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Tag der Arbeit

1. Mai 2010

Bei den traditionellen Mai-Kundgebungen am Tag der Arbeit haben Gewerkschafter deutlich schärfere Regeln für die Finanzmärkte gefordert. In einigen Städten gingen zeitgleich Tausende gegen Neonazis auf die Straße.

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DGB-Demonstration am 1. Mai 2010 (Foto: AP)
Lautstarker Protest des DGBBild: AP
DGB-Vorsitzender Michael Sommer (Foto: AP)
Sommer wettert gegen die Reichen und den FinanzmarktBild: AP

Auf den Kundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Tag der Arbeit (01.05.2010) drehte sich alles um die Finanzkrise und die Zunahme schlecht bezahlter und unsicherer Beschäftigung. "Wir müssen vorbeugen und den Schamlosen in den Arm fallen", mahnte DGB-Chef Michael Sommer bei der zentralen Kundgebung in Essen. Die nächste Krise gucke schon um die Ecke und eine zweite Krise dieser Art sei nicht beherrschbar. Sie bedrohe letztlich Frieden und Demokratie.

Mehr Kontrolle des Finanzmarktes

Trotz des Ausmaßes der Krise seien die Krisenursachen noch nicht untersucht und keine Gesetze gegen Finanzmarktspekulationen erlassen worden, kritisierte der Vorsitzende der größten Einzelgewerkschaft IG Metall, Berthold Huber, in Frankfurt. "Wer auf der falschen Spur ist, wer als Geisterfahrer noch Vollgas gibt, der provoziert den nächsten Crash." Auch Verdi-Chef Frank Bsirske beklagte in Hannover, dass weder eine Reform noch eine Regulierung der Finanzmärkte in Sicht seien. "Bis heute zwingen die Banken ihre Belegschaften, Papiere zu verkaufen, die die Kunden weder haben wollen, noch brauchen", sagte Bsirske.

Einig waren sich die Vorsitzenden bei ihren Forderungen an die Politik: Es müsse eine Steuer auf alle Finanztransaktionen geben. Außerdem müssten die Banken für den bisher schon angerichteten Schaden aufkommen, verlangte der DGB-Vorsitzende Sommer. Dazu reiche die von der Regierung verabschiedete Bankenabgabe bei weitem nicht aus: "Die ist so lächerlich gering, dass sie nicht einmal den Bankrott einer Dorfsparkasse auffangen könnte."

Bessere Beschäftigungspolitik

Ein Demonstrant hält in Essen ein Protestplakat (Foto: AP)
Für mehr Gerechtigkeit in der GesellschaftBild: AP

Angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise seien außerdem weitere Maßnahmen zur Sicherung der Arbeitsplätze erforderlich. Die derzeit bis März 2012 befristete Kurzarbeiterregelung müsse "bis weit in das Jahr 2012 hinein fortgeführt und weiterentwickelt werden", betonte Sommer. "Wir wollen einen starken Sozialstaat und eine Wirtschaft, die den Menschen dient." Er kritisierte in diesem Zusammenhang erneut auch die steuerpolitischen Vorstellungen der FDP. "Die liberalen Steuerpläne sind schon in ihrer Idee zutiefst ungerecht. Nur die Reichen können sich einen armen Staat leisten." Sommer forderte zudem erneut die Einführung eines gesetzlichen, flächendeckenden Mindestlohnes. Dies sei das beste Mittel, um den Niederiglohnsektor abzuschaffen.

Bundesweit hatten die Gewerkschaften fast 450 Veranstaltungen organisiert unter dem Motto: "Wir gehen vor! Gute Arbeit. Gerechte Löhne. Starker Sozialstaat".

Weitgehend ruhiger Protest gegen Rechts

Klaus Wowereit, regierender Bürgermeister von Berlin, und andere Politiker demonstrieren gegen Rechts am 1. Mai (Foto: AP)
Auch der Bürgermeister marschiert gegen Rechts: Klaus Wowereit (Mitte)Bild: dpa

Neben den traditionellen Kundgebungen der Gewerkschaften am 1. Mai sind am Samstag auch tausende Menschen gegen Neonazi-Aufmärsche in mehreren deutschen Städten auf die Straße gegangen. Polizeikräfte versuchten Zusammenstöße von Rechtsextremisten und Gegendemonstranten zu verhindern. Mehrfach löste die Polizei Sitzblockaden auf. In Berlin wurde dabei auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) vom Boden hochgezogen und an den Straßenrand geführt.

Bis zum Abend blieb es weitgehend friedlich. In Berlin wurden allerdings 200 Neonazis festgenommen, die sich abseits der genehmigten Demonstrationsroute an der Einkaufsmeile Kurfürstendamm eingefunden hatten. In der Hauptstadt waren mehrere tausend Demonstranten unterwegs. Bis zu 3000 Rechtsextreme waren erwartet worden. Mit zwei Stunden Verspätung marschierten etwa 600 NPD-Anhänger von einem S-Bahnhof im Stadtteil Pankow los. Insgesamt standen 7000 Polizisten aus mehreren Bundesländern und einige Wasserwerfer bereit.

Bundestagsvizepräsident Thierse hatte mit anderen Berliner Politikern den Zug von 500 Rechtsextremen durch den Stadtteil Prenzlauer Berg eine knappe Viertelstunde aufgehalten. Der Prenzlauer Berg liegt im Wahlkreis des 66-Jährigen.

Auch in anderen deutschen Städten wie Erfurt, Schweinfurt oder Zwickau gab es Protestaktionen gegen einen Aufmarsch von Rechtsextremen. Viele Initiativen, Organisationen und Politiker hatten zu gewaltfreiem Protest aufgerufen.


Autor: Nicole Scherschun (dpa, epd, ap)
Redaktion: Manfred Götzke