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Griechenland Krise

19. Juni 2011

Wie geht es weiter in der griechischen Wirtschaftskrise, die immer mehr zur Europa-Krise wird? Wer ist verantwortlich? Wer muss wie handeln? In Deutschland sind sich Politik und Wirtschaftsexperten da sehr uneinig.

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Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel spricht am Samstag (18.06.2011) bei der CDU-Kreisvorsitzendenkonferenz in Berlin (Foto: dpa)
Merkel lobt GriechenlandBild: picture-alliance/dpa

Staatsbankrott, Schuldenschnitt oder schrittweise Sanierung? Das sind einige der Szenarien für Griechenlands Zukunft. Unmittelbar damit verbunden ist auch die Zukunft der Europäischen Union und damit Deutschlands. Welches Szenario das wahrscheinlichste ist, scheint derzeit niemand voraussagen zu können. Welche Rettungsmaßnahmen am effektivsten sind, ebenso wenig.

Merkel lobt Griechenland

Bundeskanzlerin Angela Merkel jedenfalls lobt die griechische Regierung und ihre Anstrengungen. In einem am Sonntag (19.06.2011) veröffentlichten Interview in der Zeitschrift "Super Illu" sagte sie, Griechenland habe "in einem Jahr Erhebliches geschafft, das sollten wir anerkennen. Es hat seine Neuverschuldung um über fünf Prozentpunkte gesenkt, das ist eine gewaltige Sparleistung, aber es reicht noch nicht. Da liegt noch ein längerer Weg vor den Griechen und anderen Völkern. Sie brauchen dafür unsere Solidarität, und die sind wir auch bereit zu geben, wenn die betroffenen Staaten ihrerseits in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Gefragt ist also die richtige Mischung aus Fordern und Geduld."

Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und die deustche Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: AP/dapd)
Merkel und Sarkozy ringen um Kompromisse in Sachen Finanzkrise - mehr oder weniger erfolgreichBild: dapd

Zeitgleich mahnen Wirtschaftwissenschaftler, die Politiker in Europa versagten im Krisenmanagement. "Der Europäische Rat führt gegenwärtig nicht, er reagiert nur auf die Märkte und verschärft dadurch die Probleme, anstatt sie zu lösen", erklärte Wim Kösters, Europa-Experte beim Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in der "Welt am Sonntag".

Die griechische Wirtschaftskrise ist am Sonntagabend Hauptthema beim Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg. Am Montag ist Griechenlands Ministerpräsident Giorgios Papandreou in Brüssel, um über die Rettungspakete für Athen zu verhandeln. Und nur wenige Tage später beraten Europas Staats- und Regierungschefs in Brüssel über Lösungen der europäischen Finanzkrise.

Scharfe Kritik der Experten

Bundeskanzlerin Merkel mit Wirtschaftsweisen des Sachverständigenrats, u.a. Peter Bofinger, am 08.05.2011 in Berlin während der Übergabe des Frühjahrsgutachtens (Foto: dapd)
Peter Bofinger (2.v.r.) kritisiert die Politik der EUBild: dapd

Viele Gespräche, wenige Ergebnisse, bemängeln die Wirtschaftsexperten. Er sehe ein "völlig unnötiges Politikversagen", sagt Dennis Snower, der Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (ifw) der Zeitung. Dadurch, dass die Politiker die Griechenland-Krise nicht lösten, entstünden in Europa große Risiken und Unsicherheiten, insbesondere für die Finanzmärkte, so Snower weiter. Und auch Peter Bofinger, einer der Wirtschaftsweisen im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der auch die Bundesregierung berät, sieht in der Euro-Krise ein Versagen der Politik. Man müsse sich nicht wundern, so Bofinger in der "Welt am Sonntag", dass die Märkte aufgescheucht seien, wenn alle Kämpfe öffentlich ausgetragen würden und die Europäische Zentralbank mit Untergangsszenarien drohe.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht das anders: "Für die Gegenwart sind wir in Europa schon sehr viel besser gerüstet", sagte sie. Gleichwohl gehe es zurzeit darum, die beträchtlichen Versäumnisse und Sünden der Vergangenheit abzuarbeiten. "Die Schuldenkrisen, die Griechenland, Portugal und Irland jetzt durchleiden, sind allesamt aus früheren Fehlern entstanden, übrigens nicht unbedingt in jedem Land die gleichen Fehler", ergänzte die Kanzlerin.

Szenario Euro-Austritt

Eines der Szenarien, das als mögliche Lösung der Probleme Griechenlands immer wieder genannt wird, ist der Austritt aus der Gemeinschaftswährung Euro und eine Rückkehr zur Drachme. So könne das Land abgewertet und schneller wieder wettbewerbsfähig gemacht werden, sagen manche Wirtschafts-Experten. Andere sehen darin allerdings eine Bankrotterklärung des Euro und warnen vor einem Domino-Effekt für andere wirtschaftlich schwache Staaten. Die Deutschen sind in dieser Frage übrigens ähnlich gespalten: 46 Prozent sind für einen Austritt Griechenlands aus dem Euro, 47 Prozent sind dagegen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts emnid, die am Sonntag veröffentlicht wurde.

Autorin: Daphne Grathwohl

Redaktion: Pia Gram