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Gegen den Konflikt der Generationen

Bettina Kolb13. September 2002

Weltweit gerät die demografische Entwicklung zunehmend in Schieflage. Immer weniger junge Menschen müssen für immer mehr alte aufkommen. Eine Konferenz beriet vom 11. bis 13. September in Berlin über das Problem Alter.

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Alte Menschen: allein und nicht mehr gebrauchtBild: Bilderbox

"Wir haben es mit einem weltweiten, historisch einmaligen demografischen Entwicklungsprozess zu tun, der nicht mehr umzukehren ist", sagt Stefan Pohlmann vom Deutschen Zentrum für Altersfragen im Gespräch mit DW-WORLD. In den nächsten 50 Jahren wird sich der Anteil älterer Menschen weltweit mehr als verdoppeln. Bereits im Jahr 2050 wird jeder dritte Bürger Europas und Nordamerikas älter als 60 Jahre sein. Das stellt die Gesellschaft vor eine große Herausforderung: die Sicherung des sozialen Friedens.

Integration und Lebensqualität

Die Ministerkonferenz der UN-Wirtschaftskommission für Europa (UNECE) verabschiedete daher auf ihrer Konferenz in Berlin einen Zehn-Punkte-Plan verabschieden, den alle 55 Mitgliedsstaaten in ihrer Politik umsetzen sollen. "Unsere wichtigsten Forderungen sind, dass ältere Menschen vollständig in die Gesellschaft integriert werden und dass Menschen jeden Alters eine hohe Lebensqualität haben", betont Brigita Schmögnerovà, Exekutivsekretärin der UNECE gegenüber DW-WORLD. Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) begrüßte das Ergebnis der Konferenz als wichtigen Schritt, um die Gesellschaften für die demographische Herausforderungen zu rüsten.

Wirtschaft muss reagieren

Die Umsetzung der Forderungen, dessen ist sich Brigita Schmögnerovà bewusst, ist kurzfristig nicht zu realisieren. "Das sind Langzeitstrategien," an denen auch die Wirtschaft mitarbeiten müsse. Flexiblere Arbeitszeit-Modelle sollen beispielsweise dafür sorgen, dass ältere Menschen länger ins Arbeitsleben integriert werden können. Diese Linie vertritt auch der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). Nur so könnten die sozialen Sicherungssysteme aufrecht erhalten und die wirtschaftliche Dynamik auf Dauer belebt werden, sagt Christoph Schlüter, Referent des BDI im Gespräch mit DW-WORLD.

Generationenkonflikt droht

Rentnerin und Schüler
Rentnerin und SchülerBild: AP

Der Alterungsprozess der Bevölkerung bewirkt, dass immer weniger junge Menschen für immer mehr alte Menschen sorgen müssen. Daran könnte sehr schnell ein Generationenkonflikt ungeahnten Ausmaßes entbrennen. "Wir müssen die Kooperation und Solidarität zwischen den Generationen sichern. Unsere Strategien könnten dazu beitragen", sagt Brigita Schmögnerovà. Als Beispiele, wie ältere Menschen aktiv in die Gemeinschaft integriert werden können und sich auch im Rentenalter gesellschaftlich engagieren können, nennt Schmögnerovà unbezahlte Gemeindearbeit und die Betreuung von Kindern und Familien.

Auch Entwicklungsländer betroffen

Nicht nur in den Industrienationen, auch in den Entwicklungsländern steigt der Anteil alter Menschen rasant an, obwohl dort die Geburtenraten im Vergleich zu Westeuropa deutlich höher ausfallen. Aufgrund der verbesserten medizinischen Versorgung steigt aber auch die Lebenserwartung der Menschen in den Entwicklungsländern zunehmend. Nach Angaben von Stefan Pohl verlaufe der Alterungsprozess der Gesellschaft in Entwicklungsländern sogar vier mal schneller als in Westeuropa.

Mangelnde Infrastruktur

Alte Menschen auf einer Bank
Alte Menschen auf einer BankBild: Bilderbox

Gleichzeitig wird die Zahl der Senioren, die ein Leben in Armut und Einsamkeit führen, immer größer, wie Studien der UNECE belegen. Besonders hart betroffen sind die älteren Bürger in den osteuropäischen Staaten. Dass sich die dortige Wirtschaft nur zögernd erholt, bekommen vor allem die Senioren zu spüren. Es mangelt an der Infrastruktur für Senioren, etwa an Altersheimen oder fließendem, warmem Wasser in den Wohnungen der Senioren. Zudem verliert die Lebensform Großfamilie, die alte Menschen lange Zeit sozial auffangen konnte immer mehr an Bedeutung. Lange lässt sich das Problem hier, wie in allen anderen Ländern nicht mehr ignorieren. Die Politik muss handeln, darüber sind sich alle Konferenzteilnehmer einig – am besten sofort.