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PolitikAsien

Geistig Behinderter in Singapur gehängt

27. April 2022

Nagaenthran K. Dharmalingam war 21 Jahre alt, als er mit einem faustgroßen Päckchen Heroin nach Singapur einreiste. Mit 34 Jahren musste der Mann aus Malaysia nun sterben. Doch hat er seine Tat je begreifen können?

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Malaysia Kuala Lumpur | Protest gegen die Hinrichtung von Nagaenthran K.
Bild: Vincent Thian/AP/picture alliance

Ein medizinischer Experte hatte bei Nagaenthran K. Dharmalingam einen Intelligenzquotienten von 69 festgestellt. Dieser Wert wird als geistige Behinderung anerkannt. Dennoch war der Mann aus Malaysia 2010 schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt worden, weil er mit einer Menge von etwa 43 Gramm Heroin nach Singapur einreisen wollte. Seitdem haben Regierung und Justiz des Stadtstaats alle Gnadengesuche und Einsprüche gegen die Vollstreckung des Todesurteils abgewiesen.

Nagaenthrans Unterstützer argumentierten, die Hinrichtung eines geistig Behinderten verstoße gegen das Völkerrecht und internationale Standards. Singapurs Gerichte erklärten jedoch, Nagaenthran sei sich über sein Handeln im Klaren gewesen. Nun ist der 34-jährige gehängt worden, wie der staatliche Nachrichtensender Bernama TV unter Berufung auf den Bruder des Mannes berichtet. Sein Leichnam solle zur Beisetzung in die malaysische Stadt Ipoh überführt werden.

Eine Familie im Schockzustand

"Es ist unglaublich, dass Singapur trotz internationaler Appelle, sein Leben zu verschonen, mit der Hinrichtung fortfuhr", sagte Nagaenthrans Schwester Sarmila Dharmalingam der Nachrichtenagentur AFP in Malaysia. Die Familie sei "extrem traurig" und "in einem Schockzustand".

Nagaenthran K. Dharmalingam auf einem Familienfoto. Rechts seine Schwester Sarmila (Archiv)
Nagaenthran K. Dharmalingam auf einem Familienfoto. Rechts seine Schwester Sarmila (Archiv)Bild: Courtesy of Sarmila Dharmalingam/AP Photo/picture alliance

Die geplante Hinrichtung hatte international Proteste ausgelöst, unter anderem von den UN, der EU und dem britischen Milliardär Richard Branson. In Malaysia und auch in Singapur, wo öffentliche Proteste extrem selten sind, gab es Mahnwachen und Demonstrationen.

Als Reaktion auf den Fall kritisierte die EU die Todesstrafe als "grausam und unmenschlich". Eine EU-Sprecherin forderte Singapur auf, ein Moratorium für Hinrichtungen zu verhängen und die Todesstrafe abzuschaffen.

"Opfer eines Justizirrtums"

Für die Menschenrechtsorganisation Reprieve, die sich gegen die Todesstrafe einsetzt, ist Nagaenthran "das Opfer eines tragischen Justizirrtums". Direktorin Maya Foa erklärte: "Einen geistig behinderten und psychisch kranken Mann zu hängen, ist nicht zu rechtfertigen und stellt einen eklatanten Verstoß gegen internationale Gesetze dar, die Singapur unterzeichnet hat."

Singapur gehört nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International zu den wenigen Ländern weltweit, in denen Drogendelikte noch immer mit der Todesstrafe geahndet werden. Im März hatte Singapur die Exekutionen nach zweijähriger Unterbrechung wieder aufgenommen. Damals wurde ein Drogenhändler gehängt. Ein weiterer malaysischer Drogenhändler soll am Freitag hingerichtet werden.

rb/uh (AFP, dpa)