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Gewalt vertreibt Ausländer aus Ägypten

29. Juni 2013

Nach dem erneuten Gewaltausbruch in Ägypten verlassen immer mehr ausländische Staatsangehörige das Land. Die Flüge nach Europa und Amerika sind ausgebucht. Am Freitag waren bei Protesten drei Menschen getötet worden.

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Feuer bei einer Anti-Regierungs-Demonstration im ägyptischen Alexandria (Foto: picture alliance/dpa)
Ägypten ProtestBild: picture-alliance/dpa

Wie aus dem Umfeld des Kairoer Flughafens verlautete, gibt es für Flüge, die am Samstag nach Europa, in die USA und in die Golfstaaten starten, keine Tickets mehr. Unter den vielen Menschen, die derzeit aus dem Land flüchten, sollen auch zahlreiche Mitarbeiter der US-Botschaft und deren Familienangehörige sein.

Das US-Außenministerium warnte vor nicht unbedingt nötigen Reisen in das Land. Alle US-Bürger wurden dringend aufgefordert, Demonstrationen zu meiden, weil selbst friedliche Versammlungen schnell in Gewalt umschlagen könnten.

Auch das Auswärtige Amt in Berlin empfahl deutschen Staatsbürgern "nachdrücklich", während und nach den für das Wochenende angekündigten Großdemonstrationen "besondere Vorsicht walten zu lassen und den jeweiligen Einzugsbereich der Demonstrationen weiträumig zu meiden".

Ein Amerikaner und zwei Ägypter getötet

Am Freitag waren anlässlich des Jahrestags der Amtsübernahme von Präsident Mursi zahlreiche Gegner und Anhänger seiner Regierung in ganz Ägypten auf die Straße gegangen. In Alexandria und Port Said starben drei Menschen - einer war US-Bürger.

Der Amerikaner kam einem Bericht des ägyptischen Staatsfernsehens zufolge bei Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern Mursis in Alexandria ums Leben. Bei dem Mann handle es sich um einen 21-jährigen Fotoreporter, hieß es. Nach Angaben von Ärzten wurde der US-Bürger mit Stichwunden ins Krankenhaus gebracht, wo er später starb. Der Sicherheitschef von Alexandria, Amin Essedin, sagte, der Mann habe für das US-Kulturzentrum in der Stadt gearbeitet.

Sorge vor Eskalation in Ägypten wächst

Bei einer Massenschlägerei im Stadtteil Sidi Gaber von Alexandria wurde ein Ägypter getötet. In Port Said kam ein ägyptischer Journalist ums Leben. Fast 140 Menschen sollen Medienberichten zufolge insgesamt verletzt worden sein. Kontrahenten gingen mit Stöcken aufeinander los.

Büros gingen in Flammen auf

In der Hauptstadt Kairo demonstrierten am Freitag zehntausende Gegner, aber auch Anhänger Mursis. Mehrere Büros der Partei für Gerechtigkeit und Freiheit der Muslimbrüder, denen der Präsident entstammt, gingen in Flammen auf. Die Protestbewegung will ein Jahr nach dem Amtsantritt des Staatschefs seinen Rücktritt erzwingen. Neuwahlen lehnt die islamistische Führung des Landes ab.

Die Ausschreitungen und Demonstrationen sind ein Vorgeschmack auf die für Sonntag geplanten Großkundgebungen der Opposition. Mursi - 2012 bei der ersten freien Präsidentschaftswahl mit knapper Mehrheit gewählt - war vor genau einem Jahr vereidigt worden. Seine Gegner haben mehr als 20 Millionen Unterschriften von Bürgern gesammelt, die seine Absetzung und Neuwahlen verlangen.

Demonstranten setzen ein Bild der US-Botschafterin in Kairo, Anne Patterson, in Brand (Foto: picture alliance/ZUMA Press)
Demonstranten setzen ein Bild der US-Botschafterin in Kairo, Anne Patterson, in BrandBild: picture alliance/ZUMA Press

Doch die Opposition ist nicht allein auf den Straßen. Tausende von Anhängern der islamistischen Parteien hielten im Kairoer Vorort Nasr-City eine Kundgebung unter dem Motto "Die Legitimität ist die rote Linie" ab. Vor der Rabea al-Adawija-Moschee in der Hauptstadt sammelten sich am Abend etwa 20.000 Menschen. Mehrere Redner warfen der Protestbewegung vor, sie werde "aus dem Ausland unterstützt, von Staaten, die nichts Gutes für Ägypten wollen". Sie betonten, Mursi werde nicht vor Ende seiner vierjährigen Amtszeit zurücktreten. Auch auf dem zentralen Tahrir-Platz, wo sich die Gegner der Islamisten sammelte, wurde es am Abend voll.

Folter an der Tagesordnung

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und die Vereinigung Reporter ohne Grenzen stellen Mursi ein schlechtes Zeugnis aus. Eine Amnesty-Sprecherin erklärte: "In einigen Bereichen hat sich die Menschenrechtslage im ersten Amtsjahr von Mohammed Mursi sogar verschlechtert." Folter und Misshandlung von Festgenommenen seien weiter an der Tagesordnung. Die Schuldigen gingen straffrei aus. Die Journalistenvereinigung Reporter ohne Grenzen sprach von einem "verlorenen Jahr für die Pressefreiheit in Ägypten". Die neue Verfassung schütze Berichterstatter nicht ausreichend vor Diffamierung und Angriffen.

gri/as/ml/det (dpa, rtr, afp)