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Gina Lückenkemper: Mit Power zu Silber

Sarah Wiertz
7. August 2018

Sie ist das Gesicht der deutschen Leichtahtletik. Und nach ihrem 100-Meter-Lauf strahlt es mehr denn je: Gina Lückenkemper läuft trotz Startschwierigkeiten bei der Heim-EM in Berlin die zweitschnellste Zeit.

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Deutschland Leichtathletik-EM 2018 in Berlin | Gina Lückenkemper
Bild: Reuters/M. Dalder

Während sie eine Konkurrentin umarmte, sah sie das Ergebnis auf der Leinwand aufleuchten. Sie machte ein paar Luftsprünge mit beiden Beinen, bevor sie in die Knie sank und einige Tränen der Freude über ihre Wangen kullerten. Im Vorlauf der Heim-Europameisterschaften in Berlin war Gina Lückenkemper die 100 Meter unter den magischen elf Sekunden (10,98) gelaufen. Genau dieselbe Zeit lief sie jetzt im Finale im Berliner Olympiastadion erneut.

Und die bedeutete Platz zwei für die 21-Jährige Deutsche hinter der Britin Dina Ahser-Smith (10,85) und knapp vor Dafne Schippers aus den Niederlanden (10,99). "Ich habe jede einzelne Sekunde genossen. Das ist unfassbar, einfach herrlich", jubelte die neue Vize-Europameisterin am Mikrofon des Fernsehsenders ZDF. "Wenn so viele Leute im Stadion deinen Namen brüllen - das ist so überwältigend." 

Startschwierigkeiten

Dabei hatte Lückenkemper wortwörtlich mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Denn die ersten zwei, drei Sekunden sind bei ihrem Lauf die, wo sie noch Potential hat. Auch diesmal waren zu Beginn andere Athletinnen schneller. Zudem waren die Startblöcke ungewohnt. "Die waren eine Katastrophe. Die waren von der Größe her die von Kreismeisterschaften und auch komisch eingestellt. Aber das ist mir jetzt scheißegal." 

Lückenkemper ist das deutsche Gesicht dieser EM. Eine selbstbewusste, junge, extrovertierte Frau mit klaren Ansagen: "Ich möchte von der EM mit zwei Medaillen nach Hause fahren." Die erste hat sich nun erlaufen. Eine deutsche Sprinterin, die unter elf Sekunden läuft, das hat es lange nicht gegeben. Zwar lief Verena Sailer 2010 zu EM-Gold, aber dies in 11,10 Sekunden. Als letzte Deutsche war Katrin Krabbe im Jahr 1991 unter elf Sekunden geblieben - aber die hat bekanntlich mit unerlaubten Mitteln nachgeholfen.

9-Volt-Block

"Ich möchte den Leuten zeigen, was ich aus mir rausholen kann, was ich mir hart erarbeiten kann - ohne irgendwelche Mittelchen. Ich bin meinen Dopingkontrolleuren auch nicht böse. Wenn die um sechs Uhr bei mir klingeln, sind die selbst um fünf Uhr aufgestanden", hatte Lückenkemper im Mai im Interview mit "Der Westen" gesagt. Etwas Ungewöhnliches macht sie aber schon, um ihre Leistung zu steigern. Vor dem Training hält sie sich einen 9-Volt-Block an die Zunge. "Ich mache das, um die Nervenzellen im Gehirn zu aktivieren."

Neben dem Studium der Wirtschaftspsychologie versucht die Athletin aus dem Ruhrgebiet Erholung bei ihrem Pferd zu finden. Die vielen Interviews und Sponsorentermine haben ihr ganz schön zu schaffen gemacht, gibt sie nach ihrer Silbermedaille zu, auch wenn sie gerne redet und ihr die Selbstvermarktung sogar Spaß macht. "Die letzten Wochen und Monate waren mental eine krasse Zeit."

Noch aber ist sie nicht vorbei: "Die Anspannung ist noch nicht komplett weg. Am Sonntag geht's ja noch weiter mit der Staffel."

DW Kommentarbild Sarah Wiertz
Sarah Wiertz Teamleiterin Sport Online