Auflagen nachkommt, solange wird der Krieg wohl warten müssen. Wenn auch zähneknirschend - Bagdad spielt mit: Die Inspektoren werden nicht behindert, die Listen von Waffen und Waffenprogrammen wurden termingerecht übergeben und nun muss man wohl warten, zu welchem Befund die Inspektoren kommen. Der aber liegt kaum vor Ende Februar vor - vielleicht schon zu spät für den Beginn eines Krieges, dessen Dauer nur schwer vorhersehbar ist: Ab März/April halten Militärexperten einen solchen Krieg schon aus klimatischen Gründen für unmöglich.

So wird das Ringen andauern. In Washington wird weiter gedroht, in Bagdad zurückgewiesen, aber kooperiert. Beide Seiten müssen auf der Hut sein: Die Drohungen dürfen nur so weit gehen, wie sie Bagdad zu dieser Kooperation zwingen und die irakische Zurückweisung darf nicht als Verstoß gegen die UN-Resolution verstanden werden. So sind beide Seiten wider Willen Gefangene. Mit dem großen Vorteil immerhin, dass - solange dieser Zustand andauert - ein Krieg wohl vermieden werden kann.