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Gemischte Bilanz

21. Januar 2010

Die Ankündigung, Guantanamo zu schließen - das war genau vor einem Jahr Barack Obamas erster Paukenschlag im Amt. Doch der Hoffungsträger hat auch hier mehr versprochen als er halten konnte, meint Daniel Scheschkewitz.

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(Foto: DW)
Daniel Scheschkewitz

Die Erwartungen waren hoch gesteckt. Präsident Obama, so hoffte man in vielen Teilen der Welt, würde die USA in der Anti-Terrorbekämpfung wieder rasch auf den Pfad der rechtsstaatlichen Tugenden zurückführen. Mit Folter und schwarzen Lagern Schluss machen, all jenen Praktiken die seinen Vorgänger Bush und ganz Amerika in Verruf gebracht hatten.

Obama wusste, was man von ihm erwartete und kündigte prompt die Schließung des Gefangenenlagers in Guantanamo an. Ein Jahr später existiert Guantanamo immer noch und auch in anderen Bereichen der Terrorismus-Bekämpfung ist der Senkrechtstarter im Weißen Haus hart auf dem Boden der realen Möglichkeiten gelandet.

Ausgerechnet an Weihnachten wäre es einem Nigerianer, der offenbar über El Kaida Verbindungen verfügte, beinahe gelungen, Sprengstoff an Bord eines US Passagierflugzeuges zu zünden und das obwohl die amerikanischen Geheimdienste Informationen über ihn besaßen. Der Jemen entwickelt sich immer mehr zum Auffanglager für flüchtige Islam-Terroristen und allem Anschein nach sind dort auch ehemalige Guantanamo-Häftlinge untergetaucht.

Nun versucht die Regierung Obama das Gefangenenlager von Kuba nach Tomson, Illinois auf das amerikanische Festland zu verlagern - aber wenn auch dort weiter inhaftiert werden sollte, ohne Anklage vor ordentlichen Gerichten zu erheben, bleibt der Makel fehlender Rechtsstaatlichkeit. Zumal Obama die umstrittenen Militärtribunale bislang eben nicht abgeschafft hat.

Lob gebührt dem Präsidenten für die Veröffentlichung zahlreicher Geheimerlasse, die Präsident Bush im Rahmen der Anti-Terrorbekämpfung erlassen hatte. Hier hat der Amtsnachfolger für dringend notwenige Transparenz gesorgt. Dass bislang niemand aus dem Bereich der Geheimdienste oder der Bushregierung für seine Vergehen gegen die Menschrechte juristisch zur Verantwortung gezogen wurde, steht auf einem anderen Blatt.

Positiv zu bewerten ist auch die Schließung aller CIA Geheimlager und die Verlegung der Hauptverdächtigen der Attentate vom 11. September 2001 in amerikanische Gefängnisse. Obama hat in der Anti-Terrorbekämpfung von der Bushregierung ein schweres Erbe übernommen. Der amerikanische Präsident hat bei der Bewältigung dieser Herkulesaufgabe einen Anfang gemacht – mehr auch nicht. Viel bleibt zu tun und dabei sollten ihm seine Verbündeten nicht nur mit mahnenden Worten, sondern auch mit konstruktiven Hilfsangeboten zur Seite stehen - etwa bei der Aufnahme von unbescholtenen Guantanamo-Häftlingen.

Autor: Daniel Scheschkewitz

Redaktion: Zoran Arbutina