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Gewalt im Namen Allahs

Anne Allmeling12. September 2012

Erneut schlägt den USA Wut und Gewalt in der muslimischen Welt entgegen. In Bengasi töten Islamisten den amerikanischen Botschafter und drei weitere Amerikaner. Auslöser: ein islamfeindlicher Film aus den USA.

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Ägypter setzen die Flagge der US-Botschaft in Brand (Foto: Reuters)
Bild: Reuters

Ein Jahr nach den blutigen Protesten wegen einer Koran-Verbrennung hat ein Film über den Propheten Mohammed erneut Muslime in Aufruhr versetzt - mit tödlichen Folgen: Bei einem Angriff auf das US-Konsulat in der libyschen Hafenstadt Bengasi kamen der US-Botschafter Christopher Stevens sowie drei weitere Diplomaten ums Leben. Auch in Kairo kam es zu anti-amerikanischen Ausschreitungen. Am Jahrestag der Flugzeugattentate vom 11. September 2001 sprühten radikale Islamisten den Namen des getöteten Al-Kaida-Anführers Osama bin Laden an die Mauer vor der Botschaft und rissen die US-Flagge herunter.

Verurteilung der Gewalt

Als Auslöser für die Ausschreitungen gilt ein im Internet veröffentlichter Ausschnitt aus einem Film über den Propheten Mohammed. Darin wird der Prophet unter anderem als Trottel, Frauenheld und Kinderschänder dargestellt. Autor, Regisseur und Produzent des Films ist nach Informationen des "Wall Street Journal" ein US-Bürger, der auch die israelische Staatsbürgerschaft besitzt.

US-Botschafter Christopher Stevens (Foto: dapd)
US-Botschafter Christopher Stevens wurde in Libyen getötetBild: dapd

Nach islamischer Tradition sind jegliche Darstellungen Allahs oder des Propheten Mohammed verboten - ein Grund, warum sich eine Reihe von Muslimen von dem Film provoziert fühlt. Für den Politikwissenschaftler und Buchautoren Hamed Abdel-Samad, der auch Mitglied der deutschen Islamkonferenz ist, kommt allerdings noch ein weiterer Grund hinzu. "Es geht nicht nur darum, wie der Prophet beleidigt wird, sondern auch darum, wer ihn beleidigt", sagte Abdel-Samad im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Wenn jemand in der Zeitung lesen würde, dass der Prophet in China oder Japan beleidigt wurde, wäre die Wut der Menschen nicht so stark wie in diesem Fall, da der Film aus den USA kommt."

Warnung vor weiteren Ausschreitungen

Der Filmausschnitt war nach Angaben des "Wall Street Journal" bereits seit Juli im Internet zu sehen. Aufmerksamkeit habe das Video erregt, seit sich der als Koranhasser bekannt gewordene Pastor Terry Jones für den Film eingesetzt habe. Eine Koran-Verbrennung in Jones' Kirche in Florida hatte im März vergangenen Jahres gewalttätige Proteste von Muslimen ausgelöst. Damals wurden in Afghanistan sieben UN-Mitarbeiter getötet. Nach der jüngsten Eskalation in Bengasi und Kairo warnen Terrorismusexperten nun vor weiteren Ausschreitungen vor allem in Ländern mit militanten islamischen Rebellengruppen.

Ein Bewaffneter vor dem US-Konsulat in Bengasi (Foto: Reuters)
Bewaffnete Angreifer in Bengasi setzten das Konsulat in BrandBild: Reuters

Politikwissenschaftler Abdel-Samad hält es allerdings für falsch, von nun an alle islamischen und religiösen Themen "mit Samthandschuhen" anzufassen. "Das ist kontraproduktiv", sagt er. "Ich glaube, Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit sind ein hohes Gut, und daran gibt es nichts zu rütteln. Muslime müssen mit der Zeit lernen, dass der Prophet Mohammed nicht nur ihnen alleine gehört, sondern der Menschheitsgeschichte – und dass nicht jeder den Propheten genauso sieht wie ein gläubiger Muslim."

Die Bundesregierung hat die Angriffe auf die US-Vertretungen der USA in Libyen und Ägypten "aufs Schärfste" verurteilt. "Solche Gewalt gegen diplomatische Einrichtungen kann und darf nie Mittel der politischen Auseinandersetzung, des politischen Handelns sein", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch (12.09.2012) in Berlin. Auch US-Präsident Barack Obama verurteilte die Attacken in Bengasi und Kairo. Die Getöteten stünden für Freiheit, Gerechtigkeit und Partnerschaft mit Ländern und Völkern auf der ganzen Welt - Werte, denen sein Land verpflichtet sei.

Ägypter stürmen die Mauer der US-Botschaft in Kairo (Foto: dapd)
In Kairo versammelten sich etwa 2000 Ägypter vor der BotschaftBild: dapd