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Die neue "Goldene Generation"

27. Dezember 2017

Der Confed Cup im Sommer hat bereits gezeigt, über welch große Talente der deutsche Fußball wieder mal verfügt. Ursache dafür ist vor allem die professionelle republikweite Jugendarbeit.

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Die deutsche U21 feiert ihren Europameistertitel (Foto: Getty Images/AFP/J. Skarzynski)
Das darf gefeiert werden: Die U21 zelebriert ihren EM-Titelgewinn 2017. Bild: Getty Images/AFP/J. Skarzynski

Leicht fällt es Domenico Tedesco nicht, die Frage zu beantworten. Der Trainer des FC Schalke 04 versucht sich deshalb schnell in die Lage des Bundestrainers Joachim Löw zu versetzen. "Es ist leicht, aber irgendwie auch schwer, weil er einigen Spielern absagen muss", sagt der 32-Jährige der DW und wirkt hin- und hergerissen. Eine eindeutige Antwort darauf, ob Bundestrainer Joachim Löw bei der Bestimmung seines endgültigen Kaders für das WM-Turnier in Russland einen eher einfachen Job hat, will dem jungen Fußballlehrer nicht so leicht über die Lippen kommen. 

Keine Frage, die Qualität der Spieler der deutschen Nationalmannschaft ist enorm hoch. Nicht ohne Grund macht sich der DFB-Tross im Sommer mit dem Ziel auf den Weg, den WM-Titel zu verteidigen. Und das, obwohl ehemalige Leistungsträger wie Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger oder Per Mertesacker längst ihren Rücktritt aus dem Team erklärt haben.

Doch die jungen Nachfolger haben deren neuralgische Positionen eingenommen. Not an hochqualifiziertem Nachwuchs, wie in manch anderen Fußballnationen - etwa den Niederlanden - besteht hierzulande jedenfalls nicht.

Reschke: "Jugendarbeit auf extrem hohen Niveau"

VfB-Stuttgart-Sportvorstand Michael Reschke im Porträt. (Foto: picture-alliance/Promediafoto/M. Deines)
VfB-Stuttgart-Sportchef Michael Reschke. Bild: picture-alliance/Promediafoto/M. Deines

Denn die deutschen Nachwuchs-Leistungszentren sind ein offenbar nicht versiegender Quell, der Spitzentalente am Fließband für die Bundesligaklubs und damit auch für die DFB-Auswahlen hervorbringt. "In diesen Leistungszentren wird auf extrem hohem Niveau gearbeitet. Bereits in der F- und E-Jugend sind dort überall hervorragende Trainer beschäftigt", sagt Michael Reschke der DW.

Der Scouting-Experte und Sportchef des VfB Stuttgart beschäftigt sich seit vielen Jahren - zunächst bei Bayer 04 Leverkusen, danach beim FC Bayern München - mit jungen Talenten, die aufgrund ihrer besonderen Fähigkeiten dazu in der Lage sind, in der Bundesliga zu spielen. 

Vor allem aber ist Reschke der Auffassung, dass es auch in den kommenden Jahren keinen Engpass an starkem Nachwuchs geben werde. "Man muss sehen, dass in der Mannschaft, die U21-Europameister geworden ist, sogar einige sehr starke Spieler gefehlt haben", sagt der 60-Jährige.

Nahezu alle Spieler haben bereits Bundesliga-Erfahrung

Timo Werner, Niklas Süle, Julian Brandt, Benjamin Henrichs, Joshua Kimmich oder auch Leon Goretzka hätten allesamt auch noch bei der U21-EM in Polen auflaufen können, gehörten aber bereits zum A-Nationalteam, das den Confed Cup gewinnen konnte.

Angreifer Timo Werner (l.) "tunnelt" Frankreich-Torhüter Steve Mandanda (r.).  Imago/Sportfoto Rudel)
Angreifer Timo Werner (l.) trifft für die A-Nationalmannschaft gegen Frankreich. Bild: Imago/Sportfoto Rudel

Gerade diese neuen, besonderen Talente erinnern an außergewöhnliche Profis wie Mesut Özil, Manuel Neuer, Mats Hummels, Jerome Boateng oder auch Sami Khedira, die 2009 mit ihrer damaligen U21-Nationalmannschaft unter Trainer Horst Hrubesch Europameister wurden und noch immer Karrieren auf höchstem Niveau durchleben. Die bisherige sportliche Krönung war für diese Generation der Gewinn des Weltmeistertitels 2014 in Brasilien. 

Aber auch diejenigen Talente, die vergangenen Sommer mit dem aktuellen U21-Coach Stefan Kuntz "nur" zum Turnier in unser Nachbarland gefahren sind, "sind bereits nahezu alle richtig gute Bundesligaspieler", sagt Reschke und verweist nochmal nachdrücklich auf eine erst kürzlich getroffene Aussage von Bundestrainer Löw. Der 57-Jährige brachte jüngst das Jahr 2004 in Erinnerung, als er sein Amt angetreten hatte. Damals habe es keinen Spieler in der U21 gegeben, der in der Bundesliga gespielt habe, merkte er an.

Grundlage und Infrastruktur gegeben

Dieses Bild hat sich um 180 Grad gedreht. Mittlerweile ist es eher die Ausnahme, wenn ein Talent aus dieser Jugend-Nationalmannschaft noch keinen Einsatz in der 1. Bundesliga vorweisen kann.

Bundestrainer Joachim Löw im Porträt. (Foto: picture-alliance/dpa/G. Kirchner)
Bundestrainer Joachim Löw hat (Spieler-) Wahl der Qual. Bild: picture-alliance/dpa/G. Kirchner

Die Entwicklung im deutschen Spitzenfußball in den vergangenen Jahren ist geradezu atemberaubend, wozu auch Löw mit seiner Arbeit und seinen Ideen einen großen Beitrag geleistet hat.

"Mögliche Sorgen um die Nationalmannschaft wären Sorgen auf sehr hohem Niveau", sagt Reschke. Die Grundlage und die Infrastruktur für eine erfolgreiche Jugendarbeit und Talentförderung sei mittlerweile nahezu überall in der Republik vorhanden. Schließlich sei es keinesfalls eine Selbstverständlichkeit, dass "wir zu den Top-Fünf-Nationen gehören, die immer wieder hervorragende Spieler herausbringen. Und das wird auch in Zukunft erstmal so bleiben", sagt Reschke.

Probleme, die keine sind

Vorstellen könnte sich Reschke zwar eine kleine Veränderung der Trainingssteuerung hin zu mehr Technik- und Dribbling-Förderung der einzelnen Spieler. "Vielleicht könnte man mal darüber nachdenken, dass die individuelle Förderung ein wenig mehr ausgeweitet wird", sagt Reschke. Aber an dem über Jahre aufgebauten Grundgerüst will niemand rütteln.   

Ein paar Sorgen macht sich der Sportchef des VfB Stuttgart dennoch. Ob es dem deutschen Team tatsächlich gelingen wird, den Titel zu verteidigen, das will er lieber nicht voraussagen. "Die Qualität der Mannschaft ist da, aber im Fußball gibt es so viele Dinge, die man nicht vorhersagen kann", sagt Reschke.

Dennoch: Derartige Probleme auf solch hohem Niveau hätten sowohl Reschke als auch Tedesco in ihren Vereinen wohl nur allzu gerne.