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Georg und Richard Precht: Das Schiff im Noor

Alexander Kudascheff31. März 2007

Lilleo, eine idyllische Insel in der Ostsee. Nichts passiert auf dem so friedlichen Eiland- bis der etwas sonderliche Kriminalassistent Jorgensen von Kopenhagen hierhin versetzt wird.

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Der Norden ist "in" - zumindest seit Fräulein Smillas Gespür für Schnee. Die nordische Schwermut, die Kargheit der Sprache und der Bewegungen, der aus dem Bauch rührende Spürsinn der Menschen - wie auch bei den herausragenden Romanen des Schweden Henning Mankell mit seinem Maigret-typischen Kommissar Wallander -, die Nähe zu den Mythen, die Faszination durch das Meer, die Küste, die Schiffe - das alles kommt bei den Lesern an. Und genau aus diesen Bestandteilen ist das Erstlingswerk der Brüder Precht komponiert.

Buchcover: Georg Precht, Richard David Precht - Das Schiff im Noor

Worum geht es? Ein junger Kriminalassistent wird aus Kopenhagen auf die kleine Insel Lilleo geschickt. Er soll sich dort fortbilden, das Land besser kennen lernen, abgelegene Bereiche des dänischen Inselstaates entdecken. Assistent Jorgensen jedenfalls trifft mit einem Paket Bücher auf Lilleo ein - und muss gleich zu einer Beerdigung, denn der Schafbauer Hans Larsen ist tot aufgefunden worden.

Spuren in die Vergangenheit

Jorgensens Vorgesetzter, Malte Hansen, ist der typische Dorfpolizist, der alle kennt, mit allen vertraut ist und sich durch nichts erschüttern lässt. Einen Mord hat es auf Lilleo seit 200 Jahren nicht mehr gegeben, so wird Jorgensen versichert, doch damit beginnt die Geschichte erst.

Jorgensen entdeckt das völlig durcheinander geratene und niemals geordnete Archiv der Inselpolizei. In ihm findet er Spuren eines vor 200 Jahren mysteriös vor dem Noor gestrandeten Schiffes, das angeblich Tee für die Swedenborggesellschaft in Stockholm geladen hatte. Was hatte es mit diesem Schiff auf sich, auf dem es nur einen Überlebenden gegeben haben soll, der dann aus Goldgier von einem Dorfbewohner erschlagen worden sein soll?

Richard David Precht
Richard David PrechtBild: picture-alliance / dpa

Wenn es denn so stimmt. Und was ist mit dem Engländer, der vor gerade einmal fünfzig Jahren auf Lilleo etwas gesucht hatte - vielleicht das Schiff, vielleicht einen Schatz - und so überraschend starb? Und welche Sekte hat welche Rolle gespielt und welcher der Dorfbewohner hat etwas mit diesen lang zurückliegenden Ereignissen zu tun? Etwa der tote Schafhirte Hans Larsen?

Unterhaltsam und nonchalant

Die Geschichte der beiden jungen Autoren ist überladen, kompliziert und undurchsichtig. Aber sie ist gescheit erzählt, sie verliert nicht den Spannungsbogen. Sie hält die Balance zwischen nordischer Schweigsamkeit, nordischen Gerüchten und einem ermittelnden Kriminalassistenten.

Sie ist nicht so hermetisch dicht wie Umberto Ecos "Der Name der Rose", aber sie hat ihren eigenen Charme. Und sie bleibt trotz ihres verwirrenden Inhalts unterhaltsam und nonchalant. Und das neutralisiert die gelegentlich überbordenden Ambitionen der Autoren. Fazit: ein Buch, mit dem man sich gut unterhalten kann, für das man aber einen längeren Atem braucht.

Georg und Richard Precht
Das Schiff im Noor
Goldmann, 2001
ISBN 3-442-44791-7
EUR 8.45