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Klage von Bauern und Greenpeace abgewiesen

31. Oktober 2019

Drei Ökobauern-Familien und Greenpeace wollten die Bundesregierung vor dem Berliner Verwaltungsgericht zu mehr Klimaschutz zwingen. Dessen Richter sagten zwar erst einmal Nein, lassen aber ein großes Hintertürchen offen.

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Familie Backsen - eine der drei klagenden Ökobauern-Familien - im Berliner Verwaltungsgericht (Foto: Reuters/F. Bensch)
Familie Backsen - eine der drei klagenden Ökobauern-Familien - im Berliner VerwaltungsgerichtBild: Reuters/F. Bensch

Drei Bauernfamilien aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Brandenburg sind vor dem Berliner Verwaltungsgericht mit einer Klimaklage gegen die Bundesregierung gescheitert. Eine Berufung zum Oberverwaltungsgericht als nächste Instanz wurde allerdings zugelassen.

Die Öko-Landwirte von der Nordsee-Insel Pellworm, aus dem Alten Land bei Hamburg und aus der Lausitz wollten gemeinsam mit der Umweltorganisation Greenpeace die Regierung dazu verpflichten, ihre 2014 beschlossenen Klimaziele und damit eine Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen in Deutschland um mindestens 40 Prozent gegenüber 1990 bis 2020, und nicht erst bis 2023 umzusetzen. In der Verfehlung der Klimaziele sehen sie ihre Grundrechte verletzt, weil die durch den Klimawandel ausgelösten Extremwetterereignisse wie Starkregen oder anhaltende Dürre ihre landwirtschaftliche Existenz bedrohe. Sie hätten in den vergangenen Jahren gemerkt, "dass die Wetterextreme einfach mehr werden", sagte Klägerin Silke Backsen vor Prozessauftakt der Deutschen Welle.

"Zulässige Zielabweichung"

Die 10. Kammer des Verwaltungsgerichtes wies die Klage am Ende einer mehrstündigen Verhandlung als unzulässig zurück. Der damalige Beschluss der Bundesregierung sei eine politische Absichtserklärung und keine rechtliche Regelung, auf die sich die Kläger berufen könnten, betonten die Richter. Es gebe keine zwingende Vorgabe zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen. Zudem habe die Bundesregierung ihre Klimaziele für 2020 durch den im Oktober verabschiedeten Regierungsentwurf zum Bundes-Klimaschutzgesetz auf das Jahr 2023 verschoben - aus Sicht des Gerichtes eine "zulässige Zielabweichung".

Wenn im Jahr 2020 eine Reduzierung um 32 Prozent erreicht werde und das Klimaziel erst drei Jahre später erfüllt werden solle, bedeute das nicht, dass die bisherigen Maßnahmen völlig unzureichend seien, so das Gericht weiter. Das 40-Prozent-Ziel sei kein absolut gebotenes Minimum an Klimaschutz. Auch ergebe sich keine unbedingte Verpflichtung, die Reduzierungsziele ausschließlich durch Maßnahmen im eigenen Land einzuhalten. Vielmehr sei es bei Verfehlen des Reduktionsziels zulässig, überschüssige Emissionsberechtigungen von anderen EU-Mitgliedstaaten zu erwerben. Eine Berufung wurde trotzdem zugelassen, um grundlegende Fragen zu klären, wie es hieß. Klimaklagen seien für die Verwaltungsgerichtsbarkeit "ein völlig neues Terrain", erklärte das Gericht.

"Geschichte noch nicht zu Ende" 

Die Vertreter der Bundesregierung hatten in der Verhandlung davor gewarnt, eine mögliche Klage verstoße gegen die Gewaltenteilung und das Demokratieprinzip. Die Verpflichtung der Exekutive durch ein Gericht zu einem bestimmten Handeln, wäre ein "schwerer Eingriff in die politische Willensbildung der Bundesregierung und künftiger Bundesregierungen".

Die Klägeranwältin Roda Verheyen würdigte das Urteil als Teilerfolg. Mit der Zulassung zur Berufung "sei die Geschichte noch nicht zu Ende", sagte sie. Das zeige, Klimaschutz sei justiziabel. Sie sei deshalb auch "überhaupt nicht enttäuscht". Auch die Linken im Bundestag erklärten, Klimaschutz und Klimaschutzziele müssten als Recht verbindlich und einklagbar sein. Zum Auftakt der Verhandlung hatten rund 100 Klimaaktivisten und Landwirte vor dem Gerichtsgebäude demonstriert.

sti/AR (afp, dpa, epd)