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Gelbe Karte für Rumänien und Bulgarien

25. Oktober 2005

Der am 1. Januar 2007 geplante EU-Beitritt Bulgariens und Rumäniens ist in Gefahr. Die beiden Länder müssen ihren Reformkurs nach Einschätzung der EU-Kommission beschleunigen, um der Union pünktlich beitreten zu können.

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Wann wehen wohl hier auch die Flaggen Bulgariens und Rumäniens?Bild: AP

In einigen Politikfeldern hat Brüssel ernsthafte Bedenken. "Ohne sofortiges Handeln werden Bulgarien und Rumänien aller Wahrscheinlichkeit nach ihre Verpflichtungen in diesen Bereichen bis zum 1. Januar 2007 nicht erfüllen", sagte Erweiterungskommissar Olli Rehn bei der Veröffentlichung der Länderberichte am Dienstag in Straßburg.

Noch zahlreiche Defizite

Rehn bescheinigte beiden Ländern zwar "beachtliche Fortschritte". Die politischen Kriterien für einen Beitritt hätten sie grundsätzlich erfüllt. Weitere Anstrengungen seien aber erforderlich. Reformbedarf sieht Brüssel vor allem bei der Bekämpfung der Korruption und des organisierten Verbrechens.

Defizite gebe es auch bei der Einhaltung der Menschenrechte. In Bulgarien beanstandete Rehn den Umgang mit geistig Behinderten sowie der Minderheit der Roma und Sinti. Auch in Rumänien sieht Brüssel Benachteiligungen für körperlich und geistig Behinderte.

Ernsthafte Schwierigkeiten wurden in beiden Ländern zudem bei der Umsetzung der EU-Auflagen für Landwirtschaft und Tiergesundheit sowie beim Umweltschutz festgestellt. Es liege jetzt in der Verantwortung der Behörden vor Ort, die Defizite zu beheben, hieß es in dem Bericht. "Alle Energien sollten jetzt für dieses Ziel eingesetzt werden."

Vertrag mit Schutzklausel

Beide Länder hatten am 25. April dieses Jahres die Verträge für einen EU-Beitritt zum 1. Januar 2007 unterzeichnet. Eingebaut ist darin aber eine Schutzklausel, wonach die Aufnahmen um ein Jahr verschoben werden können, falls die Länder die Bedingungen nicht rechtzeitig erfüllen.

Im Fall Rumäniens reicht dafür bereits eine Zweidrittelmehrheit der EU-Staaten aus. Um den Beitritt Bulgariens zu verschieben, ist ein einstimmiger Beschluss der Mitgliedstaaten erforderlich. Die Beitrittsverträge müssen von den 25 EU-Staaten zudem ratifiziert werden.

Lange Zeit lag Bulgarien in seinen Vorbereitungen für den EU-Beitritt weit vor Rumänien. Nach der bulgarischen Parlamentswahl im Juni dieses Jahres dauerte die Regierungsbildung in Sofia aber fast zwei Monate, wodurch wertvolle Zeit bei der Umsetzung weiterer Reformen verstrich. Zur Behebung der Defizite zahlt die EU-Kommission an beide Länder nach wie vor so genannte Vorbeitrittshilfen. Für 2006 bekommen Bulgarien 545 Millionen und Rumänien 1,155 Milliarden Euro.

EU-Abgeordnete fordern Verschiebung des Beitritts

Die CSU im Europaparlament forderte bereits eine Verschiebung des Beitritts beider Länder. "Anstatt weiter herumzueiern, sollte Herr Rehn zugeben, dass Bulgarien und Rumänien frühestens 2008 der Europäischen Union beitreten können", sagte der Vorsitzende CSU-Europaabgeordneten, Markus Ferber.

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok, fordert, über eine Verschiebung des Beitritts nachzudenken und sprach einen weiteren Aspekt der Erweiterung an: "Wir müssen unbedingt sicherstellen, dass die Funktionsfähigkeit der EU gewährleistet bleibt."

Im April oder Mai nächsten Jahres will Brüssel seine abschließende Empfehlung abgeben, ob Bulgarien und Rumänien zum 1. Januar 2007 beitreten können oder ob die Aufnahme der beiden Staaten endgültig um ein Jahr verschoben werden soll. (je)