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Geschäfte im Schatten der Sanktionen

Senada Sokollu9. Juni 2014

Der Staatsbesuch des iranischen Präsidenten Hassan Rohani in der Türkei soll die Handelsbeziehungen der beiden Länder stärken. Streitpunkt zwischen Ankara und Teheran ist bisher die Haltung zum syrischen Bürgerkrieg.

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Hasan Rohani
Bild: ISNA

Es ist der erste Besuch des iranischen Staatschefs in der Türkei seit Rohanis Amtsantritt im vergangenen Jahr. Der iranische Botschafter in Ankara, Ali Reza Bikdeli, ließ bereits verlauten, dass die wichtigsten beiden Punkte die Verbesserung der bilateralen Beziehungen und die Unterzeichnung verschiedener Verträge sein würden. Wie die türkische Zeitung "Today´s Zaman" weiter schrieb, stünden vor allem künftige Wirtschafts – und Handelskooperationen zwischen dem Iran und der Türkei auf der Agenda des Staatsbesuchs.

Im Januar besuchte der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan den Iran. Der türkische Premier betonte seinerzeit, dass die beiden Länder ihr Handelsvolumen auf rund 22 Milliarden Euro nahezu verdoppeln wollten. Und das trotz der größten Meinungsverschiedenheit in außenpolitischen Fragen: Was den syrischen Bürgerkrieg angeht, stellt sich der Iran seit Beginn des Krieges auf die Seite Baschar al Assads. Die Türkei dagegen auf die Seite der syrischen Opposition.

Erdogan Khamenei Iran Türkei
Der Besuch in Teheran: Erdogan bei Ayatollah Khamenei (rechts)Bild: Mehr

Syrien als Hauptproblem

"Die Syrienpolitik ist das größte Problem zwischen dem Iran und der Türkei. Genauso wie zwischen Russland und der Türkei“, so Hakan Günes, Dozent für Politikwissenschaften und internationale Beziehungen an der Istanbul-Universität. Diese Länder führen einen Stellvertreterkrieg in Syrien, so Günes im DW-Gespräch. "Assad und die Hisbollah kämpfen stellvertretend für den Iran gegen die türkischen Verbündeten. Das sind die Freie Syrische Armee, die Islamisten und Dschihadisten. Und trotz dieses Stellvertreterkrieges seien beide Länder in der Lage, ihre Beziehungen auf professionelle Weise fortzusetzen, so der Politologe.

Im Streit um das iranische Nuklearprogramm versuche die Türkei, eine Mediatorenrolle einzunehmen, so der Politologe. "Die Türkei unter Erdogan versucht zu zeigen, dass sie das Führungsland in der Region ist. Erdogan bemüht sich seit Jahren um die Führung in der islamischen Welt und damit im Nahen und Mittleren Osten. Der Iran auf der anderen Seite ist ein wichtiger Akteur im Nahen Osten“, so der Politologe. Beide Länder würden außerdem sehr von ihren Handelsbeziehungen profitieren, sagt Günes. Dabei spiele eine Rolle, dass das internationale Embargo gegen den Iran fortgesetzt werde, so dass ein freier Handel praktisch unmöglich sei. Die einzige Möglichkeit für Teheran, weiter Handel zu betreiben, sei die Zusammenarbeit mit den Golfstaaten und der Türkei. "Die Türkei folgt den Sanktionsvorschriften nämlich nicht", erklärt Günes.

Wirtschaftliche Verflechtungen

"Während des Sanktionsjahres haben viele westliche Firmen dieses Handelsverbot mit dem Iran eingehalten. Doch jedes westliche Land versucht auf indirektem Wege trotzdem, vom iranischen Markt zu profitieren“, so der Politologe. So würden deutsche, französische und amerikanische Firmen eine zweite Firma in der Türkei unter einem anderen Namen betreiben und so mit dem Iran Geschäfte machen, erklärt der Beobachter. "Die Türkei fungiert so als Brücke zwischen dem Westen und dem Iran. Davon profitiert auch die türkische Wirtschaft.“

Ein großer Streitpunkt sind die Erdgaspreise. Ankara beklagt sich seit Jahren über die zu hohen Gaspreise bei den Importen aus dem Iran. Und bisher habe es keine weiteren Fortschritte in diesem Disput gegeben, berichtet die türkische Zeitung "Today´s Zaman" basierend auf Informationen aus dem Energieministerium. Bei dem jetzigen Staatsbesuch werde es deshalb sicherlich auch um künftige Kooperationen im Energiebereich gehen, sagt Günes. Vor allem seit der Ukraine-Krise erkannten sowohl die EU als auch die USA, dass sie alternative Energiequellen zu Russland benötigen. In Bezug auf den Gas- und Ölimport ist der Iran eines der wichtigsten Länder der Welt. Aufgrund der Sanktionen kann der Iran jedoch Gas und Öl nicht direkt an den Westen verkaufen, wie der Politologe erläutert. Die Türkei als Transitland und der Iran als Ressourcen-Lieferant würden sich bestimmt näherkommen, erwartet der Politologe.

Erdgasförderung im Iran, Wirtschaft
Zu teuer für die Türken? Erdgasförderung im IranBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Raus aus der Isolation

Hassan Rohani gilt als ein Reformer, der den Iran aus der Isolation herauszubringen versucht, wie Fethi Acikel erläutert, Politikwissenschaftler an der Ankara Universität. "Er versucht, die iranischen Beziehungen zum Westen zu normalisieren und das Image des Landes zu stabilisieren. Das wird er vor allem durch wirtschaftliche Zusammenarbeit erreichen können“, so Acikel im DW-Gespräch. Die Regierungspartei AKP habe der iranischen Regierung stets Unterstützung zugesagt, trotz der Isolation des Iran zum Westen.

"Die islamisch-konservative AKP erachtet den Iran als verlässlichen Partner - auch aufgrund des islamischen Hintergrunds", sagt Acikel. Der Besuch des iranischen Präsidenten könne also als Initiative des Irans angesehen werden, die politischen und wirtschaftlichen Sanktionen loszuwerden.