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Theater

Goethepreis für Regisseurin Ariane Mnouchkine

Anna Seibt
28. August 2017

Die Grande Dame des französischen Avantgarde-Theaters bekommt den Goethepreis der Stadt Frankfurt. Damit wird Ariane Mnouchkine für ihr Lebenswerk als Regisseurin und Leiterin des "Théâtre du Soleil" geehrt.

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Deutschland Theater-Regisseurin Ariane Mnouchkine in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/C. Esch-Kenkel

Ariane Mnouchkine ist die Nähe zu ihrem Publikum wichtig. Seit über 50 Jahren begrüßt die 78-Jährige als Kartenabreiserin die Besucher am Eingang der "Cartoucherie". Das ehemalige Munitionslager im Süden von Paris ist die ständige Spielstätte des "Théâtre du Soleil".

1964, im Alter von 25 Jahren, gründete die Französin zusammen mit Kollegen das gesellschaftskritische Ensemble, dessen Leiterin und Regisseurin sie bis heute ist. In der Tradition des Volkstheaters arbeiten die Schauspieler mit Pantomime, Kabarett, Improvisionstheater und Akrobatikelementen. Auch das Publikum beziehen sie in ihr Spiel mit ein. Die Theaterabende des "Théâtre du Soleil" sind opulente Ereignisse, die Comedia dell'Arte, antikes Theater und orientalisch-asiatische Theaterstile miteinander verschmelzen.

Verjkleidete Schauspieler auf der Bühn:e"Les Atrides" (Archivfoto und Text 1991)
Das "Théâtre du Soleil" führte in Berlin die griechische Trilogie "Les Atrides" aufBild: picture-alliance/dpa/K. Franke

Fließende Grenzen zwischen Theater und Leben

International bekannt wurde Mnouchkine mit dem 1970 uraufgeführten Stück "1789".  Darin beschwor sie auf der Bühne eindringlich die Glanz- und Schattenseiten der Französischen Revolution. Doch Mnouchkine will mit ihren Inszenierungen politische Ereignisse nicht nur kommentieren; ihr Theater soll direkten Einfluss auf die soziale Wirklichkeit der Menschen nehmen. Für die Theatermacherin sind die Grenzen zwischen Theater und politischer Agitation daher auch fließend: 1995 protestierte sie mit einem mehrwöchigen Hungerstreik gegen die Notlage bosnischer Kriegsflüchtlinge. 2008 veröffentlichte sie kurze Internetfilme, mit denen sie auf Menschenrechtsverletzungen in China aufmerksam machte und zum Boykott der Olympischen Spiele in Peking aufrief.

Die Tochter des russisch-französischen Filmproduzenten Alexandre Mnouchkine versuchte sich Ende der 1970er Jahre auch als Filmemacherin. Zwei Jahre lang arbeitete sie mit über 120 Schauspielern und 600 Statisten an einem vierstündigen Film über das Leben des französischen Dramatikers Molière.

Auszeichnung für eine große europäische Regisseurin

Deutschland Berliner Festwochen - "Les Atrides" (Archivfoto und Text 1991)
Probe von "Les Atrides" 1991Bild: picture-alliance/dpa/K. Franke

Am 28. August wurde "la Reine", die Königin, wie sie in Frankreich genannt wird, mit dem Goethepreis ausgezeichnet. Er wurde Mitgliedern des von Mnouchkine gegründeten "Theatre du Soleil" überreicht, das sie selbst nicht zur Preisverleihung kommen konnte.

Peter Feldmann, der Vorsitzende des Kuratoriums und Oberbürgermeister von Frankfurt, bezeichnete Mnouchkine als "wirklich große europäische Regisseurin". Mit ihrem Theaterkollektiv "Théâtre du Soleil" habe die Französin gezeigt, "wie produktiv ein dezidiert politisches Selbstverständnis in der Theaterkunst sein kann."

Der mit 50.000 Euro dotierte Goethepreis wird alle drei Jahre am 28. August, dem Geburtstag von Johann Wolfgang von Goethe, verliehen. Ins Leben gerufen wurde er 1927 von der Stadt Frankfurt am Main. Albert Schweitzer, Thomas Mann, Hermann Hesse, Marcel Reich-Ranicki und Pina Bausch waren ebenfalls schon unter den Preisträgern.