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Unterricht für die Seele

30. November 2010

Vom Glück sollen alle was haben. In vielen deutschen Schulen steht das Thema inzwischen auf dem Unterrichtsplan und soll den Schülern das Leben leichter machen. Manche Jungs haben damit so ihre Probleme.

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Kleeblatt (Foto: AP)
Bild: AP

Schlimmer als Schule sei nur noch der Zahnarztbesuch, so lautete das Ergebnis einer Umfrage unter Schülern. Ein Zustand, der den Heidelberger Oberstudiendirektor Ernst Fritz-Schubert sehr beunruhigte. Er hat deshalb zusammen mit einem Expertenteam das Schulfach "Glück" konzipiert, das zunächst nur an seiner Schule, der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg, auf dem Lehrplan stand.

Phantasiereisen ins Unterbewusstsein

Inzwischen sind weitere Schulen in Baden-Württemberg und Deutschland seinem Vorbild gefolgt und bieten mit dem Unterrichtsfach "Glück" einen Gegenpol zum oft stressigen und stark leistungsorientierten Schulalltag. Der Unterricht folgt dem Prinzip der Selbsterfahrung und wird mit erlebnisorientierten Projekten gestaltet. Rollenspiele, Konzentrations- und Wahrnehmungsübungen vermitteln den jungen Menschen Selbstvertrauen. Gleichzeitig üben sie sich in kollektivem Verhalten. Sie erkennen ihre Stärken ebenso wie ihre Schwächen und erhalten damit wertvolle Impulse für ihre Lebensfreude und Persönlichkeitsentwicklung.

Klassenzimmer (Foto: Helga Spannhake)
GlücksunterrichtBild: DW

Am Reuchlin Gymnasium in Pforzheim hat sich Ethiklehrerin Ulrike Barth dem Glück im Unterricht verschrieben. Während der Schulstunde schickt sie ihre Schüler zum Beispiel auf eine Phantasiereise ins Haus der inneren Kraft. In einzelnen Zimmern geht es um Menschen, die einem etwas bedeuten, um Dinge, die einem am Herzen liegen. Ein Schreibtisch symbolisiert die Herausforderung Schule. Im anschließenden Aufmalen des Empfundenen reflektieren die Schüler ihre aktuelle Lebenssituation.

Über den eigenen Schatten springen

Ein Mädchen hat in die Fenster ihres Hauses Blumen und Herzen gemalt: Sie sollen die Natur und die Liebe symbolisieren. Manch einem Jungen fällt diese emotionsgeladene Innenansicht allerdings schwer: "Ich hab gedacht, das sei total sinnlos und es sah für mich nach Kindergartenaufgaben aus", berichtet ein Schüler, der inzwischen aber festgestellt hat, dass das Schulfach Glück viele praktische Tipps fürs Zusammenleben bietet.

Lehrerin an der Tafel (Foto: Helga Spannhake)
Ulricke Barth und Glück auf der TafelBild: DW

Schülerin Jenny erinnert sich vor allem an eine Übung, bei der man sich rücklings in die Arme der anderen fallen lassen musste: "Das war am Anfang sehr schwierig für mich, weil ich überhaupt kein Vertrauen hatte, dass die mich wirklich auffangen." Aber nach einer Weile habe sie dann gemerkt: Die anderen würden auch aufgefangen. Jenny hat es versucht "und es war dann auch eine schöne Erfahrung, dass man von den anderen gehalten wird."

Die Schüler führen während der Zeit des Glücksunterrichts ein Tagebuch, dem sie ihre innersten Gefühle und Gedanken anvertrauen können. Im Unterrichtsfach Glück soll ein Prozess des Bewusstwerdens in Gang gesetzt werden. Er gliedert sich in die Themenbereiche: "Freude am Leben", "Freude an der eigenen Leistung", "Selbstbild versus Fremdbild" und "der Körper als Ausdrucksmittel".

Autorin: Helga Spannhake

Redaktion: Gudrun Stegen