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Gentechnik für Südafrikas arme Farmer

Ute Schaeffer 18. Februar 2005

Für kleine Baumwoll-Bauern in Südafrika ist gentechnisch verändertes Saatgut ein Segen: Es macht weniger Arbeit und bringt bessere Erträge. Kritiker halten Afrika für ein Experimentierfeld der Gentechnik-Konzerne.

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Baumwolle für den WeltmarktBild: dpa

KwaZulu-Natal gehört zu den ärmsten Regionen Südafrikas. Jeder Zweite hier lebt von weniger als zwei Dollar am Tag. Thantiwe Mveni unterhält zehn Hektar Baumwollfelder. Doch weil so wenig Regen in dieser Saison fiel, hat sie in diesem Jahr nur einen Hektar ausgesät.

Seit zwei Jahren setzt Mveni auf die Biotechnologie-Baumwolle "Bollgard" der amerikanischen Firma Monsanto, von den Farmern hier kurz "BT-Baumwolle" genannt. Sie enthält ein im Bodenbakterium bacillus thuringiensis (b.t.) natürlich vorkommendes Protein. Dieses bietet Schutz vor der so genannten Tabakeule, dem roten Baumwollkapselwurm und auch der Schädling Baumwollbohrer wird zu einem sehr hohen Grad unterdrückt. Das Rezept ist einfach: Wenn die Insektenlarven beginnen, die BT-Baumwolle zu fressen, nehmen sie mit dem Pflanzenmaterial auch das für sie giftige Protein auf. Innerhalb kurzer Zeit sterben sie daran.

Kommerzielle Nutzung

Die Vorteile dieser Technologie liegen für Mveni auf der Hand: "Wenn ich die BT-Baumwolle anpflanze, habe ich viel mehr Zeit für andere Dinge, man muss die Baumwolle weit weniger oft einsprühen. Außerdem kann ich Arbeitskräfte sparen in der Zeit der Ernte."

Genmais
Auch Mais wird als gentechnisch verändertes Saatgut angebautBild: BilderBox

Südafrika gehört - neben den USA, Argentinien, Kanada, Brasilien und China - zu den sechs führenden Ländern weltweit, die Gentechnik in der Landwirtschaft kommerziell nutzen. 400.000 Hektar sind es landesweit. Zum Vergleich: In den USA waren es 2003 42,8 Millionen Hektar.

Die Rechnung war für Mveni einfach: 230 Rand - rund 35 Euro - kostet die konventionelle Baumwollsaat, knapp doppelt soviel die gentechnologisch veränderte. Einsparen jedoch konnte Mveni viel Geld bei den Insektiziden. Mveni glaubt, dass ihr Ertrag heute dank der Gentechnik in der Saat um bis zu 30 Prozent besser sei als beim Anbau konventioneller Baumwolle.

Marktführer Monsanto groß im Geschäft

Die Befürchtung, dass die gentechnisch veränderte Saat zu Resistenzen einzelner Insekten führen könnte, dass sich bestimmte Eigenschaften unkontrolliert weiterverbreiten und das ökologische Gleichgewicht durcheinander gerät, wischen Mveni und ihre Farmer-Kollege beiseite. Fast alle - 95 Prozent in der Region - setzen gentechnisch veränderte Saatgut ein. Meistens kaufen sie diese bei der amerikanischen Firma Monsanto, die auf diesem Gebiet zu den Marktführern gehört.

Südafrika ist ein großer und wichtiger Markt für Monsanto. Das liegt in erster Linie an der liberalen Einstellung der südafrikanischen Regierung zur Gentechnik. Dabei hat das US-Unternehmen nicht nur den südafrikanischen Markt im Blick, sondern will auch andere afrikanische Staaten überzeugen. Ist Südafrika als Markt gewonnen, so ist auch der Weg in die übrigen Staaten der Wirtschaftsgemeinschaft des südlichen Afrikas (SADC) nicht mehr weit.

Kostendruck treibt Farmer

Der schnelle Erfolg des High-Tech-Saatguts aber hat auch andere Ursachen. Der Druck auf die südafrikanischen Bauern ist gewachsen. Seit Jahren fallen die Preise für Baumwolle auf dem Weltmarkt. Es ist für afrikanische Produzenten so gut wie unmöglich, gegen die subventionierte Baumwolle aus den USA zu konkurrieren.

Baumwollpflanzen
Baumwoll-StaudenBild: dpa

Hört man die Bauern in den kleinen Baumwollfeldern von KwaZulu-Natal reden, so ist die neue Technik ein Wundermittel. Nicht-Regierungsorganisationen in Pretoria und Johannesburg hingegen sehen das ganz anders. Peter Komana von Biowatch ist der Überzeugung, dass Gentechnik nicht die Armut reduziere, sondern neue Armut schaffe.

"Wir trauen ihnen nicht"

Auch die Organisation Ecohope meint, das gentechnisch veränderte Hightech-Produkt schaffe neue Abhängigkeiten von den internationalen Konzernen. Schwester Angelica arbeitet seit Jahren für die Organisation mit den Ärmsten der Armen Südafrikas. Diese sind vielfach auf den Anbau von Grundnahrungsmitteln in eigenen Gemüsegärten angewiesen, um sich und ihre Familie zu ernähren.

Schwester Angelica meint: "Die multinationalen Konzerne dominieren den internationalen Markt und sie versuchen, immer mehr Macht in ihre Hände zu bekommen. Ihr Interesse ist nicht die Wohlfahrt oder die nachhaltige Entwicklung von Umwelt - und es gibt Bemühungen, dass sie die Nahrungsmittelsicherheit auf der ganzen Welt stärker kontrollieren wollen. Und das ist der Grund, warum wir ihnen nicht trauen." Afrika, meinen Kritiker, sei für die großen Konzerne so etwas wie ein Experimentierfeld in Sachen Gentechnik.