1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Einmal Baby und zurück!

Juri Rescheto
31. Oktober 2018

Tausende Russinnen bringen jährlich ihre Kinder in den USA zur Welt, damit sie eine US-Bürgerschaft bekommen - unterstützt von speziellen Agenturen. Doch wie lange noch? Von Juri Rescheto, Moskau.

https://p.dw.com/p/37RI4
Symbolbild schwangere Frau mit Tochter
(Symbolbild)Bild: picture-alliance/imageBroker/A. Jönsson

Lächelnde Babys, strahlende Mütter, schöner weißer Strand. So locken russische Firmen schwangere Neukundinnen im Internet nach Florida, damit sie dort ihre Kinder zur Welt bringen. Unter Palmen und bei strahlendem Sonnenschein. Doch vielmehr als die Palmen und den strahlenden Sonnenschein schätzen die betuchten Russinnen den US-amerikanischen Pass, den ihr Neugeborenes automatisch bekommt.

Damit soll bald Schluss sein, so der Wille von US-Präsident Trump. Als Signal der Härte gegenüber illegalen Migranten kündigte er an, dass zukünftig die Geburt in den USA nicht mehr ausreichen soll, um einen amerikanischen Pass zu bekommen. Allerdings müsste dazu die Verfassung der Vereinigten Staaten geändert werden.

Rundum-Wohlfühl-Paket für schwangere Russinnen

Seit Jahren boomt der russische Baby-Tourismus. Täglich sollen bis zu acht schwangere Frauen im Flieger Moskau-Miami sitzen, wenn man den Werbevideos der Anbieter glaubt. Um die 13 gibt es davon auf dem Markt. Anton Jatschmenew vertritt eine davon. Seine Firma heißt schlicht, aber deutlich "Miami Care". Zehn Mitarbeiter: Juristen, Mediziner, Dolmetscher, Fahrer und sonstige "Konsultanty" - "Berater" - sitzen in Miami. Anton Jatschmenew arbeitet von Moskau aus. Mit der Basis sozusagen. Seine Klientel: Frauen und ihre Ehemänner. "Manchmal aber auch mit den Liebhabern, wenn die Ehemänner davon nichts mitkriegen dürfen," scherzt Herr Jatschmenew im Gespräch mit der DW.

Anton Yachmenev
Agentur-Chef Anton Yachmenev organisiert Geburtsreisen in die USABild: privat

"Gutes Geschäft"

"Wir bieten ganz unterschiedliche Dienstleistungen an. Die Pakete sind individuell und richten sich nach dem Bedarf und dem Portemonnaie unserer Kunden." Anton Jatschmenew nennt seine Arbeit "globaler Tourismus", stellt aber auch klar, dass es sich für ihn um ein Geschäft handelt. "Gutes Geschäft", fügt er hinzu, das sich seit 2016 immer mehr lohne, nachdem die Russen ihre Finanzkrise überwunden und wieder mehr Geld hätten.

Bis zu 200 Kundinnen pro Jahr, schwangere Frauen, vermittelt "Miami Care" nach Florida, wo sie ein russisch-sprachiges Rundum-Wohlfühl-Paket erwartet: Transport, Unterkunft, medizinische und juristische Betreuung. Einmal Baby bekommen und zurück, mit der US-Bürgerschaft in der Tasche. "Billig sind wir nicht," sagt Jatschmenew. "Welcher Russe kann sich schon leisten, 30.000 Dollar in drei Monaten auszugeben." Doch diese Russen gibt es offensichtlich: "Mehr als die Hälfte unserer Kundinnen kommen aus Moskau, die anderen aus ganz Russland, vor allem aus dem russischen Norden. Dort, wo es Öl und Geld gibt."

Russisches Miami

Die meisten fliegen nach Miami, dort soll das Leben am günstigsten sein - und am russischsten. "Wenn Sie dort Frauen mit Kinderwagen sehen, ist jede zweite von ihnen eine Russin," erzählt Jatschmenew. In Miami leben viele russische Pop-Stars, auch sie haben dort ihre Kinder zur Welt gebracht. "Ein Argument mehr, unserer Firma zu vertrauen", wirbt der Moskauer Repräsentant.

Strand South Beach Miami
Der richtige Ort zum entspannten Kinderkriegen? Den US-Pass gibt es jedenfalls gleich dazu ...Bild: picture-alliance/DUMONT Bildarchiv

Wie viele Kinder tatsächlich von russischen Frauen in den USA geboren werden, weiß man nicht. Offizielle Statistiken zum Baby-Tourismus gibt es nicht. Das US-amerikanische Zentrum für Migrationsstudien rechnet mit 36.000 Babys, die jährlich von ausländischen Müttern geboren werden. Dass die Tendenz steigt, kann als sicher gelten, bedenkt man den Baby-Boom der letzten Jahre, von dem Anton Jatschmenew spricht.

Ob sich seine Firma "Miami Care" jetzt um das lukratives Baby-Geschäft fürchten muss? "Keinesfalls!", antwortet Jatschmenew selbstsicher. "Im Gegenteil! In den letzten 48 Stunden können wir uns vor Anrufen kaum noch retten. Dieser ganze Hype um Trumps Pläne spielt uns nur in die Hände! Wer bisher zweifelte, wird jetzt garantiert sein Baby in Miami zur Welt bringen! Solche Pläne sind die beste Werbung für uns!"

Rescheto Juri Kommentarbild App
Juri Rescheto Chef des DW-Büros Riga