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Iranische Cyberkrieger sollen eine US-Drohne erbeutet haben

9. Dezember 2011

Die Eiszeit zwischen Washington und Teheran wird noch kälter. Das iranische Fernsehen präsentierte eine hochmoderne US-amerikanische Drohne. Cyberkrieger sollen sie im iranischen Luftraum vom Himmel geholt haben.

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Ein Foto zeigt die Drohne (Foto: pa/abaca)
Bild: picture alliance/abaca

Für den iranischen Brigade-General Amir Ali Hajidazeh war es ein ganz großer Tag. Ein Tag der Schlacht im Propagandakrieg mit den USA: Am Donnerstag (08.12.2011) präsentierte Hadjizadeh im iranischen Fernsehen einen Flugkörper - angeblich eine US-amerikanische Drohne vom Typ RQ 170. Seit vergangenem Sonntag gibt es aus Iran und USA widersprüchliche Meldungen über diese Drohne.

Der Iran behauptet, er habe das unbemannte Spionageflugzeug weitgehend unbeschädigt in seine Gewalt bekommen. Die USA haben anfänglich geschwiegen und dann scheibchenweise Informationen herausgerückt. Zunächst haben sie nur zugegeben, über dem Osten Irans eine Drohne verloren zu haben. Anschließend sprachen sie von einem Absturz - den Iranern könnten höchstens Trümmerteile in die Hände gefallen sein.

Militärtechnik auf YouTube

Das Versteckspiel um die RQ 170 ist verständlich. Die hoch fliegende Tarnkappen-Drohne (Stealth-Drohne) ist dafür geschaffen, unbemerkt in fremden Luftraum einzudringen, dort mittels hochmoderner Elektronik Geheimnisse auszuspähen und in Echtzeit zurückzufunken. Eine RQ 170 kreiste auch im Himmel über dem pakistanischen Abbotabad, als US-Spezialeinheiten dort im Mai Osama bin Laden töteten. Sie lieferte Bilder der Operation in die USA. Bei der Aktion wurde ein Tarnkappen-Helikopter der US-Armee beschädigt und zurückgelassen – für dessen Überreste interessiert sich China brennend.

Und so werden wohl auch jetzt chinesische und auch russische Spezialisten in Teheran anklopfen, um die hochgeheime RQ 170 unter die Lupe nehmen zu können. Für einen ersten Blick auf das Flugzeug müssen sie ohnehin nur noch auf der Videoplattform YouTube suchen - dort präsentiert das iranische Fernsehen stolz die unversehrte Drohne.

Die große Frage ist jetzt: Ist die Drohne echt? US-amerikanische Medien berichten, dass Analysten und Regierungsvertreter in den USA darüber uneinig sind. CNN etwa zitiert einen namentlich nicht genannten US-Beamten mit der Aussage, es gebe keinen Grund zu der Annahme, es handele sich um eine Fälschung. Angeblich war das Fluggerät im CIA-Auftrag unterwegs, um iranischer Atomanlagen auszuspähen.

Kommandounternehmen für die Sprengung

Wie wertvoll die RQ 170 für die US-Amerikaner ist, macht ein Bericht des Christian Science Monitor vom Mittwoch deutlich. Nachdem die US-Streitkräfte die Drohne verloren hatten, schreibt die Zeitung, überlegten sie zeitweise, das ferngesteuerte Flugzeug im Iran von Spezialkräften zerstören zu lassen. Gegenüber dem Wall Street Journal erklärte ein US-Beamter, man habe jedoch davon abgesehen, weil eine solche Mission einen größeren Zwischenfall hätte provozieren können. Wäre ein Einsatzteam in den Iran eingedrungen, so der Beamte, "hätte das von der iranischen Regierung als kriegerische Handlung gewertet werden können".

Politische Blamage

Als kriegerischen Akt wertet Teheran bereits den Einsatz der Drohne im iranischen Luftraum. In einem Brief an UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon spricht die Regierung von einem feindlichen Akt gegen die Islamische Republik Iran und klarer Verletzung internationaler Regeln. Die USA haben nicht nur geheime Technik verloren, sondern sich auch politisch blamiert.

Die im iranischen Fernsehen vorgeführte Drohne erscheint äußerlich vollkommen unbeschädigt. Angeblich soll eine "Einheit zur elektronischen Kriegsführung" die Drohne am letzten Wochenende über der Stadt Kashmar abgefangen haben, rund 225 Kilometer von der afghanischen Grenze entfernt. Dem widerspricht die Regierung in Washington.

Mann sitzt am Joystick und steuert einen Flugkörper (Foto: dpa)
Wer sitzt wirklich am Joystick? Viren in der DrohnensteuerungBild: picture-alliance/dpa
Ein Model einer chinesischen Drohne (Foto: AP)
China orientiert sich beim Bau seiner Drohnen auch an amerikanischer MilitärtechnikBild: AP

Doch völlig unmöglich erscheint die iranische Version nicht. Im Oktober hatte ein Blog der Technologiezeitschrift Wired berichtet, die Steuerungsrechner von US-Drohnen auf der US-Luftwaffenbasis Creech im Bundesstaat Nevada seien mit Viren befallen. Und bereits im Dezember 2009 hieß es, Aufständische im Irak hätten die Videosysteme von US-Drohnen angezapft.

Autor: Matthias von Hein
Redaktion: Beate Hinrichs