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Gemeinsam gegen den Klimawandel

Greta Hamann24. September 2013

Um den Klimawandel nachhaltig zu bekämpfen, muss die gesamte Bevölkerung an einem Strang ziehen. Das geht nur, wenn sich alle mit dem Thema auskennen. Deswegen setzt die Dominikanische Republik auf Bildung.

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Eine Frau bastelt mit einigen Kindern (Foto: privat)
Bild: privat

Heute hat Yndira mal wieder die Seite gewechselt. Aufmerksam hört sie dem Professor vorne zu. Die 39-Jährige senkt den Kopf und notiert sich einen weiteren Stichpunkt. Normalerweise steht sie vorne und unterrichtet junge Schülerinnen und Schüler. Doch in den letzten Monaten opferte sie zahlreiche Wochenenden und drückte selbst alle zwei Wochen die Schulbank. In 192 Unterrichtsstunden lernte sie alles über den Klimawandel, seine Folgen und welche Möglichkeiten der Anpassung es in ihrer Region und in ihrem Land, der Dominikanischen Republik, gibt. Nach ihrer letzten Unterrichtsstunde heute wird sie ein sogenanntes Klimadiplom erhalten.

„Ich habe so viel gelernt: Von Kartografie, über verschiedene Auswirkungen des Klimawandels auf unsere Umwelt bis hin zu pädagogischen Konzepten zur Vermittlung dieses Wissens“, sagt Yndira. Doch eines - das Wichtigste - das werde sie auf keinen Fall vergessen: „Wenn wir etwas ändern wollen in unserem Land, dann müssen wir alle gemeinsam gegen den Klimawandel aktiv werden.“ Und deswegen sei es auch so wichtig, dass sie als Lehrerin das Klimadiplom gemacht habe, sagt Yndira. Denn so könne sie ihr Wissen an die Kleinsten im Land weitergeben.

Einige Erwachsene verfolgen im Unterricht eine Präsentation (Foto: DW/Greta Hamann)
Seiten gewechselt: Heute steht Yndira mal nicht vorneBild: DW/Greta Hamann

Großteil der Dominikanischen Republik vom steigenden Meeresspiegel bedroht

Gemeinsam mit 34 anderen Menschen aus verschiedenen staatlichen Institutionen sitzt Yndira im Unterrichtsraum. Sie arbeiten entweder für Schulen, sind öffentliche Angestellte oder sogar Bürgermeister, wie ihr Sitznachbar Ramón. Er regiert den kleinen Ort El Limón. Sein Dorf liegt direkt an der Küste und teilt somit die gleiche Eigenschaft wie ein großer Teil der Dominikanischen Republik: Das Land liegt nur wenige Meter über und teilweise sogar unterhalb des Meeresspiegels und ist somit besonders bedroht vom Klimawandel.

Die Dominikanische Republik gehört als Teil der Karibik zu den am meisten bedrohten Regionen für die Folgen des Klimawandels auf der ganzen Welt. Eine im Juli veröffentlichte Studie des Dominikanischen Instituts für nachhaltige Entwicklung (IDDI) sieht den Inselstaat weltweit auf Platz sieben der gefährdetsten Länder. Trotzdem ist vielen Bewohnern der Karibikinsel die Dramatik der Situation nicht bewusst, erklärt Evaydée Pérez vom IDDI: „Einer der kritischsten Punkte, mit denen wir im Land zu kämpfen haben, ist das geringe Wissen über jegliche Themen, die mit dem Klimawandel und seinen Auswirkungen in Verbindung stehen.“

Eva Perez (Foto: privat)
Evaydée Pérez: „Wir müssen mehr über den Klimawandel wissen, um ihn bekämpfen zu können.“Bild: privat

Wenige Dominikaner kennen sich mit Klimawandel aus

Das zeigen auch die Zahlen einer Studie (pdf), die der Nationale Klimarat der Dominikanischen Republik im Jahr 2012 veröffentlichte: Zwar weiß ein Großteil der Bevölkerung, dass es so etwas wie einen Klimawandel gibt, doch nur 22 Prozent kennen die genauen Ursachen dafür.

Fährt man durch das Land, wird einem schnell bewusst, dass die Wenigsten hier an ihre Umwelt denken. Alle paar Meter ragen Rauchschwaden zwischen Palmen hervor. Viele Familien verbrennen noch heute ihren Müll hinter ihrem Haus. Das ist für sie noch immer der einfachste und der schnellste Weg: Welche Folgen das für sie und ihr Land haben kann, wissen sie nicht.

„Wir haben eine große Lücke im Bereich Klimabildung“, bestätigt Indhira De Jesus. Sie arbeitet für die US-amerikanische Nichtregierungsorganisation The Nature Conservatory (TNC). TNC ist einer der Geldgeber für Yndiras Klimadiplom. „Nur 5,9 Prozent der Menschen hier erhalten zuverlässige Informationen über den Klimawandel und seine Folgen“, sagt De Jesus.

Yndira Rodriguez (Foto: DW/Greta Hamann)
Yndira Rodriguez wünscht sich, dass in Zukunft alle Kinder die Natur mehr zu schätzen wissen.Bild: DW/Greta Hamann

Aus diesem Grund ist die Klimabildung einer der grundlegenden Pfeiler der nationalen Strategie zur Bekämpfung des Klimawandels, erklärt Moisés Alvarez. „Auf lange Sicht gesehen wird keine Strategie im Kampf gegen den Klimawandel funktionieren, wenn die Bevölkerung nicht ausreichend informiert und gebildet ist“, so Alvarez. Er ist der nationale Koordinator von UN CC:Learn, einer Bildungsorganisation der Vereinten Nationen und arbeitet ebenso für den Dominikanischen Klimarat. Doch auch gerade die Personen, die auf lokaler Ebene Entscheidungen treffen, müssen mehr über den Klimawandel und seine Auslöser und Beschleuniger wissen. Damit Probleme wie beispielsweise die Müllentsorgung direkt auf kommunalpolitischer Ebene gelöst werden, so Alvarez.

Dreijährige lernen Ursachen des Klimawandels

Neben dem privat finanzierten Klimadiplom, das Yndira erfolgreich absolviert hat, läuft bereits eine weitere Bildungsinitiative des nationalen Klimarats der Dominikanischen Republik: 200 Lehrerinnen und Lehrer sollen für den Unterricht über den Klimawandel weiter gebildet werden. Derzeit prüft das Bildungsministerium, ob das Thema Klimawandel komplett in den Lehrplan dominikanischer Schulen aufgenommen werden soll. Dann würden bereits Dreijährige in der Vorschule lernen, was Klimawandel bedeutet und wie man sich verhält, um ihm entgegen zu wirken.

„Die Bevölkerung in Sachen Klimawandel auszubilden, ist eine der Prioritäten, die sich das Land gesetzt hat. Das ist unabdingbar für unsere Entwicklung“, sagt Rosaura Pimentel, Professorin für Umweltingenieurswesen am Technischen Institut von Santo Domingo (Intec). An Universitäten kann man das Fach Klimawandel jedoch noch nicht studieren. Die Thematik wird lediglich im Rahmen anderer Studiengänge behandelt.

Yndira hat bereits zahlreiche Pläne für die Zukunft geschmiedet: Sie will eine „grüne Schule“ aufbauen, in der die Kinder und Jugendlichen dann alles über ihre Umwelt und deren Schutz lernen können: „Wenn wir bei den Kindern anfangen, dann können die auch Multiplikatoren bei sich zu Hause werden – das wäre dann eine komplett nachhaltige Kampagne.“ Im Rahmen ihres Klimadiploms leitete Yndira bereits einen Workshop zum Thema Umwelt. Dabei bastelten die Kinder aus Müll bunte Schmetterlinge für ihr Zuhause. Aber um wirklich etwas bewegen zu können, muss schon mehr passieren, das weiß sie auch: „Was man sich wünscht, das ist die eine Sache. Aber wer mehr will, der muss sich dafür richtig ins Zeug legen.“

Mehrere Kinder stehen hinter einem Tisch auf dem aus Papier gebastelte Schmetterlinge stehen (Foto: DW/privat)
Stolz präsentieren Yndiras Schüler das Ergebnis der Stunde: Aus alten Toilettenpapierrollen haben sie Schmetterlinge gebastelt.Bild: privat