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Goldener Bär für Bal

20. Februar 2010

Die türkisch-deutsche Koproduktion "Bal" ("Honig") von Semih Kaplanoglu ist auf der Berlinale als bester Film ausgezeichnet worden. Roman Polanski gewinnt einen Silbernen Bären. Die deutschen Filme gehen leer aus.

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Gewinner mit goldenem Bären: Semih Kaplanoglu (Foto: AP)
Gewinner mit goldenem Bären: Semih KaplanogluBild: AP

Nach 46 Jahren geht der Goldene Bär aus Berlin erstmals wieder in die Türkei. Regisseur Semih Kaplanoglu erzählt in "Honig" von einer Kindheit im ländlichen Anatolien. Sein Film zeigt in lyrischen Bildern die Welt eines kleinen Jungen, eine Kindheit in Bergen und Wäldern, in die langsam harte Realitäten wie der Tod des Vaters einbrechen. Die Auszeichnung von "Honig" wurde vom Publikum mit begeistertem Applaus belohnt. "Bal wahrscheinlich wirklich der beste Film", twittert Filmkritiker Lukas Foerster alias dirtylaundri direkt nach der Bekanntgabe. "Bal" galt vielen Kritikern als Favorit.

Zynische Botschaft

Nicht persönlich konnte am Samstagabend (20.02.2010) der in der Schweiz unter Hausarrest stehende Roman Polanski seinen Preis entgegennehmen. Er wurde für seinen US-Politthriller "Der Ghostwriter" mit einem Silbernen Bären für die beste Regie geehrt.

Regisseur Roman Polanski mit seinem Hauptdarsteller Ewan McGregor. (Foto: Berlinale)
Bild: Kinowelt

Polanski schickte stattdessen eine etwas zynische Botschaft: "Selbst wenn ich gekonnt hätte, wäre ich nicht gekommen. Denn als ich das letzte Mal zu einem Festival gekommen bin, um einen Preis entgegenzunehmen, bin ich im Gefängnis gelandet." Polanski droht in den USA ein Prozess wegen Vergewaltigung, derzeit läuft ein Auslieferungsverfahren.

Schnelles Ergebnis

Die mit drei Filmen im Wettbewerb vertretenen Deutschen gingen bei den Hauptpreisen leer aus. Stattdessen lieferte Oskar Roehler mit seiner Kolportage "Jud Süß - Film ohne Gewissen" den Aufreger des Festivals. "Shahada" des Deutsch-Afghanen Burhan Qurbani bekam aber immerhin den Preis der Gilde Deutscher Filmkunsttheater.

Die Jury unter der Leitung von Werner Herzog war sich dieses Jahr offenbar besonders einig. "Es hat Freude gemacht, dieses Festival mitzumachen. Die Jury war klasse. Wir haben relativ schnell ein Ergebnis gehabt, bestimmt schneller als jede andere vor uns", so Herzog unmittelbar vor der Preisvergabe.

Extreme Situationen

Die Darstellerpreise gingen an Schauspieler, die Menschen in extremen Situationen porträtieren. Unter den Ausgezeichneten keines der bekannten internationalen Kinogesichter. In Koji Wakamatsus Antikriegsfilm "Caterpillar" (Raupe) spielt die Japanerin Shinobu Terajima sehr präsent und expressiv eine junge Ehefrau, die ihren aus dem Zweiten Weltkrieg ohne Arme und Beine zurückkehrten Mann pflegt. Das fällt ihr nicht leicht, denn ihr Mann hat sie in der Vergangenheit sadistisch gequält.

Die japanische Schauspielerin Shinobu Terajima in Wakamatsus Antikriegsfilm 'Caterpillar' (Foto: Berlinale)
Bild: Internationale Filmfestspiele Berlin

Den Preis für die besten männlichen Darsteller teilen sich die Russen Grigori Dobrygin und Sergej Puskepalis. Sie spielen in Alexei Popogrebskys "How I Ended This Summer" (Wie ich diesen Sommer zu Ende brachte) zwei Männer auf einer einsamen Wetterstation in der Arktis.

Für seine Kameraführung in dem Film erhielt Pavel Kostomarov einen Silbernen Bären für eine herausragende künstlerische Leistung. Der Preis für das beste Drehbuch ging an den chinesischen Regisseur Wang Quan'an, der mit seiner Tragikomödie "Tuan Yuan" (Getrennt zusammen) die Berlinale eröffnet hatte.


Mehr als 300.000 Besucher

Insgesamt bemängelt wurde von zahlreichen Filmkritikern die eher schwache Auswahl der Wettbewerbsfilme. Das hat die Zuschauer aber offenbar nicht abgehalten. Berlinale-Direktor Dieter Kosslick verkündete auf der Gala einen Besucherrekord für die Festspiele. Bereits vor dem Ende der Berlinale am Sonntag (21.02.2010) hätten mehr als 300.000 Besucher die knapp 400 Filme in den verschiedenen Sektionen angeguckt.

Autor: Marcus Bösch (dpa, afp, apn)

Redaktion: Christian Walz