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Gen für Schlankheit identifiziert

21. Mai 2020

Das ALK-Gen ist bereits aus der Krebsforschung bekannt und scheint die Schlankheit eines Menschen zu beeinflussen. Die Entdeckung könnte mögliche Therapieansätze für starkes Übergewicht bieten.

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Symbolbild Wespentaille
Bild: picture-alliance/blickwinkel/M. Baumann

Um möglichen genetischen Ursachen von Schlankheit auf den Grund zu gehen, untersuchten Forscher um Josef Penninger vom Institut für molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien die Genomdaten einer estnischen Kohorte von dünnen, gesunden Menschen mit sehr niedrigem Body Mass Index (BMI). Dabei fanden sie mehrere Gene, die mit einem schlanken Körperumfang assoziiert sind - darunter auch das ALK-Gen. Ihre Ergebnisse veröffentlichen sie im Fachjournal "Cell".

Für das ALK-Gen konnten die Forscher zusätzlich einen Zusammenhang mit weiteren stoffwechselbezogenen Eigenschaften, wie Taillenumfang, Cholesterinspiegel und Blutzuckerhaushalt feststellen.

In weiteren Experimenten mit Fruchtfliegen sorgte die Entfernung des ALK-Gens für niedrigere Blutfettwerte und in Mäusen für ein dünnes Erscheinungsbild ähnlich dem schlanker Menschen. Außerdem nahmen die genveränderten Tiere trotz fettreicher Nahrung nicht an Gewicht zu.

Weitere Versuche mit Mäusen der Forscher legen nahe, dass der Ursprungsort dieser Schlankheitseffekte in Nervenzellen des Hypothalamus zu finden ist - einem Teil des Gehirns, der in die Hormonregulation eingebunden ist. Dort entfaltet das ALK-Protein offenbar seine schlank machende Wirkung. 

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Übergewicht – ein globales Problem

Mäuse, bei denen die Synthese des ALK-Proteins speziell in diesem Bereich des Gehirns unterdrückt wurde, hatten eine höhere Fettverbrennungsrate. Angeregt wurde dies offenbar durch eine erhöhte Konzentrationen des Stresshormons Noradrenalin im Fettgewebe. Diese Befunde decken sich mit denen aus Gewebeproben von dünnen Menschen, die die Wissenschaftler zusätzlich analysierten.

Für Forscherkollegen ist diese neue Studie vor allem deshalb so interessant, weil die Wiener Forscher einen völlig neuen Ansatz gewählt haben. "In diesem Kontext geht die nun vorliegende Studie einen interessanten neuen Weg, indem sie sich nicht auf Übergewichtsgene fokussiert, sondern auf Gene, die mit Schlankheit beim Menschen assoziiert sind", soProf. Dr. Stephan Herzig, Wissenschaftlicher Direktor des Helmholtz Diabetes Center MünchenBei der Gewichtsregulation-Forschung stehen sonst überwiegend die Themen Übergewicht und Adipositas im Fokus, soProf. Dr. Bernhard Paulweber, Leiter der Abteilung Stoffwechselerkrankungen und medizinische Molekularbiologie am Uniklinikum Salzburg. Hier wurde nun der umgekehrte Weg beschritten.

Symbolbild Übergewicht
Keine Ausreden! Übergewicht hat nicht nur etwas mit den Genen zu tunBild: Imago Images/Sven Simon/F. Hoemann

"Die Aufklärung dieser Mechanismen könnte ein neues Kapitel in der Suche nach effizienten Strategien zur Bekämpfung von Übergewicht beziehungsweise Adipositas und assoziierten Störungen, besonders Typ-2-Diabetes, aufschlagen," so Paulweber.

Sind die Ergebnisse auf den Menschen übertragbar?

Das ALK-Gen ist bereits aus der Krebsmedizin bekannt. Dort gilt es als wichtiges Treiber-Gen bei der Entstehung von Lungenkrebs, bei dem es im Fall einer Mutation zu einer Überproduktion von ALK-Proteinen führt.

Als Medikament werden ALK-Hemmer eingesetzt, die die Funktion der ALK-Proteine unterdrücken. Die Forschungsergebnisse von Penninger und Kollegen werfen nun die Frage auf, ob sich solche Medikamente auch zur Therapie von starkem Übergewicht -Adipositas - einsetzen ließen.

Wie seine Wissenschaftskollegen ist aber auch Prof. Paulweber zurückhaltend, inwieweit die Erkenntnisse auf den Menschen übertragbar sind. "Die im Tiermodell gezeigten günstigen Effekte einer Ausschaltung von ALK sind also nicht unmittelbar auf den Menschen übertragbar. Es werden noch sehr viele Studien nötig sein, um Wege zu finden, diese Erkenntnisse für den Einsatz in der Therapie von Adipositas und assoziierten Störungen beim Menschen nutzbar machen zu können", so Paulweber.

DW Mitarbeiterportrait | Alexander Freund
Alexander Freund Wissenschaftsredakteur mit Fokus auf Archäologie, Geschichte und Gesundheit@AlexxxFreund