1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Google scannt WLAN-Daten

27. April 2010

Jede kleine Gasse wird fotografiert und mit Hilfe des Kartendienstes "Street View" im Internet auffindbar sein. Der Suchmaschinen-Anbieter Google scannt aber auch flächendeckend drahtlose Netze. Was steckt dahinter?

https://p.dw.com/p/N7Lj
Der Google-Schriftzug in den Farben Blau, Rot, Gelb und Grün auf weißem Hintergrund. Davor stehen zwei Messe-Besucher, die auf Laptops im Internet surfen (Foto: AP)
Datensammler GoogleBild: AP

Es kann so herrlich bequem sein, überall und jederzeit im Internet zu surfen. Millionen Menschen können oder wollen darauf nirgends und niemals verzichten. Ob auf dem Flughafen oder dem Bahnhof, im Hotel oder Restaurant, wenn ein sogenannter Hot Spot zur Verfügung steht, kann man sich drahtlos ins weltweite Netz einwählen. Im öffentlichen Raum geschieht das üblicherweise verschlüsselt und gegen Bezahlung. Bei der dabei verwendeten Technik handelt es sich um ein drahtloses lokales Netzwerk, das üblicherweise unter Verwendung der englischen Abkürzung als W-LAN bezeichnet wird.

Im privaten Raum, also in den eigenen vier Wänden, nutzen immer mehr Menschen diese Technik, weil sie ihr Notebook dann nicht nur am Schreibtisch nutzen können, sondern auch in der Küche oder im Garten. Die Gefahr, dass sich dabei ungebetene Gäste einschleichen, ist theoretisch groß. Allerdings nur dann, wenn man sein drahtloses Netzwerk unverschlüsselt benutzt. Wer sich mit einem Passwort schützt, hat wenig zu befürchten, wenngleich es absolute Sicherheit auch in diesem Bereich nicht geben kann.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte reagiert empört

Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, mit erhobener linker Hand während einer Presse-Konferenz in Berlin (Foto: dpa)
Verärgert über Google: Peter SchaarBild: picture-alliance/ dpa

Als nun bekannt wurde, dass der Suchmaschinen-Gigant Google im Rahmen seines "Street View"-Projekts auch sämtliche W-LAN-Netze scannt, war die Empörung groß. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Peter Schaar, reagierte entsetzt: "Ich fordere Google auf, die bisher rechtswidrig erhobenen personenbezogenen Daten über die W-LAN-Netze umgehend zu löschen und die Fahrten für Street View zu stoppen", heißt es in einer umgehend verschickten Presseerklärung.

Google kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Weder sei die Erfassung von W-LAN-Daten etwas Neues, noch etwas, was nur Google mache. Es handele sich nicht um persönlich identifizierbare Daten, sondern um anonyme. "Die Erhebung ist rechtmäßig", behauptet Google in einer schriftlichen Mitteilung. Ob sie tatsächlich rechtmäßig ist, wäre notfalls auf dem Rechtsweg zu klären. Aber so weit muss es gar nicht kommen. Denn möglicherweise handelt es sich ja um ein leicht zu klärendes Missverständnis.

Wo ist die nächste Tankstelle?

Google will, so scheint es, nichts weiter, als technische Signale erfassen. Die werden unter anderem für die Standortbestimmung benötigt, wenn man mittels mobiler Endgeräte ohne satellitengestütztes Navigationssystem Informationen erhalten möchte. Wo ist die nächste Apotheke oder Tankstelle? Um auf solche Fragen auch Antworten auf Handys ohne GPS (Global Positioning System) empfangen zu können, muss der Ratsuchende lokalisiert, also geortet werden. Und das ist möglich, wenn die Signale in der Nähe befindlicher offener W-LAN-Verbindungen mit denen des Handys abgeglichen werden. Stimmen sie überein, kann die Position des Ratsuchenden ziemlich präzise ermittelt werden.

Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner mit skeptischem Blick (Foto: AP)
Skeptisch: Ilse AignerBild: AP

Was aus Google-Sicht und in diesem Beispiel auch aus Sicht des Nutzers ein unverfängliches Verfahren ist, halten Datenschützer offenbar deshalb für bedenklich, weil massenhaft die W-LAN-Signale ahnungsloser Dritter benutzt werden. Rein technisch betrachtet lässt sich das ohnehin nicht verhindern, weil solche Signale nun einmal im wahrsten Sinne des Wortes in der Luft liegen. Was Google flächendeckend für ganz Deutschland, ja global vorhat, wird in ähnlicher Form bereits seit 2009 im Großraum Nürnberg praktiziert, und zwar mit Unterstützung des "Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen". Es handelt sich dabei um einen Feldversuch mit W-LAN-Lokalisierung, der ausschließlich Service-Charakter hat.

Verbraucherschutzministerin Aigner ist misstrauisch

Datenschützer und manche Politiker, darunter die deutsche Ministerin für Verbraucherschutz, Ilse Aigner, sind wohl auch deshalb misstrauisch, weil Google bislang nur wenige präzise Informationen über die gesammelten Daten gegeben hat. So beklagt der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar, keine schriftliche Antwort auf Fragen über die genauen technischen Vorgänge und Hintergründe der Daten-Erfassung bekommen zu haben. "Ebenso wenig wurde uns bisher die Besichtigung eines Google-Street-View-Fahrzeugs ermöglicht", schreibt Caspar in einer gemeinsamen Presseerklärung mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar.

Eine fotografisch gezoomte und deshalb verzerrt wirkende Preistafel an einer Tankstelle, auf der die Preise für Normal- und Superbenzin angezeigt sind (Foto: AP)
W-LAN-Signale können indirekt hilfreich sein, um eine Zapfsäule zu findenBild: AP

So lange Google keine weiteren Informationen liefert, gehen die Datenschützer davon aus, dass weit mehr erfasst wird, als der Standort von W-LAN-Netzen. Gespeichert würden auch der Verschlüsselungsstatus der Geräte sowie die weltweit gültige sogenannte MAC-Adresse (Media-Access-Control) zur Identifizierung eines Computers innerhalb eines Rechnernetzes und der SSID-Name (Service Set Identfier) für ein frei wählbares Funknetz. In der Summe lassen sich mit diesen Daten in der Tat ziemlich genaue Standort- und ansatzweise auch Nutzer-Profile erstellen.

Womöglich ließe sich die ganze Aufregung über das Scannen von W-LAN-Daten versachlichen, wenn Google, Datenschützer und Politiker sich gemeinsam auf ein einwandfreies Verfahren verständigten. Voraussetzung dafür wäre die Offenlegung aller Informationen.

Autor: Marcel Fürstenau
Redaktion: Nicole Scherschun