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GesellschaftAfrika

Geplatzte Hochzeitsträume wegen Corona

Silja Fröhlich
5. Dezember 2020

2020 war das Horrorjahr für Heiratswillige in Afrika. Abstandsregeln, Obergrenzen für Zusammenkünfte, teurere Aussteuern - alles wegen Corona. Wie gehen Paare, Familien und die Hochzeitsindustrie mit der Pandemie um?

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Hochzeitsgesellschaft in Kenia
Hochzeit während Corona: Abstand halten und Maske tragenBild: Soimon Maina/AFP/Getty Images

Hochzeiten sind in vielen Länder Afrikas ein riesiges Event: Monate der Planung, massenhafte Einkäufe, die Verhandlung der Aussteuer mit den Eltern der Braut. Oft besteht eine Hochzeit aus zwei Zeremonien: Der traditionellen Hochzeit folgt die religiöse Hochzeit, und es geht um mehr als die Verbindung zweier Leben. Zwei Familien werden zu einer, und einer solchen Feier, die bis zu sieben Tage dauern kann, wohnen oft hunderte von Gästen von fern und nah bei.  

Doch das Jahr 2020 verlief für kaum ein frisch-verlobtes Paar wie erhofft. Die Corona-Pandemie hat vielen Heiratswilligen in weiten Teilen Afrikas einen Strich durch die Rechnung gemacht. Länder wie Nigeria, Kenia und Südafrika hatten während der Hochphase des Virus strenge Regeln bezüglich Abstand halten, Ausgangssperren und landesweiten Lockdowns.  

Geplatzte Träume 

Unter solchen Umständen war für viele Paare eine Hochzeitsfeier keine Option - wie etwa für Adeola Denis Ojo und seine Verlobte aus Abuja in Nigeria. "Wir hatten unsere Hochzeit geplant und dafür schon den Reis gekauft", erklärt der Sicherheitsmann der DW. "Aber wir mussten die Hochzeit auf den 28. Dezember verschieben." Seine Verlobte sei sehr enttäuscht gewesen, und Ojo ist besorgt, dass auch die Hochzeit im Dezember in Gefahr sein könnte. "Seit COVID steigen die Preise für Lebensmittel immer weiter", sagt er. Ob das geplante Budget für die Hochzeit dann noch ausreicht? 

Leere Stuhlreihen
Viele Hochzeiten sind 2020 in Afrika geplatzt Bild: Wanjira Kago

Auch Simon Daniel Chang aus Kano macht sich Sorgen. Der Ingenieur hatte vor, im April zu heiraten. "Wir mussten die Hochzeit auf November verlegen. Ich bat meine Familie und meine Verlobte, zu verstehen, dass es der Situation geschuldet ist", erzählt Chang der DW. Chang arbeitet aufgrund der wirtschaftlichen Situation aktuell nicht als Ingenieur, sondern musste kurzfristig in den Handel wechseln. Auch wenn die Hochzeit im November stattfinden konnte, sei die Planung aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation nicht leicht gewesen. 

Teure Aussteuern und Traditionen 

Doch eine Hochzeit während Corona stellt nicht nur das Paar vor die Zerreißprobe. Der Bräutigam muss für die Aussteuer aufkommen, die von der Familie der Braut verlangt wird, und die kann mehrere tausend Euro kosten. In Nigeria ist zudem der Vater der Braut dafür verantwortlich, dass das frischvermählte Paar alles Nötige für den Einzug ins eigene Heim hat.  

Mit dieser Tradition wegen Corona zu brechen sei keine Option, erzählt Vater Mallam Kabiru Sani aus Nigeria der DW. "Seit Jahrhunderten verlangt unsere Tradition, dass der Vater die Grundvoraussetzungen für die Eheschließung schafft. Das beinhaltet Möbel, Gebrauchsgegenstände und mehr. Die mit COVID-19 verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten machen es für uns, die Eltern, sehr schwierig, diese Voraussetzungen im Einklang mit der Tradition zu erfüllen, weil unser Einkommen durch diese Pandemie geschmälert wurde." Wer der Tradition nicht folgt, mache sich und die Braut in den Augen der Leute lächerlich, so Sani. 

Braut und Bräutigam in Kamerun
In vielen Ländern Afrikas werden Hochzeiten im großen Kreis tagelang gefeiertBild: Heiner Heine/imageBROKER/picture alliance

Hochzeiten als Einkommensquelle 

Hochzeiten sind allerdings auch aus einem ganz unromantischen Grund wichtig: Viele Händler verdienen so ihren Lebensunterhalt. Eine von ihnen ist Wanjira Kago aus Kenia. Die Hochzeitsplanerin von Weddings N More plant Hochzeiten für Kenianer und Ausländer, die ihren besonderen Tag an den Stränden des ostafrikanischen Landes feiern wollen.  

Hochzeitsplanerin Wanjira Kago aus Kenia
Hochzeitsplanerin Wanjira Kago aus KeniaBild: Wanjira Kago

"Das Jahr 2020 war hart für uns", sagt Kago im DW-Interview. Hochzeiten hätten abgesagt und verschoben werden müssen, und das gesamte Hochzeitsgewerbe habe darunter gelitten. "Wir hoffen, dass wir das überleben werden. Die meisten unserer Vertriebspartner haben Schwierigkeiten, Veranstaltungsorte mussten schließen, weil sie für das Jahr keine Geschäfte mehr gemacht haben. Die Verkäufer mussten ihren Lebensunterhalt diversifizieren und Catering-Dienste, die sonst Hochzeiten beliefern, liefern jetzt Essen an Büros." 

Kleine Hochzeit - keine Option 

Kago rechnet nicht mit einer schnellen Rückkehr zur Normalität. Schuld daran sei unter anderem, dass die Lebensmittelpreise aufgrund von Corona gestiegen seien. Doch nicht nur das mache das Austragen einer Hochzeit teurer. "Beispielsweise muss immer wieder desinfiziert werden und es müssen gesundheitliche Vorkehrungen getroffen werden, damit sich die Gäste wohl fühlen."  

Doch es geht bei einer Hochzeit vor allem um eines, so die Hochzeitsplanerin. "Wir sind Afrikaner, wir feiern große Hochzeiten. Wenn man also jemandem sagt, man müsse eine Hochzeit mit 50 Personen durchführen, fragt er sich, wen er auslassen kann." Daher hätten sich viele Paare entschieden, mit der Hochzeit zu warten. "Die Freude, die bei Hochzeiten eigentlich vorhanden sein sollte, ist nicht da, weil man sich mit nichts sicher ist", sagt Kago.  

Die Hochzeitsplanerin hofft, dass schon bald wieder 500 Hochzeitsgäste unter einem Dach feiern können, ohne die Gefahr, sich mit Corona anzustecken. "Denn so sind wir", betont Kago. "Wir mögen einfach große Feste." Und die, so hoffen Paare, Familien und das Hochzeitsgewerbe, werden im neuen Jahr 2021 endlich wieder stattfinden können. 

Mitarbeit: Zulaiha Abubakar

Liebe in Zeiten von Corona