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Georgetown

Diana Hodali, Westjordanland12. Dezember 2008

In dem kleinen christlichen Ort Beit Jala im Westjordanland erfreut sich der Name Georg großer Beliebtheit und das schon seit langem. Mit George W. Bush hat das allerdings nichts zu tun.

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Beit Jala - dort leben überwiegend palästinensische ChristenBild: DW

Der Ort Beit Jala im Westjordanland ist eine kleine palästinensische Stadt südlich von Jerusalem gelegen und mit etwa 15.000 Einwohnern. Gut Dreiviertel sind palästinensische Christen, der übrigen Muslime. In Mittel- und Südamerika sollen etwa 100.000 vor allem Christen leben, die von ehemaligen Bewohnern Beit Jalas abstammen.

Beit Jalas Ortsbild wird von zwei Moscheen und sechs Kirchen geprägt. Und wo wir gerade beim Thema Kirchen sind. Eine besonders schöne Kirche ist die Heilige Georgs Kirche. Dort war ich kürzlich zur Taufe des Sohnes meiner Cousine eingeladen. George heißt der kleine Junge, das entspricht dem deutschen Georg. Eine Woche später bekam ich eine Einladung zu einer Hochzeit. George und Rana sollten sich in der gleichen Kirche das Ja-Wort geben.

Ich freute mich auf diesen Anlass, denn mein Cousin George war extra aus Australien dafür angereist. Cousin George wurde nach unserem gemeinsamen Opa, der auch „George“ hieß, benannt.

Der heilige Georg

Überhaupt scheint in Beit Jala jeder George zu heißen, ich alleine habe in meiner Familie, die aus Beit Jala stammt, mir sechs bekannte Georges. Dies scheint auf den ersten Blick ein Mangel an Kreativität bei der Namensgebung zu sein, ist es aber nicht- sondern es liegt viel mehr daran, dass der heilige Georg von den palästinensischen Christen sehr verehrt wird.

Viele Legenden ranken sich um den „Heiligen Georg“, aber eine davon besagt, dass er den Märtyrertod zu Beginn der Christenverfolgung in Lod, nahe Tel Aviv gestorben war. Konkret protestierte der „Heilige Georg“ gegen Verfolgung und Diskriminierung von Christen und ertrug unterschiedliche Foltermethoden, mit denen er dazu überredet werden sollte, dem Christentum abzusagen.

In jedem christlich-palästinensischen Haushalt finden sich Bilder seiner Person an der Wand. Meine Mutter steckt mir bei Reisen immer heimlich ein Bild von ihm in meinen Koffer – der heilige Georg soll mich beschützen, wenn ich unterwegs bin.

Abgewanderte Christen

Die hohe Arbeitslosigkeit im Westjordanland hat viele Christen ins Ausland getrieben – lediglich drei Prozent der Palästinenser dort sind noch Christen.

Der Name Georg wird deshalb so geschätzt, weil er eindeutig darauf hinweist, dass es noch Christen in Palästina gibt. Ich selber kann dem Namen nichts abgewinnen, er erinnert mich viel zu sehr an die beiden US-Präsidenten - Senior und Junior. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass im Westjordanland keiner diese Assoziation hat. Und übrigens vor lauter Georges in der Stadt wird Beit Jala auch nicht mehr nur Beit Jala genannt: die umliegenden Dörfer nennen den Ort jetzt liebevoll „Georgetown“.