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Geld macht mobil

André Moeller22. Oktober 2002

Erstmals ist eine "Studentische Sozialerhebung" für Europa durchgeführt worden. Die Ergebnisse wurden im "Euro Student Report" zusammengetragen.

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Studieren in Europa: Völlig uneinheitliche BedingungenBild: AP

Die Studie hat unter anderem gezeigt: In Ländern mit einer geringen staatlichen Förderungsquote liegen die Studierenden entweder ihren Eltern auf der Tasche oder sie müssen jobben gehen. "Das Beispiel Italien belegt dies eindrucksvoll", erläutert Klaus Schnitzer vom Hochschulinformationssystem in Hannover (H.I.S) Schnitzer im Gespräch mit DW-WORLD.

Klaus Schnitzer
Klaus SchnitzerBild: DW

"Dort ist die Quote der staatlichen Förderung mit zwölf Prozent sehr gering. Zugleich wird mit niedrigen Beträgen gefördert. Der staatliche Anteil am Budget eines italienischen Studenten liegt im Durchschnitt gerade einmal bei sieben Prozent. Daraus folgt, dass dort die Finanzierung eines Studiums zu 93 Prozent durch die Eltern oder eigene Erwerbstätigkeit sicher gestellt werden muss." In Finnland hingegen korrespondiere ein geringer Elternanteil (8,3 Prozent) mit einer hohen Gefördertenquote. In Deutschland betrage der Elternanteil immerhin 41 Prozent.

Soziale Mobilität durch staatliche Förderung

Untersuchungsgegenstand war auch, inwiefern die Förderungssysteme der einzelnen europäischen Länder Auswirkungen auf die "soziale Mobilität" der Studierenden haben. "Eine hohes staatliches Engagement bei der individuellen Studienfinanzierung, stärkt sowohl die geografische als auch die soziale Mobilität der Studierenden", stellt Schnitzer fest. Der Grund: Naturalleistungen, wie sie meist durch die Eltern gewährt werden, können von den Studierenden nicht mitgenommen werden.

Auf diese Weise schränkt eine elternbetonte Studienfinanzierung die Entfaltungsmöglichkeiten des Einzelnen stark ein. Schnitzer kritisiert: "Die Politik befasst sich bislang immer nur mit der Frage nach dem richtigen akademischen System". Die Frage nach der sozialen Dimension oder gar danach, wie sich studienbezogene Sozialsysteme europaweit vereinheitlichen lassen, sei bislang noch nicht gestellt worden, bemängelt Schnitzer weiter.

Für ein einheitliches Förderungssystem

Das bestätigt im Interview mit DW-WORLD auch Dieter Schäferbarthold. Der Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks (DSW) hält eine europäische Annäherung auf dem Bildungssektor für "wertlos, wenn man sich nur über Studienstrukturen unterhält". Schäferbarthold und Schnitzer sind sich einig: Es müsse das Ziel verfolgt werden, in den europäischen Ländern eine übergreifende soziale Berichterstattung aufzubauen.

Studenten in einem Hörsaal
Studierende in einem HörsaalBild: AP

Nur so könne die dringend notwendige Vereinheitlichung der sozialen Rahmenbedingungen für Studierende in Europa erreicht werden. Dazu sei ein einheitliches Modell der staatlichen Studienfinanzierung notwendig. Zugleich müsse die Elternunabhängigkeit der Studienförderung gestärkt werden. Schäferbarthold hält ein flächendeckendes Studienförderungssystem, das unabhängig vom Elterneinkommen funktioniert, allerdings nur für möglich, wenn Förderungssysteme und Unterhaltsrecht aufeinander abgestimmt würden. "Elternunabhängige Förderung bei gleichzeitigem Unterhaltsanspruch an die Eltern schließen sich aus", gibt er zu bedenken.

Einige Länder haben Teilnahme verweigert

An der ersten europaweiten Sozialerhebung haben insgesamt acht europäische Länder teilgenommen: Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien und die Niederlande. Schäferbarthold kritisiert in diesem Zusammenhang die Weigerung verschiedener europäischer Länder, an der Erhebung teilzunehmen: So habe zum Beispiel die Regierung in Großbritannien die "Teilnahme vehement abgeblockt, obwohl die Organisationen vor Ort reges Interesse zeigten".