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Geschäfte und Proteste: Rohani in Paris

Elizabeth Bryant, Paris (dh)13. November 2015

Der Besuch des iranischen Präsidenten Rohani in Paris sorgt schon jetzt für Aufregung. Frankreich und Iran: Der Beginn einer neuen Beziehung? Aus Paris berichtet Elizabeth Bryant.

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Iran Teheran Rede Hassan Rohani
Bild: Getty Images/AFP/A. Kenare

Es ist noch nicht einmal losgegangen und trotzdem gibt es schon Zoff. Der erste Besuch eines iranischen Präsidenten in Frankreich seit einem Jahrzehnt sorgt schon vor dem offiziellen Beginn am Sonntag für mächtigen Ärger. Neben der erwartbaren Kritik lässt vor allem ein Streit um die traditionell weinhaltige Getränkekarte des Elysee-Palasts die Gefühle hochkochen.

Zunächst aber zum offiziellen Programmablauf: Hassan Rohani wird am Sonntag Abend in Paris erwartet, nachdem er sich vorher in Italien mit Ministerpräsident Matteo Renzi und einigen Wirtschaftsbossen sowie im Vatikan mit Papst Franziskus treffen wird.

Am Montag hält er dann eine Rede vor der UNESCO in Paris und am Dienstag soll er mit Frankreichs Präsident Francois Hollande zusammentreffen. Am Rande dieser Gespräche will er auch mit Vertretern französischer Firmen zusammenkommen, die nach dem Atomdeal im Juli im Iran Morgenluft wittern.

"Herr Rohani fährt nach Europa um zu sagen: "Der Iran ist bereit, um mit Euch Geschäfte zu machen", sagt der Politologe Philippe Moreau Defarges vom Französischen Institut für Internationale Beziehungen in Paris: "Er will beweisen, dass der Iran offener geworden ist, dass das Land bereit und vor allem willens ist mit allen Parteien zu sprechen, auch mit den großen Jungs der internationalen Politik."

Belastete Geschichte

Die Gespräche in Frankreich werden allerdings alles andere als einfach. Die beiden Länder haben eine lange, wechselvolle Geschichte hinter sich. Einerseits verbrachte der "geistige Führer" des Iran, Ayatollah Khomeini, einen Teil seines Exils in der Nähe von Paris bevor er zurückkehrte um die "Islamische Republik Iran" zu gründen. Andererseits haben eine Reihe von Iranern seit der Revolution 1979 in Frankreich Zuflucht gefunden. Darunter auch so einflussreiche Oppositionsführer wie die Präsidentin des "Nationalen Widerstandsrates" Maryam Rajavi.

"Die Erwartungen an die Gespräche können daher nicht wirklich hoch sein", so Moreau Defarges im DW-Gespräch. "Ich glaube, der französischen Regierung geht es aus politischer Sicht primär darum, die iranische Haltung gegenüber dem "Islamischen Staat" zu hinterfragen. In zweiter Linie mag es darum gehen, ob der Iran es mit seinem Atomprogramm ernst meint".

"Genau deswegen", so der Experte weiter, "werden die Wirtschaftsbeziehungen im Vordergrund stehen. Frankreich erhofft sich dort die meisten Ergebnisse."

Die Nahost-Expertin Sanam Vakil vom Chatham House in London ist gegenteiliger Ansicht. Sie denkt, dass Rohanis Besuch zur Linderung der Spannung in den bilateralen Beziehungen führen wird:

"Es ist eine einmalige Gelegenheit für beide Seiten, ins Gespräch zu kommen, Unterschiede, aber vor allem auch Gemeinsamkeiten auszuloten", so Vakil gegenüber der DW.

In einem Interview mit französischen Medien konzentrierte sich der iranische Präsident im Vorfeld auf wirtschaftliche Themen: Vor allem der Automobilbereich, die Landwirtschaft und Flugzeugtechnik stünden im Vordergrund: "Diese drei Bereiche bilden die Basis für unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Frankreich" so Rohani: "Vor allem mit Airbus wollen wir Geschäfte machen".

Die Ansage kommt nicht ohne Grund: Neben mehr als einhundert anderen führenden französischen Firmen hatten Airbus-Vertreter dem Iran im September einen Besuch abgestattet. Wenn sich der Iran an die Vereinbarungen im Atomdeal hält, sollen die internationalen Sanktionen gegen das Land im Frühjahr 2016 aufgehoben werden. Bei einer Bevölkerungszahl von 80 Millionen sehen nicht wenige Vorstandsvorsitzende goldene Zeiten auf ihre Firmen zukommen. Wie die Agentur Reuters im Oktober berichtete, will die französische Kosmetikfirma "Sephora" mehrere Geschäfte im Iran eröffnen.

AFP PHOTO ALAIN JOCARD
Hassan Rohani und Francois Hollande bei der UN in New York im Herbst 2014.Bild: Getty Images/AFP/A. Jocard

"Wenn die Iraner sagen, dass sie offen sind für Geschäfte, dann sind sie offen für Geschäfte. Und zwar in jeglicher Hinsicht", so die Analystin Vakil.

Stolpersteine vorprogrammiert

Ganz so einfach dürfte es dennoch nicht werden: Führende französische Banken, wie Credit Agricole und BNP Paribas, hatten aus Angst vor wirtschaftlichen Konsequenzen an dem Wirtschaftstrip im Herbst nicht teilgenommen. Beide Banken hatten in der Vergangenheit Bußgeld zahlen müssen, weil sie die US-Sanktionen gegen den Iran verletzt hatten.

Viele der Schwierigkeiten hätten jedoch auch mit der derzeitigen französischen Außenpolitik zu tun, so der Politioge Moreau Defarges. Zum einen hätte die französische Regierung eine der härtesten westlichen Verhandlungspositionen gegenüber dem Iran eingenommen. Zusätzlich gehört die Regierung in Paris zu denjenigen, die am lautesten die Absetzung des syrischen Machthabers Basar al-Assad fordern. Assad ist einer der engsten Verbündeten des Iran.

"Der Iran und Frankreich haben traditionell sehr enge Beziehungen und eigentlich ist die französische Außenpolitik sehr realistisch, sehr pragmatisch", so Defarges gegenüber der DW. "Aber unter Herrn Fabius und Herrn Hollande nimmt Frankreich auf einmal eine Linie ein, die für die wirtschaftlichen Beziehungen ein echtes Problem darstellen könnten."

Für Sanam Vakil hat Europa endlich begriffen, dass es besser ist mit anstatt gegen den Iran zu handeln: "Die Sanktionen haben den Iran an den Verhandlungstisch gebracht. Aber das Land endlich in regionale Politik zu integrieren und in die Verhandlungen mit einzubeziehen ist wahrscheinlich auf lange Sicht noch wertvoller."

Französische Küche und andere Probleme

Komödienhafte Züge hhat unterdessen die Diskussion um das Staatsbankett angenommen. So soll der iranische Präsident ein Abendessen im Elysee Palast mit Francois Hollande wieder abgesagt haben, nachdem verlautbart wurde, dass Wein augeschenkt würde.

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Könnte zum Problem werden. Die französische Vorliebe für Wein stößt religiösen Hardlinern im Iran aufBild: pa/dpa

Der Eklat sei jedoch aus innenpolitischem Kalkül gezielt eingesetzt worden glaubt Sanam Vakil. "Diese ganze Geschichte kam doch nur auf, damit Rohani sich zu Hause keinen Ärger mit den Hardlinern einhandelt."

Nicht überraschend hat Rohanis Besuch indessen auch die scharfe Kritik von zivilrechtlichen Organisationen in Frankreich auf sich gezogen. In einem gemeinsamen Papier haben eine ganze Reihe von Menschenrechtsorganisationen den französischen Präsidenten dazu aufgefordert, die problematische Einschränkung von Freiheitsrechten im Iran anzusprechen.

Die einflussreiche jüdische Organisation CRIF hat sich vor allem auf Rohanis Erklärung "Israel ist kein legitmiter Staat" eingeschossen.

"Sein zweifelhafter Besuch in Frankreich ist eine Beleidigung für alle französischen Juden und alle diejenigen, die demokratische Werte hochhalten", so das Statement von CRIF.

Bei seiner Ankunft am Sonntag erwarten Rohani eine ganze Reihe von Demonstrationen. Mindestens zwei Dissidenten-Gruppen haben ihren Protest angekündigt:"Wir sind nicht glücklich, dass alle Bedenken gegen seine Besuch nur aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen einfach weggewischt werden", so die Frauenrechtsaktivistin Irene Ansari, die zu Frankreichs Exil-Iranern gehört.

Trotz aller Bedenken: Die wirtschaftliche Anziehungskraft des Landes ist einfach zu groß. Moreau Defarges sieht im Besuch Rohanis zuvor in Italien daher auch eine Botschaft an Hollande: "Rohani will in Paris zeigen, dass der Iran bereit ist mit den Franzosen Geschäfte zu machen. Aber er will Paris auch signalisieren: "Zur Not geht es auch ohne Euch"."