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Glaube und Geschäfte

Klaudia Prevezanos 4. September 2004

Geld und Macht spielen auch hinter kirchlichen Mauern eine Rolle. Das zeigt der Eklat im Kloster Andechs. Dabei sind Geschäft und Handel für Glaubensschwestern und -brüder durchaus üblich.

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Streit um das beliebte KlosterbierBild: dpa

Lassen sich Klosterleben und Kapitalismus miteinander vereinbaren? Warum nicht, scheint die Antwort von Pater Anselm Bilgri zu sein. Bis zum Sommer 2004 war er Cellerar - Wirtschaftschef - der Abtei Sankt Bonifaz in München und Andechs. Vor allem das Kloster Andechs ist weit über Bayerns Grenzen hinaus für sein Bier bekannt. Das dunkle Mönchs-Bockbier hat Freunde in aller Welt. Rund um die Klosterbrauerei mit mehr als 80.000 Hektolitern Bierausstoß hat Mönch Bilgri seit 1986 einen Wirtschaftsbetrieb aufgebaut. Lizenzprodukte des Klosters und der Brauerei werden angeboten, es gibt eine Schnapsbrennerei, jährliche Festspiele, Gaststätten und eine eigene Restaurantkette: "Der Andechser".

Mehr ausgegeben als eingenommen

Goldgelber Mond über Kloster Andechs
Das Kloster Andechs auf dem Heiligen Berg am bayerischen AmmerseeBild: dpa

Alles schien gut zu laufen, bis Ende Juli 2004 für die "Kloster Andechs Gastronomie AG" beim Amtsgericht Ulm ein Insolvenzantrag gestellt wurde. Die AG, die vor allem für die Vermarktung der zehn Wirtshäuser unter dem Namen "Der Andechser" zuständig ist, gab ihre Zahlungsunfähigkeit bekannt. Die Gastronomie AG habe mehr Geld ausgegeben als eingenommen, heißt es in einer Mitteilung des Klosters zu dem Vorgang. Seit 2001 gehört die Aktiengesellschaft zum Kloster Andechs, nicht zu verwechseln mit der "Andechser Klostergaststätten GmbH", die die klostereigenen Schänken betreibt. Passen Geschäft und Glaube nun einmal nicht zusammen?

Die Verbindung ist keineswegs unüblich: Viele Abteien handeln mit selbst gemachten Produkten. Die Klosterwaren werden meistens im eigenen Laden oder im Internet verkauft. Einige Kloster in Europa bieten außerdem Gästeaufenthalte an. Auch die Mönchsrepublik Athos im nordöstlichen Griechenland ist dafür bekannt. Allerdings sind nur männliche Gäste willkommen. Außerdem verpachten einige der 20 Großklöster seit Jahren Grundstücke an holzverarbeitende Firmen. Auch ist das Transportgeschäft auf der Halbinsel gewachsen, so dass die vielen Besucher nicht mehr zu Fuß marschieren müssen.

Vermögen des Vatikan

Mönchsrepublik Athos in Griechenland
Ein griechisch-orthodoxer Mönch pflegt die Blumen im Klosterhof. Die Mönchsrepublik Athos wurde 1987 von der Unesco als Natur- und Kulturdenkmal in die Liste des Welterbes aufgenommen.Bild: dpa

Zahlen über das kirchliche Geschäft sind dagegen nicht zu haben. Besonders verschwiegen ist der Vatikan, der als einer der größten Finanzmächte der Welt gilt. 1994 soll das Vermögen, für das alleine die Vermögensverwaltung von Vatikanstadt zuständig ist, bei umgerechnet 1,6 Milliarden Euro gelegen haben. Hauptgeschäftszweige sind unter anderem eine Druckerei, ein Buchladen und Verlag, aber auch der Handel mit Vatikanmünzen und -briefmarken. Mehrere Millionen Pilger kommen jedes Jahr in den Vatikan - und lassen dabei ihr Geld auch in den Souvenirläden und Museumsshops.

Auf dem Berg Andechs geht es beim Insolvenzantrag für die Gastronomie AG auch um Geld. Immerhin hält die Klosterbrauerei 42 Prozent an der Gesellschaft. 38 Prozent der Anteile gehören dem Unternehmer Rainer Staiger. Das restliche Fünftel halten private Investoren. Doch der Vorgang ist auch eine Frage der Macht: Pater Anselm Bilgri wäre nämlich als erfolgreicher Managermönch gern bei der Wahl im Sommer 2003 neuer Abt für die Abteien Sankt Bonifaz und Andechs geworden. Stattdessen bekam Johannes Eckert das Amt. Seitdem herrschte Krach hinter den Klostermauern.

Unklare Lage

Münchner Oktoberfest - Die Mass Bier soll Sieben Euro kosten
Prost!Bild: AP

Auch Eckert gilt als ökonomisch offen. Doch sein Wirtschaftschef schien ihm zu mächtig. Nach und nach nahm er ihm Befugnisse ab. Bilgri hat seine Ämter inzwischen abgegeben und das Kloster verlassen. Er und Staiger halten den Insolvenzantrag für die "Andechser"-Kette für unnötig. Abt Johannes Eckert meint hingegen, er wollte Schlimmeres verhindern. An der Verbindung zwischen Glaube und Kapital ändert das jedoch wenig. Die übrigen Geschäfte auf dem Berg Andechs werden fortgeführt. Und Pater Anselm Bilgri macht, was er besonders gut kann: Er hat eine Unternehmensberatung gegründet: "Anselm Bilgri und Partner - Zentrum für Unternehmenskultur". Mönch bleibt er trotzdem.