1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Gericht stoppt Papst-Satire

Rayna Breuer11. Juli 2012

Eine Fotomontage mit Papst Benedikt XVI. auf der Titelseite des Satiremagazins Titanic hat eine heftige Diskussion ausgelöst: Wie weit darf Satire gehen und wann ist Schluss mit lustig?

https://p.dw.com/p/15VZP
Papst Benedikt XVI (Foto: AP)
Bild: ECKEHARD SCHULZ/AP/dapd

Das umstrittene Titelbild zeigt Benedikt XVI. in seinem weißen Gewand mit einem gelben Fleck im Schritt. Die Schlagzeile lautet: "Halleluja im Vatikan - Die undichte Stelle ist gefunden!". Auf der Rückseite des Magazins ist der Papst von hinten zu sehen. Diesmal mit einem braunen Fleck. Der Text dazu: "Noch eine undichte Stelle gefunden!". Die Verbreitung der Bilder wurde erst einmal gestoppt – ein Hamburger Gericht verhängte auf Antrag des Vatikans eine einstweilige Verfügung. Doch das hat die Debatte um die Grenzen der Satire erst recht entfacht.

Eine Frage der Stilmittel

Übertreibung, Polemik, verzerrte Sachverhalte – das sind die Stilmittel der Satire. Scharfe und polemische Satire sei grundsätzlich ethisch zulässig, sagt Edda Kremer vom Deutschen Presserat. Die Persönlichkeitsrechte, ergänzt Hendrik Zörner, Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), müssten dabei aber gewahrt werden: "Es gibt natürlich Grenzen, die Intimsphäre von Menschen etwa darf nicht verletzt werden. Aber bei diesem Titelbild geht es ja nicht um die Person Benedikts XVI. sondern um ihn als Repräsentanten der Vatikanbürokratie."

Porträtbild von Edda Kremer, Referentin beim Deutschen Presserat (Foto: Deutscher Presserat).
Edda Kremer vom Deutschen PresseratBild: Presserat

Der polarisierende Fleck

Die Redaktion der Titanic gibt sich gelassen: "Es ist ja nicht alltäglich, dass einem ein Papst schreibt, deswegen haben wir das tatsächlich gefeiert. Wir haben hier Sekt getrunken, ein kleines katholisches Gläschen", sagt Leo Fischer, Chefredakteur des Satire-Magazins. Die Aufregung um das kontroverse Titelbild kann er angeblich nicht verstehen: "Wenn es, wie wir sagen, Flecken einer Limonade sind, die durch den Überschwang der Feierlichkeiten angesichts des Endes der Vatileaks-Affäre entstanden sind, dann darf man den Papst sicherlich so zeigen."

Leo Fischer, Chefredakteur der Titanic-Zeitschrift, in einer Bar. (Foto: Felix Linde)
Leo Fischer: Versöhnung bei Limo?Bild: Felix Linde

Am liebsten würde Fischer den Fall ganz in Ruhe klären, von Mann zu Mann sozusagen: "Wir haben dem Papst angeboten, ein persönliches Gespräch zu führen. Wir haben ihn eingeladen in die Redaktionsräume zu kommen, um mit uns über alles zu reden". Anbieten will er ihm einen Kaffee, oder eben ein Glas Limonade.

Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, kann darüber gar nicht lachen: "Widerlich. Ich bin der Auffassung, dass es auch Grenzen des guten Geschmacks gibt und Grenzen der Satire. Hier geht es um die Verletzungen einer Person auf widerliche Art und Weise." Medien und Satiremagazine sollten einen gewissen Respekt gegenüber Religionen haben, sagt Kopp: "Wenn ein Papst, der immerhin 85 Jahre alt ist, als eine inkontinente Persönlichkeit dargestellt wird, ist das eine Verletzung seiner Intimsphäre. Das ist absolut inakzeptabel."

Screenshot des Titelbildes des Titanic Magazins (Ausgabe Juli 2012). Der Papst hält zwei Fantaflaschen in den Händen. Die Schlagzeile lautet: Der Papst im Freudenrausch.
Das neue Titelbild des Titanic-MagazinsBild: titanic-magazin.de

Auch Christian Weisner von der katholischen Reformbewegung "Wir sind Kirche" bezeichnet die Bilder als geschmacklos: "Als Katholik ist so ein Titelbild schon verletzend, bloß die katholische Kirche und auch der Papst sollte sich nicht als besonderer Märtyrer fühlen. Dieses beschmutzte Kleid ist eine Botschaft und sie zeigt, dass die katholische Kirche nicht in allen Fällen unschuldig ist", sagt Weisner. 

Religiöse Satire polarisiert

"Pressefreiheit hat bei uns einen hohen Stellenwert, allerdings ist religiöse Satire aus unserer Erfahrung problematisch und polarisiert sehr oft", sagt Edda Kremer vom Deutschen Presserat. Bis Mittwochmittag seien insgesamt 40 Beschwerden eingegangen. "Die Menschen fühlen sich in ihrem religiösen Empfinden verletzt und meinen auch, dass die Menschenwürde des Papstes durch das Titelbild verletzt ist."

Coverbild der Titanic (Ausgabe April 2012). Jesus am Kreuz und vor ihm kniet ein Geistlicher.
Im April 2010 sorgte auch dieses Coverbild für heftige DiskussionenBild: Titanic

Die Debatte um das Papstbild macht auch in den sozialen Netzwerken die Runde. "Ich freue mich, dass Beleidigung, Beschimpfung und Demütigung sich nicht weiter durch den Deckmantel von Satire rechtfertigen lassen" schreibt ein User auf Facebook zur einstweiligen Verfügung des Hamburger Gerichts. Andere äußern sich kritisch: "Der Papst verletzt meine religiösen Gefühle, indem er die von mir angebetete Titanic als fehlbar darstellt, dieser Hochstapler!", schreibt ein anderer auf Twitter. 

Bislang gibt es in der Sache keinen klaren Sieger, doch die Redaktion der Titanic feierte am Mittwoch (11.07.2012) schon einen kleinen Teilerfolg: Die Abozahlen seit Bekanntwerden des Falles am Dienstag seien "sprunghaft angestiegen". Im Gegensatz zu in der Regel zehn Bestellungen pro Tag seien es am Dienstag 60 gewesen, bis Mittwochmittag bereits 50.