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General-Abrechnung

6. November 2002

In Israel wird es Anfang 2003 Neuwahlen geben. Scharons Versuch, die Ultra-Konservativen ins Boot seiner Koalition zu bekommen, scheiterte. Doch anscheinend trauert der Koalition niemand so recht nach.

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Steht vorzeitig zur Wahl: Ariel ScharonBild: AP

Nur eine Woche nach dem Zusammenbruch seiner großen Koalition hat Israels Ministerpräsident Ariel Scharon Neuwahlen ausgeschrieben. Er gab damit seine Bemühungen um die Bildung einer rechts-religiösen Koalitionsregierung auf. Scharon, der sein Amt vor 20 Monaten antrat, bleibt bis zur Wahl als Chef einer Übergangsregierung im Amt. Nach jüngsten Umfragen kann seine rechtskonservative Likud- Partei bei den Wahlen mit deutlichen Gewinnen rechnen.

Vergebliches Taktieren

Scharon hatte nach dem Ausscheiden der Arbeitspartei aus der "Regierung der nationalen Einheit" vor einer Woche vergeblich versucht, das ultrarechte Bündnis "Nationale Union" für eine Regierungsbeteiligung zu gewinnen. Am Dienstag (5.11.2002) machte er die Arbeitspartei für das Scheitern der Koalition verantwortlich. Der Ministerpräsident sagte, er "habe die Wahl nicht gewollt". Sie sei jedoch durch "das unverantwortliche Verhalten der Arbeitspartei" unausweichlich geworden.

Scharon abgewatscht

Die vorzeitige Auflösung des im Mai 1999 gewählten Parlaments wurde von fast allen Politikern Israels begrüßt. Ein Berater von Palästinenserpräsident Jassir Arafat meinte, der Zusammenbruch der Regierung beweise, "dass es Scharon nicht gelungen ist, sein Versprechen von Frieden und Sicherheit umzusetzen". Der zurückgetretene Außenminister Schimon Peres sagte, seine Arbeitspartei sei zu der Erkenntnis gelangt, dass die Regierung ihre Entscheidungsfähigkeit verloren habe.

Der Arbeitspartei-Vorsitzende Benjamin Ben-Elieser warf Scharon politisches Taktieren vor und erklärte, die Koalition habe in zwei Jahren "nichts erreicht". Der Vorsitzende der links-liberalen Merez-Partei, Jossi Sarid, nannte Scharons Koalition die "schlimmste Regierung der israelischen Geschichte" und den Premier einen "kompletten Versager". Einige Parlamentarier kritisierten die auf umgerechnet 150 Millionen Euro geschätzten Kosten der Neuwahl.

Politisches Ränkespiel

Angesichts der neuen politischen Entwicklung erklärte sich der frühere Ministerpräsident Benjamin Netanjahu völlig überraschend bereit, Außenminister in einer Übergangsregierung unter Scharon zu werden. Beide Politiker hatten in den vergangenen Tagen alles versucht, sich gegenseitig auszumanövrieren. Mit der überraschenden Ankündigung reagierte Netanjahu auf ein entsprechendes Angebot Scharons vom Dienstagmorgen. Noch am Montag (4.11.2002) hatte Scharon eine an zahlreiche Bedingungen geknüpfte Zusage seines Erzrivalen abgelehnt. (dpa/arn)